4.1 Strategische Krise

Wie weiter oben geschildert, ist die strategische Krise dadurch gekennzeichnet, dass noch keine monetären, sprich im Ertrag erkennbaren Missstände zutage treten, diese jedoch latent vorhanden sind. Gerade weil sich die Auswirkungen noch nicht in den Zahlen des Unternehmens niederschlagen ist es schwierig, die strategische Krise zu erkennen. In der Beratungspraxis spiegelt sich dies am Auftragseingang bei Restrukturierungsfällen wider. Meist befinden sich Unternehmen, wenn sie einen Restrukturierungsberater engagieren, in der Ertrags- oder Liquiditätskrise. Dies ist zu bedauern, da analog zum Krisenfortschritt die Handlungsoptionen und der -spielraum des Unternehmens stärker eingeschränkt sind. Für das Controlling stellt sich somit die Frage "Wie kann eine strategische Krise identifiziert und verhindert werden?"

Mit einer integrierten Unternehmenssteuerung ist es Unternehmen möglich, schon frühzeitig einer strategischen Krise entgegenzuwirken. Maßgebliches Instrument hierfür ist das strategische Controlling. Den wesentlichen Bestandteil des strategischen Controllings stellt hierbei die Prämissenkontrolle dar. Die im Rahmen der Strategieentwicklung getroffenen Annahmen und Prämissen bezüglich der Makro- und der Branchenumwelt des Unternehmens gilt es regelmäßig zu hinterfragen (vgl. Abb. 8) und die strategische Unternehmenssteuerung hierauf anzupassen.

Abb. 8: Prämissen-Controlling

4.1.1 Umwelteinflüsse

In der Makroumwelt sind hierbei insbesondere die politische, die wirtschaftliche, die gesellschaftliche und die technologische Umwelt von Bedeutung. Beispielhafte Umbrüche aus der Vergangenheit und Gegenwart, die wesentliche Einflüsse auf strategische Planungen mit sich bringen konnten/könnten sind:

Politisch:

  • zunehmender Protektionismus im Welthandel;
  • die Rüstungsindustrie und das Ende des Kalten Krieges;
  • die Energiebranche (insb. erneuerbare Energien) hier insbesondere der Auf- und der Abstieg der Solar- und der Windkraftindustrie;
  • Konflikte in rohstoffrelevanten Gebieten;

Wirtschaftlich:

  • Immobilien- /Finanzkrise;
  • Währungsschwankungen;

Gesellschaftlich:

  • Einschränkungen aufgrund von Epidemien oder Pandemien (bspw. Corona);
  • Trends im Konsumverhalten der relevanten Zielgruppe (etwa durch Ökosensibilisierung …);
  • demografische Entwicklung;

Technologisch:

  • Künstliche Intelligenz;
  • E-Mobility und neue Mobilitätskonzepte im Allgemeinen;
  • Smartphones und Digital Economy;

Ebenso muss auch die Branchenstruktur regelmäßig auf Veränderungen geprüft werden. Hierbei spielen im Wesentlichen Annahmen zu Kunden, Lieferanten, Wettbewerbern, konkurrierenden Produkten und dem Verhalten innerhalb der Branche eine Rolle.

Sofern Unternehmen regelmäßig ihre Planungsprämissen und Planungsannahmen hinterfragen und mit den aktuellen Entwicklungen abgleichen, bzw. auch zukünftige Erwartungen der aktuellen Situation anpassen, können sie mittels des Instruments des strategischen Controllings Anpassungsimpulse für die eigene Strategie initiieren und somit die Eintrittswahrscheinlichkeit von strategischen Krisen vermindern.

Jedoch leistet nicht nur das Prämissen-Controlling seinen Beitrag bei der Vermeidung von strategischen Krisen. Der Planungsprozess und die vertikale Integration von strategischer Planung und Mittelfristplanung unterstützen durch das Aufzeigen von Herausforderungen und entsprechendem Handlungsbedarf. Insbesondere die strategischen Risiken, die schnell zu einer Krise führen können, werden im Planungsprozess aufgearbeitet; so zum Beispiel Produkt-/Marktrisiken, Kapitalstrukturrisiken, organisatorische Risiken.

4.1.2 Produkt-/ Marktrisiken

Externe Marktverschiebungen sind nicht zwingend sofort in den Ertragszahlen des Unternehmens zu finden. Wächst das Unternehmen, ist dies grundsätzlich zu begrüßen. Wachsen die Wettbewerber des Unternehmens gleichzeitig jedoch stärker, so verliert es schleichend Marktanteile. Solch eine Kombination lässt darauf schließen, dass die am Markt angebotenen Produkte nicht mehr den Vorstellungen der Kunden entsprechen, beziehungsweise nicht mehr mit den Konkurrenzprodukten mithalten können.

Kann das Unternehmen seinen Umsatz halten oder nur leicht ausbauen und müssen dafür jedoch immer mehr verschiedene Varianten hergestellt werden, so ist dies auch eine strategische Herausforderung für das Unternehmen. Bei steigenden Komplexitätskosten wird die Variantenvielfalt das Unternehmen zeitnah in die Ertragskrise führen.

Zeigt sich in der Erstellung der Umsatzplanung, dass die wesentlichen Umsätze des Unternehmens durch überdurchschnittlich alte Produkte erzielt werden, so deutet dies darauf hin, dass das Unternehmen die Entwicklung adäquater neuer Produkte vernachlässigt und aus seiner Substanz lebt.

Anhand einer Bottom-up-Umsatzplanung lassen sich außerdem "Klümpchenrisiken" identifizieren. D. h. es kann z. B. festgestellt werden, wie hoch das strategische Risiko ist, das sich aus möglichen Abhängigkeiten von einzelnen Kunden ergibt. Gleiches gilt für die Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten.

4.1.3 Kapitalstrukturrisiken

Oft strategisch vernachlässigt, jedoch von großer Bedeutung ist ...

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