Prozesskennzahlen "Durchlaufzeit" und "Bestandshöhe"

Bei der Beurteilung der optimalen Umsetzung des Fertigungsprozesses stehen insbesondere 2 korrespondierende Größen im Fokus:

  • die Durchlaufzeiten sowie
  • die Höhe des Fertigungsumlaufbestands (Bestand an Halbfabrikaten).

Es bedarf keiner großen Erklärungen, um zu verstehen, dass kurze Durchlaufzeiten anzustreben sind, wenn man sich die Zusammensetzung derselben bewusst macht. So kann die Durchlaufzeit in die Teilgrößen Fertigungszeit, Rüstzeit, Transportzeit und Liegezeit zerlegt werden. Nach dem Motto "Zeit ist Geld" ist es unstrittig, dass bei kurzen Fertigungszeiten eine höhere Ausbringung pro Fertigungsanlage erzielt werden kann. Entsprechend benötigt man geringe kapitalbindende Anlagen oder weniger lohnkostenverursachende Mitarbeiter. Gleiches gilt für die Rüstvorgänge, deren Zeitaufwand ebenfalls aus Kostensicht minimiert werden sollte. Kurze Liege- und Transportzeiten tragen ebenfalls dazu bei, Lohn-, Abschreibungs- und Kapitalbindungskosten zu minimieren.

Zeit zwischen Produktionsstart und Produktionsende

Die Messung dieser Kennzahl, nämlich die Zeit zwischen Produktionsstart und Produktionsende, ist in Anbetracht der zur Verfügung stehenden komfortablen Betriebsdaten-Erfassungs- und -Analysesystemen einfach. Schwieriger ist es, in Anbetracht der Komplexität des Produktionsprogramms sinnvolle für das gesamte Werk verdichtete Kenngröße zu erhalten. Hier wird empfohlen, die Messung "nur" für ausgewählte Leiterzeugnisse vorzunehmen, die im Wesentlichen die Durchlaufzeit anderer Produkte repräsentieren. Wünscht man dennoch eine "Gesamtdurchlaufzeit", so kann man gewichtete Durchschnittswerte heranziehen.[1]

Abb. 11: Durchlaufzeiten und Produktionskosten

Die Minimierung der Durchlaufzeit hat gleichzeitig zur Folge, dass der Bestand an Halbfabrikaten und die damit verbundenen Kapitalbindungskosten auf ein Minimum reduziert werden. Auch können möglicherweise der Flächenbedarf und die dadurch verursachten Raumkosten reduziert werden, was zu einer Renditeverbesserung beiträgt. Gerade mit Blick auf die Minimierung der Kapitalbindungskosten sollten deshalb die Bestandshöhe in der Fertigung kontinuierlich anhand von Kennzahlen gemessen werden. 2 Größen haben sich dabei etabliert:

  • absoluter Bestand (meist in EUR),
  • Reichweite bzw. Eindeckung des Fertigungsumlaufbestands.

Während der absolute Bestand analog zur Durchlaufzeit ebenfalls aus den Betriebsdatenerfassungssystemen entnommen werden kann, ergibt sich die Reichweite bzw. Eindeckung nach folgender Formel:

Bestandskennzahl "Reichweite"

Reichweite (in Tagen) = Bestand*)Stichtag i : Bestandsabgang*) Folgezeitraum j

*) (in Stück oder EUR)

Ermittlung der Eindeckungsziffer

Die Reichweite beschreibt, wie weit der Bestand an Halbfabrikaten in zeitlicher Hinsicht reicht, um den Bedarf der nächsten Fertigungsstufe oder für die Ausführung der Fertigungsaufträge abzudecken. Aus diesem Grund wird die Kennzahl oftmals auch als Eindeckung oder Eindeckungsziffer bezeichnet. Zur Ermittlung derselben wird der Bestand zu einem bestimmten Stichtag (z. B. Ende eines Monats) monetär bewertet und ins Verhältnis zum Bestandsabgang des Folgezeitraums (z. B. Folgemonat) gesetzt. Hierbei wird ein kausaler Zusammenhang zwischen vorrätigen Halbfabrikaten und dem Verbrauch an Halbfabrikaten in der Folgeperiode unterstellt.

Beträgt der Bestand an Halbfabrikaten Ende März beispielsweise 20.000 EUR und ist im April mit einem Verbrauch an Halbfabrikaten von 40.000 EUR zu rechnen, so ergibt sich eine Reichweite von 0,5 Monaten (= 20.000 EUR : 40.000 EUR pro Monat). Über diese Kennzahl lässt sich nun die Höhe der Halbfabrikate in der Fertigung steuern. Denn ist im Mai ein Verbrauch von 60.000 EUR/Monat zu erwarten, so könnte dies einen Anstieg der Bestände an Halbfabrikaten auf 30.000 EUR (= 60.000 EUR/Monat * 0,5 Monate) zulassen, sofern man die Eindeckungsziffer von 0,5 Monaten für dieses Unternehmen als Idealwert akzeptiert.

[1] Zur Ermittlung gewichteter Produktionszeiten vgl. Schnell, 2012, S. 48 f.

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