Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässige Feststellungsklage wegen Sozialplananspruch

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Da die Zwangsvollstreckung in die Masse wegen einer Sozialplanforderung nach § 123 Abs. 3 S. 2 InsO unzulässig ist und ein Leistungsurteil wegen eines Vollstreckungsverbots nicht vollstreckt werden kann, fehlt der darauf gerichteten Leistungsklage das Rechtsschutzbedürfnis. Somit ist die Feststellungsklage die geeignete Klageart.

2. Dass der Sozialplananspruch unter dem Vorbehalt der ausreichend hohen Insolvenzmasse steht (§ 123 Abs. 3 S. 1 InsO), macht ihn nicht dahingehend disponibel, dass er durch Vereinbarung unter bestimmten Voraussetzungen für verlustig erklärt werden kann.

 

Normenkette

ZPO § 256 Abs. 1; InsO § 123 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Gelsenkirchen (Urteil vom 09.10.2001; Aktenzeichen 2 Ca 615/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 30.03.2004; Aktenzeichen 1 AZR 86/03)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 09.10.2001 (2 Ca 615/01) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.658,31 DM = 847,88 EUR festgesetzt,

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Auslegung eines Sozialplans und die sich daran festmachender Zahlungsansprüche als Sozialplanforderungen.

Das Amtsgericht Essen hat am 01.05.1999 die Insolvenzverfahren über das Vermögen der nachfolgend bezeichneten Gesellschaften der 1875 gegründeten K1xxxxxxxxxx-G5xxxx unter den aufgeführten Aktenzeichen

K1 xxxxxxxxxx A4xxxxxxxxxxxxxxxx (K4x)

11xI1 21/91

K1 xxxxxxxxxx V3xxxxxxxxxxxxxxxxxxx m4x (K5x)

11xI1 12/91

K1 xxxxxxxxxx P2xxxxxxxx G6xx (K6x)

11xI1 13/91

K1 xxxxxxxxxx W2xxxxxxxxxx G6xx (K7x)

11xI1 14/91

K1 xxxxxxxxxx K3xxxxxxxxxxx G6xx (K8x)

11xI1 15/91

eröffnet und den Beklagten jeweils zum Insolvenzverwalter bestellt.

Zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung waren bei den fünf K1xxxxxxxxxx-Gesellschaften insgesamt 728 Mitarbeiter, davon allein 250 bei der K1 xxxxxxxxxx P2xxxxxxxx GmbH, beschäftigt. In sämtlichen Einzelunternehmen war von der Belegschaft jeweils ein Betriebsrat gewählt worden.

Unter dem 24.06.1999 schloß der Beklagte mit sämtlichen Betriebsräten der Insolvenzunternehmen eine Betriebsvereinbarung über einen Sozialplan ab, in welcher es unter anderem heißt:.

II.

Der vorliegende Sozialplan gilt für alle Arbeitnehmer, die am 26.02.1999 bei den in Ziffern 1. und 2. genannten Gesellschaften in einem Arbeitsverhältnis standen, sowie für diejenigen Arbeitnehmer, die vom Sozialplan vom 27.11.1998 betroffen waren. Sozialplanansprüche bestehen nicht für die leitenden Angestellten gemäß § 5 Abs. 3 und 4 des BetrVG.

Sozialplanansprüche entstehen für Arbeitnehmer, die ab dem 01.05.1999 von Kündigungen und Entlassungen betroffen sind. Der Sozialplan hat eine Laufzeit bis 30.06.2000, das heißt, daß sämtliche Kündigungen und Entlassungen bei den vorgenannten Gesellschaften, deren Rechtsnachfolgern oder etwaigen Betriebserwerbern die Wirkungen des vorliegenden Sozialplanes auslösen.

III.

Die Höhe des Sozialplanvolumens entspricht dem 2-fachen Wert der Bruttolohn- und Gehaltssumme der von Kündigung oder Entlassungen betroffenen Arbeitnehmer für den Monat April 1999.

Arbeitnehmer, die unter den persönlichen Geltungsbereich dieses Sozialplanes fallen, erhalten eine Abfindung nach dem unten angeführten Regelwert, wenn sie wegen der Betriebsänderung, die dem Sozialplan zugrunde liegt, gekündigt werden oder einen betriebsbedingten Aufhebungsvertrag schließen.

Nicht berechtigt sind außer den leitenden Angestellten im Sinne von § 5 Abs. 3 und 4 des BetrVG Arbeitnehmer, die von einer Auffang- oder Sanierungsgesellschaft unter Wahrung des sozialen Besitzstandes übernommen werden.

IV.

Aus dem für die von Entlassungen und Kündigungen betroffenen Arbeitnehmer vereinbarten Sozialplanvolumen für jede Gesellschaft entsteht ein individueller Sozialplananspruch für jeden betroffenen Arbeitnehmer unter Berücksichtigung von Lebensalter, Betriebszugehörigkeitsdauer, Familienstand/Unterhaltsverpflichtungen und Arbeitsentgelt gemäß § 16 MTV-NRW….

VI.

Erhebt ein von einer Kündigung betroffener Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage oder eine sonstige Klage, mit der der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht wird, so ruhen die finanziellen Ansprüche aus diesem Sozialplan bis zum rechtskräftigen Abschluß des Rechtsstreites. Im Rahmen eines solchen Rechtsstreites sich ergebende Abfindungsansprüche solcher Arbeitnehmer oder von Dritten gezahlte Abfindungsansprüche werden auf die Sozialplanansprüche angerechnet. Der Anspruch entfällt, wenn der Arbeitnehmer einen Fortbeschäftigungsanspruch bei einem Übernehmer durchsetzen sollte.

Der am 23.01.16xx geborene Kläger war zunächst Arbeitnehmer der Firma K1xxxxxxxxxx P4xxxxxxxxx GmbH. Am 30.06.1999 schloß er mit dem Beklagten und der F1x G7xxxxxxxxxx für A3xxxx und L1xxxx GmbH, Niederlassung G2xxxxxxxxxxx (nachfolgend B2x genannt) einen sog. dreiseitigen Vertrag, in welchem es u.a. heißt:

§ 1 Beendigung des Arbeitsverhältni...

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