Leitsatz

Ein 10-jähriger objektgebundener Kredit des laufenden Geschäftsverkehrs, der nicht der dauernden Verstärkung des Betriebskapitals dient, führt nicht zu einer Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen nach § 8 Nr. 1 GewStG a. F.

 

Sachverhalt

Eine Immobilien-Projektgesellschaft bot Bau- und Dienstleistungen aller Art an und übernahm die Projektentwicklung und die Bauträgerschaft für Kommunen, Länder und den Bund. Sie errichtete auf einem von ihr erworbenen Grundstück ein Seniorenpflegeheim und nahm hierfür ein Darlehen i. H. von 15.000.000 DM mit einer 10-jährigen Laufzeit auf. Nach Fertigstellung veräußerte sie das Projekt an einen Dritten; das Finanzierungsdarlehen konnte von der Erwerberin jedoch nicht übernommen werden und wurde von der Projektgesellschaft aus der langjährig gestundeten Kaufpreisforderung zurückgezahlt. Das Finanzamt rechnete die Hälfte der auf den o. g. Kreditvertrag entfallenden Schuldzinsen als Dauerschuldzinsen nach § 8 Nr. 1 GewStG a. F. dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzu.

 

Entscheidung

Das FG entschied, dass das fragliche Darlehen keine Dauerschuld i. S. des § 8 Nr. 1 GewStG a. F. war. Die für eine Hinzurechnung der Dauerschuldzinsen erforderliche dauerhafte Verstärkung des Betriebskapitals liegt trotz der 10-jährigen Laufzeit des Darlehens im Urteilsfall nicht vor. Zwar nimmt die ständige BFH-Rechtsprechung eine dauerhafte Verstärkung des Betriebskapitals bereits an, wenn der Gegenwert der Schuld das Betriebskapital länger als ein Jahr verstärkt. Im Urteilsfall handelt es sich jedoch um den Ausnahmefall eines sog. objektgebundenen Kredits des laufenden Geschäftsverkehrs, der trotz einer längeren Laufzeit nicht der dauernden Verstärkung des Betriebskapitals dient. Entscheidend für diese Einordnung ist, dass das Seniorenzentrum zur Zeit der Kreditaufnahme als Umlaufvermögen zu bilanzieren war. Die Projektgesellschaft wollte das Objekt nach Überzeugung des FG mitsamt eines Pachtvertrags an einen Investor verkaufen - hierfür sprach u. a. der vorgelegte Schriftverkehr zur Investorensuche. Es liegt zudem ein für Projektentwickler nur allzu typischer laufender Geschäftsvorfall mit einem streng objektgebundenen Kredit vor, dessen Tilgung allein aus den Kaufpreisraten zu erfolgen hatte. Ein qualitativer Umschlag zur Dauerschuld konnte das FG nicht erkennen. Zwar kann eine zehnjährige Finanzierungsdauer ein Indiz für das Vorliegen einer Dauerschuld sein, für die abschließende Beurteilung kommt es jedoch auf das Gesamtbild der Verhältnisse an.

 

Hinweis

Dauerschuldzinsen wurden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb nur noch bis zum Erhebungszeitraum 2007 hälftig hinzugerechnet (§ 8 Nr. 1 GewStG a. F.). Die Hinzurechnung entfiel durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.8.2007 (BGBl. I 2007, S. 1912). Der Entscheidungsfall betrifft daher auslaufendes Recht. Seit 2008 sind 25 Prozent sämtlicher Fremdkapitalzinsen nach § 8 Nr. 1 GewStG n. F. hinzuzurechnen. Die oben beschriebene Auslegungsproblematik hat für die neue Rechtslage daher keine Relevanz mehr.

Die Revision ist unter dem Az. I R 82/10 beim BFH anhängig.

 

Link zur Entscheidung

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.07.2010, 3 K 173/07

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