Entscheidungsstichwort (Thema)

Erweiterte Kürzung. Haftungsübernahme durch eine Komplementär-GmbH als kürzungsschädliche Nebentätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Komplementär-GmbH übt mit der Übernahme der Haftung für eine KG eine Nebentätigkeit aus, die auch bei Bezug einer nur geringen Haftungsvergütung die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ausschließt.

2. Eine allgemeine Geringfügigkeitsgrenze kommt aufgrund des dem Gesetzeswortlaut zu entnehmenden strengen Ausschließlichkeitsgebots nicht in Betracht.

 

Normenkette

GewStG § 9 Nr. 1 S. 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Bezug einer Haftungsvergütung i.H.v. jährlich XXX EUR durch eine Komplementärin die Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ausschließt.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin, einer GmbH, ist die (…), sowie die (…). Alleingesellschafterin ist Frau A. Deren Ehemann, Herr B, ist an der Klägerin mit einer Einlage von XXX EUR typisch still beteiligt.

Die Klägerin ist Komplementärin ohne Einlage, Kapitalanteil bzw. Vermögensbeteiligung an einer nicht gewerblich geprägten KG. Sie hatte bis XX.XX. 2012 ein Stammkapital von XXX EUR und erhielt nach den alten vertraglichen Regelungen 5 % = XXX EUR Haftungsvergütung. Das Stammkapital wurde auf XXX EUR erhöht und der Gesellschaftsvertrag der KG anlässlich des Eintritts von B mit einer Beteiligung von X % als weiterer Kommanditist neben A neu gefasst. Gemäß § 6 Abs. 3 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages der KG vom XX.XX.XXXX erhielt die Klägerin „eine Avalgebühr von 1 % bezogen auf ihr Stammkapital. Dies gilt dies ab XX.XX.2013 als vereinbart und beträgt XXX EUR (= 1 % von XXX EUR).” Gleichwohl erhielt die Klägerin eine jährliche Haftungsvergütung von XXX EUR.

Die Klägerin ist zudem zu jeweils X% und B zu jeweils X% an (…) Vermietungsgesellschaften (GbR) beteiligt.

Antragsgemäß fand in den Bescheiden über den Gewerbesteuermessbetrag für 2012 bis 2015 eine erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG) statt, so dass es zu keiner Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung kam. Der aus Vorjahren stammende vortragsfähige Gewerbeverlust wurde dadurch jährlich zum 31.12. ohne Veränderung mit XXX EUR festgestellt. Eine Änderung ergab sich lediglich zum 31.12.2015, wo es zur Verrechnung mit XXX EUR kam und der vortragsfähige Gewerbeverlust dadurch auf XXX EUR vermindert wurde.

Der Beklagte hat mit Bescheiden vom 27.11.2017 die unter Vorbehalt der Nachprüfung (VdN) stehenden Bescheide in der Weise geändert, dass die erweiterte Gewerbeertragskürzung nunmehr nicht mehr gewährt wurde.

Hiergegen wurde Einspruch erhoben.

Der Einspruch wurde in der Einspruchsentscheidung vom 19.12.2018 als unbegründet zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die Klage.

Der Große Senat des BFH sähe den Regelungszweck der erweiterten Gewerbeertragskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG darin, alle Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes von der Gewerbesteuer freizustellen (Rdnr. 73, 96 des Beschlusses vom 25. September 2018 GrS 2/16, BStBl II 2019, 262). Damit sei es für die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei der Klägerin insoweit schon dem Grunde nach unerheblich – und musste vom Großen Senat nicht noch ausdrücklich im Tenor des Beschlusses festgeschrieben werden – ob bzw. dass die Komplementärin für die persönliche Haftungsübernahme bei der KG eine betragsmäßig geringfügige Haftungsvergütung erhalte, wenn sie – wie vom Großen Senat bestätigt (vgl. Rdnr. 74 ff. des Beschlusses) – mit der „Beteiligung” an der KG eigenen Grundbesitz verwalte.

Außerdem vertrete der Große Senat die Auffassung, dass die Klägerin mit ihrer Komplementär-Beteiligung an der KG keine Tätigkeit entfalte, die über das ausschließliche „Verwalten und Nutzen” eigenen Grundbesitzes i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG hinausgehe (Rdnr. 112 des Beschlusses). Auch insoweit könne die Haftungsvergütung nicht Ausfluss einer „steuerschädlichen” Tätigkeit sein, die die Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ausschließen könnte. Die Haftungsprämie müsse folgerichtig den begünstigten Erträgen aus der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes i.S.v. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zugeordnet werden (Rdnr. 112, 114 des Beschlusses).

Die geringe Vergütung stelle keine Tätigkeitsvergütung dar, sondern beinhalte lediglich die zivil- und gesellschaftsrechtlich sowie steuerlich erforderliche Haftungsvergütung/- prämie, so dass eine erweiterte Kürzung ausschließende Tatbestände nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Alt. 1a GewStG schon dem Grunde nach nicht vorlägen.

Die Klägerin beantragt,

die geänderten Gewerbesteuermessbescheide 2012 bis 2015 vom 27.11.2017 und die geänderten Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31.12.2012 bis 31.12.2015 vom 27.11.2017 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.12.2018 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

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