Leitsatz

Die Bindungswirkung eines bestandskräftigen, die Gewährung von Kindergeld ablehnenden Bescheids beschränkt sich auf die Zeit bis zum Ende des Monats seiner Bekanntgabe. Auf einen danach erneut gestellten Antrag kann demzufolge Kindergeld auch rückwirkend ab dem auf die Bekanntgabe des Ablehnungsbescheids folgenden Monat bewilligt werden.

 

Normenkette

§ 70 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger hat drei Kinder. Mit Antrag vom 12.2.1996 beantragte der Kläger erstmals Kindergeld für seine Kinder. Nachdem der Kläger keine von der Ehefrau unterschriebene Berechtigtenbestimmung (vgl. § 64 Abs. 2 EStG) nachreichte, lehnte die Familienkasse den Antrag auf Kindergeld mit Bescheid vom 23.5.1996 ab. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Am 23.10.1996 beantragte der Kläger erneut Kindergeld für seine drei Kinder unter Beifügung der notwendigen Bescheinigungen. Mit Bescheid vom 19.11.1996 setzte die Familienkasse Kindergeld für die Kinder fest, jedoch erst ab Dezember 1996.

Das FG wies die Klage ab, mit der der Kläger Kindergeld ab April 1996 begehrte.

 

Entscheidung

Die Revision des Klägers, mit der dieser nunmehr Kindergeld für die Monate Juni bis November 1996 begehrte, war erfolgreich.

Der Umfang der Bindungswirkung des Ablehnungsbescheids vom 23.5.1996 ergebe sich aus seinem Regelungsinhalt. Als Verwaltungsakt treffe er eine Regelung auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Bescheiderteilung. Er erschöpfe sich demnach in der Regelung des Kindergeldanspruchs für den bis dahin abgelaufenen Zeitraum. Über die – in der Zukunft liegenden und damit zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht entstandenen – Kindergeldansprüche könne der Ablehnungsbescheid noch keine Regelung treffen. Demnach komme ihm auch keine in die Zukunft weisende Bindungswirkung zu.

Eine Bindungswirkung für die Zukunft hätten nach der gesetzlichen Konzeption des § 70 Abs. 1 bis 3 EStG nur positive Kindergeld-Festsetzungen.

 

Hinweis

In den Entscheidungen VI R 164/98 und VI R 78/98 (BFH-PR 2002, 45) hat der BFH nunmehr klargestellt, dass Bescheide, mit denen die Festsetzung von Kindergeld abgelehnt oder aufgehoben wird (im Gegensatz zu positiven Kindergeld-Festsetzungen), keine Bindungswirkung für die Zukunft entfalten. Die Bindungswirkung bestandskräftiger Ablehnungs- und Aufhebungsbescheide reicht nur bis zum Ende des Monats ihrer Bekanntgabe.

Beachten Sie bitte, dass bei einem erneuten Antrag des Kindergeldberechtigten die Familienkasse Kindergeld nicht nur vom Zeitpunkt der Antragstellung, sondern auch rückwirkend bis zu dem auf den Monat der Bekanntgabe des Ablehnungs- oder Aufhebungsbescheids folgenden Monat festsetzen muss (wenn die materiellen Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld gegeben sind). Ggf. kann die rückwirkende Gewährung bis zur Grenze der Festsetzungsverjährung zurückreichen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 25.7.2001, VI R 164/98

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