Leitsatz

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist bei versäumter Ausschlussfrist der Antragsveranlagung infolge Unkenntnis des steuerlichen Laien nicht zu gewähren. Der Ratgeber für Lohnsteuerzahler weist bei Übersendung der LSt-Karte auf die gesetzliche Ausschlussfrist hin. Eine Fristversäumnis infolge Unkenntnis ist daher auch bei abhanden gekommener LSt-Karte schuldhaft.

 

Sachverhalt

Der Kläger hatte seine LSt-Karte für das Streitjahr 1998 erst Ende 2001 wiedergefunden. Die LSt-Karte war infolge eines Umzugs 1999 abhanden gekommen. Der Kläger und seine Ehefrau reichten Ende 2001 - jetzt erstmals steuerlich beraten - die ESt-Erklärung 1998 unter Hinweis auf die Antragsveranlagung ein. Gleichzeitig beantragten sie wegen Fristversäumnis Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Außer Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit des Klägers wurden im Streitjahr keine weiteren Einkünfte erzielt. Das Finanzamt lehnte den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab, denn der Kläger hätte zur Fristwahrung bei seinem Arbeitgeber eine besondere LSt-Bescheinigung anfordern können. Der Einspruch blieb erfolglos.

 

Entscheidung

Auch die Klage hatte keinen Erfolg. Sie war unbegründet. Der Antrag auf Durchführung der Veranlagung könne nur bis zum Ablauf des auf den VZ folgenden zweiten Kalenderjahres durch Abgabe einer ESt-Erklärung gestellt werden (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG). Bei dieser Antragsfrist handele es sich um eine gesetzliche Ausschlussfrist, die zwar nicht verlängerbar, bei deren unverschuldeter Versäumung jedoch Wiedereinsetzung zu gewähren sei (§ 110 AO). Nach Ansicht des Senats hätten die Kläger die Antragsfrist nicht unverschuldet versäumt. Auch ein steuerlicher Laie wisse oder müsse wissen, dass Erklärungen, die den Steuerpflichtigen begünstigen, nur innerhalb gewisser zeitlicher Grenzen zu berücksichtigen seien. Es komme deshalb auch nicht darauf an, dass die Kläger bis zur Abgabe der ESt-Erklärung steuerlich nicht beraten gewesen seien. Sie hätten sich die Kenntnis über die zeitlichen Grenzen schon anhand des Ratgebers für Lohnsteuerzahler bei Erhalt der LSt-Karte verschaffen können, zumal in den vorangegangenen VZ bereits Antragsveranlagungen durchgeführt worden seien. Ein bloßes Vergessen infolge der zeitweise abhanden gekommenen LSt-Karte schließe das Verschulden nicht aus.

 

Hinweis

Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Az. VI R 76/05 anhängig. Zur Frage der versäumten Ausschlussfrist bei Antragsveranlagung sind beim BFH darüber hinaus noch weitere Revisionsverfahren anhängig. In vergleichbaren Fällen sollte daher Einspruch eingelegt werden. Das Einspruchsverfahren, spätestens das Klageverfahren kann auf Antrag der Beteiligten bis zur rechts- und bestandskräftigen Entscheidung dieser Revisionsverfahren ruhen.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 10.11.2005, 8 K 4606/02 E

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