Zum 1.7.2021 ist über das sog. Digitalpaket ein fiktives Reihengeschäft – aber nur in bestimmten Fällen – eingeführt worden, wenn eine Lieferung über eine elektronische Schnittstelle[1] ausgeführt wird. Der Betreiber der elektronischen Schnittstelle muss dabei den leistenden Unternehmer mit seiner Schnittstelle "unterstützen".[2]

 
Hinweis

Umfassende Hinweise der Finanzverwaltung im UStAE

Die Finanzverwaltung hat in Abschn. 3.18 Abs. 3 UStAE sehr umfassende, aber nicht abschließende, Merkmale dafür aufgezählt, dass:

  • ein Unternehmer eine elektronische Schnittstelle betreibt, für die er die Bedingungen für die Lieferung der Gegenstände festlegt,
  • eine elektronische Schnittstelle an der Autorisierung der Abrechnung beteiligt ist sowie
  • ein Unternehmer, der eine elektronische Schnittstelle betreibt, an der Bestellung oder Lieferung der Gegenstände beteiligt ist.

Unter den in § 3 Abs. 3a Satz 1 und Satz 2 UStG alternativ genannten Voraussetzungen, wird der Portalbetreiber so behandelt, als wenn der Gegenstand an ihn geliefert worden wäre und gleichzeitig von ihm an den Kunden geliefert würde, obwohl zivilrechtlich der Portalbetreiber nur Vermittler ist:

  1. Ein nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer verkauft über die elektronische Schnittstelle Gegenstände, deren Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet; der Erwerber muss ein Nichtunternehmer i. S. d. § 3a Abs. 5 Satz 1 UStG sein.[3]

     
    Praxis-Beispiel

    Lieferung im Gemeinschaftsgebiet (ab 1.7.2021)

    Der chinesische Internethändler C verkauft über den deutschen Portalbetreiber P Elektronikzubehör an Privatpersonen in Deutschland. Die Ware wird aus einer Lagerstelle in Deutschland von einem Logistikunternehmen ausgeliefert. Zivilrechtlich ist P lediglich Vermittler (handelt in fremdem Namen, für fremde Rechnung).

    Da ein nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer (C) Gegenstände liefert und die Beförderung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet (jeweils Deutschland), wird eine Lieferung zwischen C und P und eine Lieferung zwischen P und dem Kunden fingiert. Da dies mit nur einer unmittelbaren Warenbewegung verbunden ist, liegt ein Reihengeschäft vor. Die Lieferung des C ist die ruhende Lieferung, die vor der bewegten Lieferung kommt und ist damit dort ausgeführt, wo die Warenbewegung beginnt[4] (Deutschland). Die Lieferung ist aber nach der ebenfalls zum 1.7.2021 eingeführten Befreiungsnorm des § 4 Nr. 4c UStG steuerbefreit. Die Lieferung des P ist die Versendungslieferung (bewegte Lieferung)[5], die dort ausgeführt ist, wo die Warenbewegung beginnt[6] (Deutschland). Die Lieferungen des P sind in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig. Wenn P an dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18j UStG ("One-Stop-Shop-Verfahren") teilnimmt, sind diese Umsätze im Rahmen dieses besonderen Besteuerungsverfahrens zu erklären. Nur wenn P nicht an diesem Verfahren teilnimmt, sind diese Umsätze im Regelverfahren[7] zu erklären.

  2. Es werden Gegenstände (im Sachwert von höchstens 150 EUR) aus dem Drittlandsgebiet eingeführt und an einen Nichtunternehmer i. S. d. § 3a Abs. 5 Satz 1 UStG oder einen besonderen Unternehmer i. S. d. § 1a Abs. 3 Nr. 1 UStG, der die Erwerbsschwelle nicht überschreitet und auch nicht auf deren Anwendung verzichtet hat, geliefert.[8]

    In diesem Fall kann der liefernde Unternehmer auch ein deutscher Unternehmer sein. Für die Abgrenzung der Wertgrenze stellt grundsätzlich jedes einzelne Packstück eine Sendung dar.[9]

     
    Praxis-Beispiel

    Einfuhr aus dem Drittlandsgebiet

    Der deutsche Internethändler D verkauft über ein elektronisches Portal Kleidung (regelmäßig im Warenwert von nicht mehr als 150 EUR). Die Ware wird aus einem Zentrallager in der Schweiz zu den Privatkunden nach Deutschland versendet. Die Zollanmeldung übernimmt der Portalbetreiber P, der auch an dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18k UStG ("Import-One-Stop-Shop-Regelung") teilnimmt. P ist zivilrechtlich Vermittler.

    Da Waren (im jeweiligen Gesamtwert von nicht mehr als 150 EUR) aus dem Drittlandsgebiet an Nichtunternehmer[10] geliefert werden und der Portalbetreiber diese Lieferung unterstützt, wird eine Lieferung zwischen D und P und eine Lieferung zwischen P und dem Kunden fingiert. Da dies mit nur einer unmittelbaren Warenbewegung verbunden ist, liegt ein Reihengeschäft vor. Die Lieferung des D ist die ruhende Lieferung, die vor der bewegten Lieferung kommt und ist damit dort ausgeführt, wo die Warenbewegung beginnt[11] (Schweiz); die Lieferung des D ist damit in Deutschland nicht steuerbar. Die Lieferung des P ist die Versendungslieferung (bewegte Lieferung)[12], die eigentlich dort ausgeführt wäre, wo die Warenbewegung beginnt. Da es sich aber um den Fall eines Fernverkaufs nach § 3c Abs. 3 Satz 1 UStG handelt, verlagert sich der Ort der Lieferung für P nach Deutschland. Die Lieferung des P an die Kunden ist in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig, die Umsatzsteuer ist in dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18k UStG gegenüber dem BZSt[13] zu e...

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