4.2.1 Abweichungsanalyse auf Basis der Kostenstellen und Kostenträgerrechnung

Mit den Verrechnungspreisverfahren allein werden Ursachen und Hebel für Performanceoptimierungen noch nicht ausreichend bestimmt. Die Analyse der Plan-Ist-Abweichungen dient der Identifikation der Kostendifferenzen und der Aufdeckung von Optimierungspotenzialen im Wertschöpfungsverbund bzw. Geschäftsprozess. Dabei werden Istwerte den Planwerten gegenübergestellt und auf die Ursachen aufgeschlüsselt und kompensatorische Effekte, z. B. tiefere Einsatzpreise und geringere Beschäftigung oder höhere Verrechnungspreise und geringere Beanspruchungsmengen, werden möglichst transparent gemacht. Aus Sicht der prozessorientierten Kostenrechnung sind folgende Abweichungen von besonderem Interesse[1]:

  • Beanspruchungs- oder Mengenabweichungen erfassen die Differenzen zwischen Ist- und Plan-Beanspruchung des Prozesses, z. B. der Anzahl oder Volumen der Bestellungen in einer Periode. I. d. R. werden die Planbeanspruchungen an den auftragnehmenden vom auftraggebenden Prozess – etwa in Jahresbudget oder in rollierenden Prognosen – bestimmt.
  • Einsatzpreisabweichungen liegen dann vor, wenn Unterschiede in den Plan- und Ist-Preisen der Inputfaktoren, z. B. Material, Personal, vorliegen. Eine Einsatzpreisabweichung kann im Wertschöpfungsverbund auch auf eine Verrechnungspreisabweichung zurückgeführt werden.
  • Einsatzmengenabweichungen betreffen den Mehr- oder Minderverbrauch von variablen und fixen Prozessressourcen, z. B. Ausschuss oder Effizienzverbesserungen, welche nicht auf die Auslastung- bzw. Beschäftigungsabweichungen zurückzuführen sind.
  • Auslastungs- und Beschäftigungsabweichungen sind zusätzliche oder fehlende Fixkostenabweichungen aufgrund von Beanspruchungs- oder Mengenabweichungen.
  • Struktur-, Verfahrens- und Prozessabweichungen treten auf, wenn der Prozess im Ist gegenüber dem Plan geändert wird, z. B. externe statt interne Bearbeitung oder Vereinfachungen in administrativen Prozessschritten.
  • Verrechnungspreisabweichungen umfassen Änderungen im Verrechnungsverfahren bzw. Wertansatz, z. B. Plankosten oder gleitender Durchschnitt, oder in den Verrechnungspreisen, z. B. Transferpreisen, selbst.

Abb. 12: Typische Quellen für Abweichungsanalysen

[1] Vgl. Grob/Bensberg, 2005.

4.2.2 Abweichungsanalyse im Praxisbeispiel

Beim Maschinenbauer wurde das laufende Jahr auf Basis der Istdaten des Vorjahres geplant. Anstelle der aufwendigen (und oft missbrauchten) Stundenverrechnung entschied das Unternehmen, nur die Anzahl der kundenindividuellen Lösungen im Lösungsengineering (Typ C) zu verwenden. Der Soll-Ist-Vergleich bzw. die Abweichungsanalyse für den Monat März ergab folgendes Bild: Insgesamt war die Prozessmenge um 8 % unter Plan, das Ergebnis aber nur um 4,7 % schlechter als geplant.

Ein minimaler Teil von 0,2 % ließ sich durch Preiskorrekturen bei den Einsatzpreisen bzw. Verrechnungspreisen erklären, weil im Plan die Lohnkostensteigerung aufgrund der Tarifvereinbarung genauso wenig wie die pauschale Verrechnungspreiserhöhung berücksichtigt war.

Der große Rest von 4,5 % war rund hälftig auf Mengenabweichung und ungenügende Auslastung zurückzuführen (vgl. Abb. 13). Die Kapazität konnte also nur partiell angepasst werden, indem Nachbesetzungen verschoben wurden. Die Vermutung lag nahe, dass der Stundeneinsatz je Lösung entsprechend gestiegen sein dürfte.

Abb. 13: Soll-Ist-Vergleich und Abweichungsanalyse für das Lösungsengineering des Maschinenbauers

Beanspruchungsgerechte Ausweisung der Kapitalbindung

Abweichungen in der Kapitalbindung sind aus der Kostenrechnung nur bedingt ersichtlich, z. B. in geringeren Abschreibungen bei nicht getätigten Investitionen. Der Mehr- bzw. Minderbedarf an Umlaufkapital (Lagerbestände, Waren in Arbeit, Debitoren und Kreditoren) wird in der Kostenrechnung nämlich "nur" über kalkulatorische Zinsen sichtbar. Umso mehr sind eindeutige Zuordnungen von Bruttowerten zu den Geschäftsprozessen von besonderem Interesse.

Im Anlagenbau des Maschinenbauers war es üblich, einen Teil der Ware in Arbeit durch die Kunden vorfinanzieren zu lassen. In einer Nettobetrachtung war das gebundene Umlaufkapital relativ gering und hätte nur im geringen Maß zum effizienteren Kapitaleinsatz angeregt. Durch die Zuordnung von Bruttowerten war der Kundenverantwortliche (1. Prozesskaskade) für den kundenseitigen Zahlungsfluss verantwortlich, der Lösungslieferant (2. Kaskade) für die Ware in Arbeit und die Kreditoren gegenüber den externen Lieferanten. So wurde der Kundenverantwortliche motiviert, einen Zahlungsplan mit möglichst frühen Zahlungen auszuhandeln, und der Lösungslieferant, ein Vorgehen mit möglichst kurzer Durchlaufzeit und später Kapitalbindung sowie späten Zahlungen an die Lieferanten zu wählen.

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