Leitsatz

Die selbstständig gegen eine Festvergütung ausgeübte Tätigkeit, durch Werbung von Versicherungsvertretern oder Versicherungsmaklern Unterstrukturen eines Strukturvertriebs aufzubauen, ist keine nach § 4 Nr. 11 UStG oder Art. 135 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL steuerfreie Tätigkeit als Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler. Das gilt auch dann, wenn die Finanzierbarkeit der vom Auftraggeber bezogenen Vergütung von den Vermittlungsprovisionen abhängt, die nach dem Abschluss von Versicherungsverträgen beim Auftraggeber anfallen, und wenn die vom Auftraggeber an den Kläger ausgezahlten Provisionen teilweise aus Provisionseinnahmen des Auftraggebers für Versicherungsverträge stammen, die der Kläger für sich selbst bzw. für Familienangehörige abgeschlossen hat.

 

Sachverhalt

Der in der Versicherungsbranche tätige Kläger hatte sich in den Streitjahren 2009 und 2010 gegenüber der I. AG verpflichtet, gegen eine monatliche Festvergütung für die I. AG einen sogenannten Strukturvertrieb aufzubauen. Nach den Abmachungen mussten der Kläger und seine Ehefrau Versicherungsverträge mit der UL und der CL abschließen. Der Abschluss der Eigenverträge war Voraussetzung dafür, dass die I. AG den Kläger beauftragte und das versprochene fixe Gehalt finanzieren konnte. Der Kläger erhielt von der I. AG monatlich fix 15.000 Euro als Vergütung und zusätzlich 10.000 Euro, welche allerdings als Prämien für Versicherungen abgeführt werden sollten.

Der Kläger hat bis Dezember 2009 über von ihm organisierte und vorbereitete Informationsveranstaltungen ca. 40 Makler rekrutiert und war dort als Referent aufgetreten. Das Vertragsverhältnis wurde am 24.10.2010 im Einvernehmen nach Beendigung des Strukturvertriebs der I. AG aufgelöst.

Streitig war, ob die von der I-AG an den Kläger bezahlten Vergütungen Entgelt für eine nach § 4 Nr. 11 UStG steuerfreie Leistung ist.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des sächsischen Finanzgerichts sind die Leistungen des Klägers an die I-AG nicht steuerfrei. Eine steuerfreie Tätigkeit i. S. d. § 4 Nr.11 UStG bzw. Art. 135 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL ist entscheidend dadurch gekennzeichnet, dass Versicherungskunden gesucht und mit dem Versicherer zusammengebracht werden. Diese Vermittlung, die in einer Nachweis-, Kontaktaufnahme- oder einer Verhandlungstätigkeit bestehen kann, muss sich auf ein einzelnes Geschäft beziehen. Leistungen hingegen, die keinen spezifischen und wesentlichen Bezug zu einzelnen Geschäften aufweisen, sind nicht steuerfrei (BFH v. 24.7.2014, V R 9/13, BFH/NV 2014).

Der vom Kläger geschuldete Aufbau von Unterstrukturen eines Strukturvertriebs zielte auf die Anwerbung von Personen, die auf kundennäherer Ebene im Strukturvertrieb mitzuwirken bereit waren. Die Tätigkeit des Klägers hatte zu den schließlich vermittelten Versicherungsverträgen aber keinen spezifischen und wesentlichen Bezug. Wann und wo, durch welche Versicherungsvertreter vermittelt unbekannte Versicherungskunden einzelne Versicherungsverträge abschlossen, berührte seine Tätigkeit nicht. Die Leistung des Klägers bestand darin, durch direkte und indirekte Anwerbung von Versicherungsvertretern oder Versicherungsmaklern für ein die I. AG zufrieden stellendes Gesamtvolumen vermittelter Versicherungsverträge zu sorgen.

Die Tätigkeit des Klägers wurde auch nicht dadurch zur Tätigkeit eines Versicherungsvertreters oder Versicherungsmaklers, dass die Finanzierbarkeit seiner von der I. AG bezogenen Vergütung von den Vermittlungsprovisionen abhing, die nach dem Abschluss von Versicherungsverträgen bei der I. AG anfielen. Die Zahlungen des Fixgehalts können nicht deshalb als Provisionszahlungen für den Abschluss von Versicherungsverträgen charakterisiert werden, weil die Zahlungsmittel aus Versicherungsprovisionen stammten.

Der für eine steuerfreie Tätigkeit erforderliche Bezug zu einzelnen Versicherungsgeschäften ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger selbst und seine Ehefrau mit der UL und der CL Versicherungsverträge abgeschlossen haben. Der Abschluss der o. g. Eigenverträge des Klägers bzw. seiner Frau war zwar wegen der mit ihnen verbundenen, bei der I. AG anfallenden Vermittlungsprovisionen Voraussetzung dafür, dass die I. AG den Kläger beauftragte und das versprochene fixe Gehalt finanzieren konnte. Mit dem Leistungsbild des Aufbaus eines Strukturvertriebes jedoch haben diese Versicherungsverträge nicht zu tun.

 

Hinweis

Zutreffend hat das Finanzamt das gesamte von der I. AG bezogene Entgelt der Umsatzsteuer unterworfen. Dass der Kläger einen Teil der vom Auftraggeber erhaltenen monatlichen Zahlung von 10.000 Euro vereinbarungsgemäß zur Begleichung der Versicherungsprämien für die Eigenverträge verwenden musste, ist kein durchlaufender Posten. Somit handelt es sich um keine Minderung des Entgelts für den Aufbau eines Strukturvertriebs, sondern um eine nachfolgende Entgeltverwendung.

Abzuwarten bleibt die Entscheidung des BFH (Rev. eingelegt, Az beim BFH V R 19/16)

 

Link zur Entscheidung

Sächsisches FG, Urteil vom 03.03.2016, 8 K ...

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