Leitsatz

1. Aufgrund seiner besonderen Zweckbestimmung ist der zur Urproduktion eingesetzte Grund und Boden stets Anlagevermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Ein Land- und Forstwirt veräußert daher Grundvermögen grundsätzlich als reinvestitionsbegünstigtes Anlagevermögen, solange er nicht einen gewerblichen Grundstückshandel eröffnet.

2. Eine Zwangsumgliederung landwirtschaftlich genutzten Grund und Bodens vom Anlage- zum Umlaufvermögen kann auch nach Einstellung der aktiven Bewirtschaftung der betreffenden Flächen nicht durch bloßen Zeitablauf erfolgen.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1 EStG

 

Sachverhalt

Der klagende Landwirt war Eigentümer stadtnaher Flächen, die nach Aufstellung eines Bebauungsplans in ein Umlegungsverfahren einbezogen worden waren. Nachdem der Kläger aus der Umlegung acht Bauplätze zugeteilt bekommen hatte, stellte er die Bewirtschaftung der Flächen ein, die kurz danach parzelliert und von der Stadt erschlossen wurden. Anschließend verkaufte der Kläger sieben Grundstücke. Den Veräußerungsgewinn von ca. 660 000 DM stellte er in Rücklagen nach § 6b EStG ein. Diese wurden in den folgenden beiden Wj. auf die Herstellungskosten eines auf dem achten Grundstück errichteten Zweifamilienhauses und eines Schleppers übertragen.

Das FA ging davon aus, die Grundstücke seien sechs Monate nach Einstellung der Bewirtschaftung zum Umlaufvermögen geworden. Für alle später erfolgten Grundstücksverkäufe ließ es die Bildung einer Rücklage nicht zu. Dieser Auffassung schloss sich das FG an.

 

Entscheidung

Der BFH gab der Revision des Landwirts statt. Auch die später verkauften Grundstücke seien bis zuletzt Anlagevermögen geblieben, so dass die erzielten Gewinne in eine Rücklage hätten eingestellt werden können.

Für die Zuordnung eines WG zum Anlage- oder Umlaufvermögen komme es wesentlich auf die Zweckbestimmung an. Da der Grund und Boden die Grundlage der landwirtschaftlichen Betätigung ausmache, reiche die Veräußerungsabsicht alleine für eine Zuordnung zum Umlaufvermögen ebenso wenig aus wie eine Parzellierung für den Übergang vom Betriebs- zum Privatvermögen. Landwirtschaftliche Flächen könnten überhaupt kein Umlaufvermögen eines landwirtschaftlichen Betriebs sein. Eine Umgliederung zum Umlaufvermögen finde nur statt, wenn der Steuerpflichtige so viele Aktivitäten entfalte, dass von einem gewerblichen Grundstückshandel auszugehen sei.

 

Hinweis

Die Entscheidung hat große Bedeutung für die Landwirtschaft, denn durch die Ausbreitung der Städte gehört die Umwandlung landwirtschaftlicher Flächen in Bauland fast schon zum Tagesgeschäft eines landwirtschaftlichen Betriebs. Die Freude über den Liquiditätszufluss wird allerdings erheblich durch die anfallende ESt für die aufgedeckten stillen Reserven getrübt. Deshalb ist Gestaltungsziel, die stillen Reserven so weit als möglich auf andere Wirtschaftsgüter zu verlagern. Typischerweise verfährt man wie der Kläger im hiesigen Fall: nicht alle Grundstücke werden verkauft; auf den verbleibenden Grundstücken werden Gebäude errichtet, die zum Betriebsvermögen gehören, um mit Hilfe einer Rücklage nach §§ 6b, 6c EStG den Gewinn auf diese Gebäude übertragen zu können. Das mindert zwar die AfA, verhindert aber die sofortige ungeschmälerte Besteuerung des Gewinns.

Diesen traditionellen Weg versuchte die FinVerw. in der jüngsten Zeit dadurch zu verbauen, dass sie von einem Übergang der Grundstücke ins Umlaufvermögen ausging. Gewinne aus der Veräußerung von Umlaufvermögen können nicht steuersparend reinvestiert werden. Das Besprechungsurteil beendet diese Verfahrensweise der FinVerw., denn der BFH stellt klar, dass Flächen, die jahrelang Anlagevermögen des Betriebs waren, nicht wegen der Einstellung der Bewirtschaftung und Parzellierung zu Baugrundstücken Umlaufvermögen des Landwirts werden.

Ein solcher Wechsel findet nur dann statt, wenn der Landwirt die Grenze zum gewerblichen Grundstückshandel überschreitet. Dann werden die betreffenden Grundstücke Umlaufvermögen des Gewerbebetriebs. Wann in einem solchen Fall ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt, ist nicht immer sicher auszumachen. Nicht erfüllt sind Voraussetzungen jedenfalls dann, wenn sich der Landwirt bei langjährigem Grundbesitz auf die bloße Verkaufstätigkeit beschränkt, ohne an der Aufbereitung und Erschließung der Flächen als Bauland selbst aktiv mitzuwirken oder darauf Einfluss zu nehmen.

Beachten Sie, dass die Entscheidung ausdrücklich nur Land- und Forstwirte betrifft, deren Einkunftserzielungstätigkeit in besonderer Weise vom Grund und Boden abhängt. Bei einem Gewerbebetrieb können abweichende Grundsätze gelten, insbesondere bei einem Betrieb der Baubranche.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 31.5.2001, IV R 73/00

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