Leitsatz

Wurde ein bisher gewerblich genutztes Mühlengebäude durch umfassende Baumaßnahmen im Jahre 1999 zu Mietwohnungen umgebaut und entstand hierdurch ein neues Wirtschaftsgut im ertragsteuerlichen Sinne, liegen keine nachträglichen Herstellungskosten im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 InvZulG 1999 vor.

Wurden im Zuge solcher Baumaßnahmen auch Erhaltungsaufwendungen durchgeführt, sind diese nicht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999 begünstigt, da das neu entstandene Wirtschaftsgut "Mietwohnungen" nicht vor dem 01.01.1991 fertiggestellt worden ist.

 

Sachverhalt

Die Klägerin erwarb 1996 ein mit einem Mühlengebäude bebautes Gebäude, welches im Erwerbszeitpunkt im Erdgeschoß und zu einem kleinen Teil im ersten OG gewerblich vermietet war. Die drei Obergeschosse, die von der Voreigentümerin früher als Verwaltungstrakt, Lager und Festsaal genutzt wurden, standen nach dem Erwerb leer. Nach Beendigung des Mietverhältnisses führte die Klägerin 1998 und 1999 erhebliche Baumaßnahmen durch und schuf in den Obergeschossen auf einer Fläche von 666,65 m² insgesamt 9 Mietwohnungen, die nach Fertigstellung vermietet wurden. Es wurden umfangreiche Bau- und Renovierungsmaßnahmen durchgeführt, jedoch nur geringfügige Veränderungen am Fundament. Tragende Wände, Geschoßdecken und Dachkonstruktion blieben im wesentlichen unverändert. Die die Nutzungsdauer des Gebäudes bestimmenden Gebäudebestandteile blieben im wesentlichen erhalten. Die auf Gewährung von Investitionszulage nach § 3 InvZulG 1999 gerichtete Klage hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Zunächst bestand Übereinstimmung darin, dass durch die Baumaßnahmen kein bautechnisch neues Gebäude hergestellt wurde. Das Gericht ging aber davon aus, daß im ertragsteuerlichen Sinne ein neues Wirtschaftsgut entstanden sei, da das Gebäude für eine andere als die bisherige Nutzung umgestaltet wurde. Die Herstellung eines neuen Vermögensgegenstandes im Sinne des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB führe aber noch nicht zu einer Neuherstellung eines Gebäudes, sondern dies bedeute nach der Rechtsprechung des BFH nur, dass nicht sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand, sondern Herstellungsaufwand vorliege. Ein solches nach ertragsteuerlichen Gesichtspunkten neu entstandene Wirtschaftsgut stelle nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 3 Satz 1 InvZulG 1999 ein Gebäude im Sinne des Investitionsrechts dar. Diese Gebäudedefinition gelte auch im Rahmen des § 3 InvZulG 1999. Denn es sei davon auszugehen, dass Tatbestandsmerkmale, die der Gesetzgeber durch eine Legaldefinition beschrieben habe, innerhalb des Gesetzes in gleicher Weise auszulegen und anzuwenden seien.

Da ein neues Wirtschaftsgut entstanden sei, handele es sich auch nicht um "nachträgliche" Herstellungsarbeiten im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich die Begünstigung auf nachträgliche Herstellungsarbeiten an einen vor dem 01.01.1991 fertiggestellten Gebäude beschränkt und damit die Existenz eines Gebäudes vorausgesetzt. Die Frage, ob Herstellungsarbeiten nachträglich an einem Gebäude durchgeführt wurden oder ob die Herstellungsarbeiten zum Entstehen eines neuen Gebäudes führen, ist, wie dargelegt, nach ertragsteuerlichen Grundsätzen zu beantworten, weshalb es nicht darauf ankomme, dass das Gebäude im bautechnischen (als Bauwerk) bzw. bewertungsrechtlichen Sinne vorhanden war.

Die Aufwendungen der Klägerin seien auch nicht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999 als Anschaffung begünstigt. Nach dieser Vorschrift ist die Anschaffung von Gebäuden, die vor dem 01.01.1991 fertiggestellt wurden, begünstigt, soweit nachträgliche Herstellungsarbeiten nach dem rechtswirksamen Abschluss des Kaufvertrages durchgeführt wurden. Die Klägerin habe keine nachträglichen Herstellungsarbeiten durchgeführt.

Es lägen auch keine Erhaltungsarbeiten an Gebäuden, die vor dem 01.01.1991 fertiggestellt worden sind, vor (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG). Mit der Erneuerung der Dacheindeckung und der Reinigung der Fassade wurden zwar Erhaltungsarbeiten durchgeführt, diese Maßnahmen stehen jedoch in keinerlei bautechnischem Zusammenhang mit den Herstellungsarbeiten. Die Erhaltungsaufwendungen erfolgten auch nicht an einem vor dem 01.01.1991 hergestellten Gebäude, weil das Gebäude, welches die Klägerin zu Mietwohnzwecken nutze, erst durch die gleichzeitig durchgeführten Herstellungsarbeiten und damit nach dem 01.01.1991 entstanden und fertiggestellt worden sei.

Das Gericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

 

Hinweis

Die Unterscheidung des Finanzgerichts, dass dann, wenn ein neues Wirtschaftsgut im ertragsteuerlichen Sinne und im Sinne des § 255 HGB entsteht, von nachträglichen Herstellungskosten nicht mehr ausgegangen werden könne, aber auch keine Anschaffung vorliege, erscheint jedenfalls nicht zwingend. Auch das Schreiben des BMF vom 10.07.1996, BStBl 1996 I S. 689 (zu §§ 3 u. 4 FördG und § 7 Abs. 5 EStG) geht davon aus, dass für die Abgrenzung von nachträglichen Her...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge