4.1 Verrechnungsmethoden nutzen – Rollen und Verantwortlichkeiten stärken

Leistungsverrechnung zur Klärung der Verantwortlichkeiten

Mit dem Blackbox-Ansatz werden mit den Geschäftsprozessen nicht nur die Rollen und Verantwortlichkeiten im Wertschöpfungsverbund geklärt, sondern auch beispielsweise die Erzeugung von Kundennutzen. Der Beitrag und die Verantwortlichkeiten in der Erzeugung von Unternehmenswert werden ebenfalls festgelegt. Insbesondere geht es um die Frage, wer welchen Beitrag zum Unternehmensergebnis leistet und wer ggf. welche Abweichungen verantwortet. Die auftragsbezogene Leistungsverrechnung zwischen den Geschäftsprozessen schafft hierfür die nötige Transparenz (vgl. Abb. 10).

Abb. 10: Belastung und Verrechnung der Prozessaufträge

Für die Leistungsverrechnung zwischen 2 Geschäftsprozessen stehen grundsätzlich drei praxistaugliche Wertansätze zur Verfügung, nämlich Planwert aus der Kalkulation, effektiver Istwert (zu Standardkostensätzen) und gleitender Durchschnitt. Je nach geschäftlichem Kontext wirken sie sich unterschiedlich auf die Rollenteilung und Verantwortlichkeiten zwischen "Auftraggeber" und "Auftragnehmer" aus. Die Wahl des Verrechnungsverfahrens ist ein Mittel, die Verantwortlichkeit für das Prozessergebnis zu schärfen. Plan-Ist-Abweichungen in den Kosten lassen sich grundsätzlich dem Auftraggeber bzw. Auftragnehmer anlasten (vgl. Abb. 11).

Abb. 11: Prozessrelevanz der Verrechnungsverfahren

Verrechnung von Istkosten

Beim Maschinenbauer war im Komponentengeschäft mit sehr häufigen kundenspezifischen Anpassungen die Verrechnung der Istkosten (Fall 1) ein geeigneter Ansatz, um die Istkosten dem Verkaufserlös direkt zuzuordnen, zumal das (intern) auftragnehmende Werk in der Angebotsphase nicht einbezogen wurde; der Aufwand für eine detaillierte (Kosten-)Planung wäre zu groß. Dagegen ist der (intern) auftraggebende Kundenbetreuer in der Lage, mithilfe von einfachen Regeln die zu erwartenden Mehr- bzw. Minderkosten kundenindividueller Anpassungen (Dimensionsänderungen, Materialänderungen usw.) gegenüber einem Standardprodukt ausreichend genau zu schätzen.

Verrechnung der Plankosten

In Ergänzung zum Komponentengeschäft betrieb der Maschinenbauer auch einen Anlagenbau. Die Größe, die technische Komplexität und die einhergehenden finanziellen Risiken eines Auftrags verlangten bereits in der Angebotsphase detaillierte technische und kalkulatorische Planung durch den (internen) Auftragnehmer. Die Komplexität einer Anlage hätte die technischen Kompetenzen des Kundenbetreuers überstiegen. Demnach wurden in der Angebotsphase Plankosten fixiert; die im Anlagenbau häufig anfallenden Istabweichungen hatten grundsätzlich beim Auftragnehmer zu verbleiben. Mit dieser Regelung wurde der interne Auftragnehmer analog wie ein externer Lieferant behandelt (Fall 2). Ein Teil der Abweichungen war darauf zurückzuführen, dass die Plankalkulation selbst oder das zugrunde liegende technische Konzept ungenügend waren; ein anderer Teil war auf nicht verrechnete Änderungsbegehren des Kunden zurückzuführen. Infolge des auftragnehmerseitigen Risikos war der Auftragnehmer motiviert, vor Ausführung eines Änderungsbegehrens einen Zusatzauftrag, welcher auf einer erneuten Plankalkulation basierte, einzufordern.

4.2 Abweichungen dienen der Offenlegung von Optimierungspotenzialen

4.2.1 Abweichungsanalyse auf Basis der Kostenstellen und Kostenträgerrechnung

Mit den Verrechnungspreisverfahren allein werden Ursachen und Hebel für Performanceoptimierungen noch nicht ausreichend bestimmt. Die Analyse der Plan-Ist-Abweichungen dient der Identifikation der Kostendifferenzen und der Aufdeckung von Optimierungspotenzialen im Wertschöpfungsverbund bzw. Geschäftsprozess. Dabei werden Istwerte den Planwerten gegenübergestellt und auf die Ursachen aufgeschlüsselt und kompensatorische Effekte, z. B. tiefere Einsatzpreise und geringere Beschäftigung oder höhere Verrechnungspreise und geringere Beanspruchungsmengen, werden möglichst transparent gemacht. Aus Sicht der prozessorientierten Kostenrechnung sind folgende Abweichungen von besonderem Interesse[1]:

  • Beanspruchungs- oder Mengenabweichungen erfassen die Differenzen zwischen Ist- und Plan-Beanspruchung des Prozesses, z. B. der Anzahl oder Volumen der Bestellungen in einer Periode. I. d. R. werden die Planbeanspruchungen an den auftragnehmenden vom auftraggebenden Prozess – etwa in Jahresbudget oder in rollierenden Prognosen – bestimmt.
  • Einsatzpreisabweichungen liegen dann vor, wenn Unterschiede in den Plan- und Ist-Preisen der Inputfaktoren, z. B. Material, Personal, vorliegen. Eine Einsatzpreisabweichung kann im Wertschöpfungsverbund auch auf eine Verrechnungspreisabweichung zurückgeführt werden.
  • Einsatzmengenabweichungen betreffen den Mehr- oder Minderverbrauch von variablen und fixen Prozessressourcen, z. B. Ausschuss oder Effizienzverbesserungen, welche nicht auf die Auslastung- bzw. Beschäftigungsabweichungen zurückzuführen sind.
  • Auslastungs- und Beschäftigungsabweichungen sind zusätzliche oder fehlende Fixkostenabweichungen aufgrund von Beanspruchungs- oder Mengenabweichungen.
  • Struktur-, Verfahrens- und Prozessabweichungen treten auf, wenn der Prozess im Ist gegenüber dem Plan geändert wird, z. B. extern...

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