Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzanfechtung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Versäumung der Geltendmachung eines Anspruchs während einer Ausschlussfrist durch den Insolvenzschuldner kann vom Insolvenzverwalter grundsätzlich angefochten werden. Eine Unterlassung im Sinn der Anfechtungsvorschriften ist jedoch nur gegeben, wenn das Unterlassen wissentlich und willentlich geschieht. Unbewusstes und fahrlässiges Unterlassen ist nicht anfechtbar.

 

Normenkette

InSO § 134

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Urteil vom 29.10.2003; Aktenzeichen 1 Ca 948/03)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 29.10.2003 – 1 Ca 948/03 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist eine Schadenersatzforderung. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der V GmbH. Gemäß schriftlichem Anstellungsvertrag vom 02.06.1986 war der Beklagte bei der Gemeinschuldnerin als Bauleiter und Prokurist beschäftigt. Im Arbeitsvertrag ist vereinbart, dass alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben binnen einer Ausschlussfrist von 2 Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen und im Falle der Ablehnung durch die Gegenpartei binnen einer Ausschlussfrist von 4 Wochen einzuklagen sind. Die Tätigkeit des Klägers umfasste die Abwicklung und Überwachung von Baustellen und allen damit verbundenen Arbeiten.

Die Klage wird gestützt auf die Behauptung des Klägers, der Beklagte habe durch Nichtweiterleitung von für Monteure auszuzahlende Spesenbeträge einen Schaden verursacht. Mit Schreiben vom 27.11.2002 haben die Rechtsanwälte Dr. B und W als Vertreter der rechtlichen Interesse der Gemeinschuldnerin den Beklagten aufgefordert, er müsse über einen Betrag von 90.000,00 DM Rechenschaft ablegen und Rückzahlung leisten. Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 03.12.2002 haben diese den Vorwurf, der Beklagte habe Kassenfehlbestände in Höhe von 90.000,00 DM zu verantworten, zurückgewiesen. Der Kläger mit bei Gericht am 22.05.2003 die Rückzahlung der Kassenfehlbestände in Höhe von 47.488,63 EUR eingeklagt. Er hat die Auffassung vertreten, der Schadenersatzanspruch sei nicht verfallen, es handele sich nicht um einen Anspruch, der in dem arbeitsvertraglich begründeten Austauschverhältnis stehe. Außerdem habe der Beklagte den Kassenfehlbestand anerkannt. Die Nichtunterbrechung der Ausschlussfrist sei nach § 129 InsO i. V. m. § 134 InsO anfechtbar. Der damalige Rechtsanwalt der Gemeinschuldnerin habe Herrn Sch über das mögliche Eingreifen der Ausschlussfrist, also auch über die Gefahr einer Verjährung des Schadenersatzanspruchs in Kenntnis gesetzt und zwar im Anschluss an einen gemeinsam wahrgenommenen Gerichtstermin am 17.12.2002.

Der Kläger hat, soweit für das Berufungsverfahren von Bedeutung beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 47.488,63 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat geltend gemacht, die Klagefrist nach § 13 des Anstellungsvertrages sei nicht eingehalten worden. Der Schadenersatzanspruch unterfalle der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist. Zur Insolvenzanfechtung trägt der Beklagte vor, nur bewusste Unterlassungen könne diese rechtfertigen. Der vormalige Geschäftsführer habe es jedoch nicht bewusst unterlassen, den Ablauf der Verfallfrist zu verhindern. Er habe offensichtlich an die Existenz dieser Frist nicht gedacht, bzw. aus Kostengründen davon abgesehen Ansprüche gegenüber dem Beklagten geltend zu machen. Hilfsweise rechnet der Beklagte mit restlichen Urlaubsabgeltungsansprüchen und mit ihm zustehenden Gehaltsansprüchen auf.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 29.10.2003 verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage hinsichtlich der Schadenersatzansprüche durch dieses vorbezeichnete Teil-Urteil abgewiesen. Die Ausschlussfrist sei nicht gewahrt. Der Kläger habe die geltend gemachte Forderung nicht anerkannt. Das Vorbringen des Klägers zum angeblichen Anerkenntnis sei unsubstantiiert. Der Kläger habe vorgetragen, gegenüber dem vormaligen Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin habe der Beklagte immer wieder erklärt, er müsse sich keine Gedanken machen, weil er den Kassenfehlbestand ausgleichen werde. Dieses Anerkenntnis ergebe sich auch bereits daraus, dass der Beklagte sich monatlich habe 750,– DM am Gehalt abziehen lassen. Die Tatsache, dass mit Einverständnis des Beklagten seit dem Jahr 1997 monatlich ein Betrag von 750,– DM bei der Gehaltszahlung einbehalten worden sei, lasse lediglich den Schluss zu, dass grundsätzlich der Kassenfehlbestand durch den Beklagten anerkannt worden sei, jedoch nicht den Schluss darauf, dass er den Fehlbestand von zuletzt noch offenen 47.488,63 EUR anerkannt habe. Zu Gunsten des Klägers geht das Gericht davon aus, dass durch das Schreiben vom 27.11.2...

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