Leitsatz

Eine körperschaftsteuerliche Organschaft mit einer GmbH als Organgesellschaft setzt nach § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG voraus, dass ausdrücklich eine Verlustübernahme entsprechend § 302 Abs. 1 und 3 AktG vereinbart worden ist. Die Tatsache, dass zivilrechtlich § 302 AktG im GmbH-Vertragskonzern analog anzuwenden ist, macht die Vereinbarung gemäß § 302 Abs. 3 AktG nicht entbehrlich.

Steuerberatungskosten für die Erstellung eines finanziellen, betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Konzepts im Zusammenhang mit dem Erwerb von GmbH-Anteilen stellen sofort abzugsfähige Betriebsausgaben dar und sind nicht als Anschaffungskosten der GmbH-Anteile zu aktivieren.

 

Sachverhalt

Die X-GmbH wurde in 1994 errichtet. Mit Kaufverträgen von 1994 hat die X-GmbH sämtliche Anteile an der Y-GmbH erworben und am selben Tag einen Ergebnisabführungsvertrag (EAV) mit Wirkung ab 1. Dezember 1994 abgeschlossen. Die Eintragung im Handelsregister erfolgte Anfang 1995. Nach § 3 dieses Vertrages ist die X-GmbH verpflichtet, jeden während der Vertragsdauer sonst entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen. Nach einer Ergänzung zum EAV vom Dezember 1994 wurde zur vereinbarten Verlustübernahme klarstellend Folgendes vereinbart:

"Der Verlust der Organgesellschaft wird vom Organträger nach Feststellung des Jahresabschlusses auf einem Verrechnungskonto als Forderung der Organgesellschaft und Verbindlichkeit des Organträgers eingebucht. Soweit die Organgesellschaft einen Finanzbedarf hat, wird der Organträger diese Finanzmittel zur Verfügung stellen. Soweit bei Beendigung der Organschaft ein offener Betrag vorhanden ist, wird dieser durch Zahlung ausgeglichen."

In den Bilanzen der Y-GmbH bzw. X-GmbH sind Verluste als Forderung/Verbindlichkeit wegen EAV ausgewiesen worden.

 

Entscheidung

Der EAV ist steuerrechtlich nicht anzuerkennen. Die Verluste der GmbH sind daher nicht der X-GmbH zuzurechnen.

Die Voraussetzungen für die Anerkennung eines körperschaftsteuerrechtlichen Organschaftsverhältnisses zwischen der X-GmbH und der Y-GmbH lagen nicht vor, weil der Ergebnisabführungsvertrag keine Vereinbarung enthielt, die dem § 302 Abs. 3 AktG a.F. entsprach. Zivilrechtlich ist § 302 AktG im GmbH-Vertragskonzern analog anzuwenden. Hierdurch wird die von § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG geforderte Vereinbarung einer entsprechenden Anwendung des § 302 AktG jedoch nicht entbehrlich. Bereits der Gesetzeswortlaut ("vereinbart") spricht dagegen, eine von der Rechtsprechung anhand allgemeiner Grundsätze entwickelte Verpflichtung zur Verlustübernahme anstelle einer vertraglichen Absprache genügen zu lassen. Die Regelung in § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG stellt klar, dass Voraussetzung für die körperschaftsteuerrechtliche Organschaft u.a. eine unbegrenzte Verlustübernahmepflicht des Organträgers ist. In dem schriftlichen EAV findet sich die erforderliche Verlustübernahmeklausel nicht. In jedem Fall aber muss die Verlustübernahmeverpflichtung im EAV selbst enthalten sein. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn neben einem schriftlichen EAV angeblich weitere Vereinbarungen mündlich getroffen worden sein sollten.

Weiterhin könnte die Anerkennung der Organschaft vorliegend auch an der fehlenden tatsächlichen Durchführung scheitern. Nach § 17 i.V.m. § 14 Nr. 4 Satz 2 KStG muss der EAV während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt werden. Zur tatsächlichen Durchführung gehört die tatsächliche Übernahme eines Verlustes durch den Organträger. Inwieweit die Einstellung als Forderung/Verbindlichkeit in den jeweiligen Bilanzen ausreichend ist, ist offen. Letztlich kann die Frage der tatsächlichen Durchführung offen bleiben, da der EAV bereits aus den oben dargestellten Gründen nicht anzuerkennen ist.

Die Steuerberatungskosten sind nicht als Anschaffungskosten der GmbH-Beteiligung zu aktivieren, sondern stellen sofort abzugsfähige Betriebsausgaben dar, da sie nicht unmittelbar dem Erwerb der GmbH-Anteile zugerechnet werden können. Vielmehr handelt es sich bei den Kosten um die Gegenleistung für die Erarbeitung oder die Mitwirkung eines finanziellen, betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Konzepts für das beabsichtigte Vorhaben, die in den neuen Bundesländern entstandenen GmbH-Verluste steuerlich den Gesellschaftern der X-GmbH zukommen zu lassen.

 

Link zur Entscheidung

Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 23.09.2004, 2 K 264/01

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