Leitsatz

1. Die Beteiligung einer GmbH als Komplementärin an einer grundbesitzverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Kommanditgesellschaft (Zebragesellschaft) ist keine Verwaltung und Nutzung eines nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zuzurechnenden eigenen Grundbesitzes und berechtigt nicht zur erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags (§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG), wenn die GmbH am Vermögen der Zebragesellschaft nicht beteiligt ist. Die Komplementär-GmbH nutzt insofern fremden Grundbesitz.

2. Übernimmt eine GmbH, in deren Gesellschaftsvermögen sich neben Grundbesitz und gegebenenfalls Kapitalvermögen auch Beteiligungen an vermögensverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaften befinden, ohne Vermögensbeteiligung, aber gegen Haftungsvergütung die Komplementärhaftung in einer KG, stellt jedenfalls die Nutzung des Absicherungspotentials ihres Beteiligungsvermögens eine für die erweiterte Kürzung schädliche Nebentätigkeit dar.

 

Normenkette

§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine grundbesitzverwaltende GmbH. Sie hielt in ihrem Vermögen Beteiligungen an zwei grundbesitzverwaltenden GbRs und war daneben als Komplementärin ohne Kapitalanteil und Vermögensbeteiligung an einer nicht gewerblich geprägten vermögensverwaltenden KG beteiligt. Für die Übernahme der Komplementärhaftung erhielt sie eine Vergütung, die sich prozentual nach der Höhe des Stammkapitals der Klägerin bestimmte. Die Haftungsvergütung wurde teilweise als Gewinnvorab, teilweise als Avalgebühr bezeichnet. Das FA sah die entgeltliche Übernahme der Komplementärhaftung im Hinblick auf die erweiterte GewSt-Kürzung als schädliche Nebentätigkeit an. Die Klage blieb ohne Erfolg (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 14.8.2020, 6 K 200/19).

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Unabhängig davon, ob die Haftungsvergütung auf gesellschaftsrechtlicher oder schuldrechtlicher Grundlage gezahlt worden sei, habe die Klägerin damit nicht nur eigenen Grundbesitz und eigenes Kapitalvermögen genutzt, sondern eine schädliche Nebentätigkeit ausgeübt.

 

Hinweis

1. Bei der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gehört zur Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes nicht nur dessen VuV, sondern auch der Einsatz des Grundbesitzes zur Absicherung von fremden Schulden. Dies kann insbesondere durch dingliche Belastung des Grundbesitzes mit Hypotheken oder Grundschulden erfolgen. Auch die Übernahme persönlicher Schulden (z.B. Bürgschaften, Schuldmit­übernahmen) kann sich als Nutzung eigenen Grundbesitzes darstellen, wenn sich die Werthaltigkeit der Forderungen nur aus Grundbesitz speist und sie nur aus Grundbesitz realisiert werden können.

2. Ist eine grundstücksverwaltende GmbH an einer grundbesitzverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft beteiligt (Zebragesellschaft), kann der GmbH nach den Grundsätzen des BFH, Beschluss vom 25.9.2018, GrS 2/16, BFH/NV 2019, 475, über § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO auch der anteilig an der Personengesellschaft gehaltene Grundbesitz als eigener zugerechnet werden.

3. Erhält der Komplementär einer KG eine Haftungsvergütung, kann dies auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage (z.B. Gewinnvorab) oder auf schuldrechtlicher Grundlage (z.B. Avalgebühr) erfolgen, selbst wenn der schuldrechtliche Leistungsaustausch im Gesellschaftsvertrag selbst geregelt ist (BFH, Urteil vom 7.4.1987, IX R 103/85, Haufe-Index 61631).

4. Ist der Komplementär nicht am Vermögen der KG beteiligt, kann ihm der Grundbesitz der KG nicht über § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anteilig zugerechnet werden, da er ausschließlich und vollständig den am Vermögen beteiligten Gesellschaftern zugerechnet wird. Dass der Komplementär gesellschaftsrechtlich an der KG beteiligt ist, rechtfertigt keine anteilige Zurechnung von zum Gesamthandsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern, da für Gesamthandsvermögen nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO eine Bruchteilsbetrachtung vorzunehmen ist.

5. Beruht die Haftungsvergütung des nicht am Vermögen der KG beteiligten Komplementärs auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage, kann er sich nicht darauf berufen, dass diese Ausfluss der Nutzung eigenen, ihm anteilig zuzurechnenden Grundbesitzes der KG sei. Vielmehr nutzt er insoweit den anteilig den am Vermögen beteiligten KG-Gesellschaftern zuzurechnenden und damit für ihn fremden Grundbesitz.

6. Beruht die Haftungsvergütung auf schuldrechtlicher Grundlage, wäre grundsätzlich denkbar, dass mit der Haftungstätigkeit das Absicherungspotenzial des Grundbesitzes der GmbH genutzt wird. Das ist jedoch nicht der Fall, wenn der Grundbesitz der GmbH nicht zugunsten der Gläubiger der KG dinglich belastet wird und wenn die persönliche Haftung der GmbH sich auf andere Vermögensgegenstände als auf eigenen Grundbesitz und eigenes Kapitalvermögen erstreckt. Dann ist der Ausschließlichkeitsgrundsatz verletzt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 20.4.2023 – III R 53/20

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