Leitsatz

1. Die Entscheidung einer niederländischen Behörde, kein Kindergeld nach niederländischem Recht zu gewähren, weil nach dem überstaatlichen Gemeinschaftsrecht die deutschen Kindergeldregeln den niederländischen vorgehen, entfaltet für die deutschen Behörden und Gerichte keine sog. Tatbestandswirkung, weil diese an die Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch eine ausländische Behörde nicht gebunden sind.

2. Das nach den Vorschriften des EStG als Steuervergütung gezahlte deutsche Kindergeld fällt in den sachlichen Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern; es ist eine Familienleistung i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Buchst. h dieser Verordnung.

3. Ein niederländischer Staatsangehöriger, der in den Niederlanden wohnt und in Deutschland als Zahnarzt selbstständig tätig und in dem Versorgungswerk einer Zahnärztekammer pflichtversichert ist, wird nicht von dem persönlichen Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 erfasst, weil diese auf Selbstständige nur anwendbar ist, wenn sie in einer alle Erwerbstätigen umfassenden Altersversicherung und nicht in einem Sondersystem, das nur in einem Teil des Gebiets des Mitgliedstaats gilt, versicherungs- oder beitragspflichtig sind.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 3 EStG , § 31 EStG , § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG , § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG , § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG , Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 , Verordnung (EWG) Nr. 574/72

 

Sachverhalt

Der Kläger, ein niederländischer Staatsangehöriger, der in den Niederlanden wohnte und in Deutschland als Zahnarzt selbstständig tätig war, war in einem Versorgungswerk der Zahnärztekammer pflichtversichert. Es handelte sich jedoch nicht um eine umfassende Altersversicherung, sondern um ein Sondersystem, das nur in einem Teil Deutschlands gilt.

Die Familienkasse gewährte das Kindergeld nur in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Betrags. Der Kläger begehrte das Kindergeld in voller Höhe. Die Klage hatte vor dem FG Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH entschied, ein Anspruch auf Kindergeld in voller gesetzlicher Höhe ergäbe sich nicht aus den Vorschriften des EStG und auch nicht aus dem Gemeinschaftsrecht. Die Gründe können Sie im Einzelnen den Leitsätzen entnehmen.

 

Hinweis

Der BFH hat die Entscheidung zusammen mit zwei weiteren nur jeweils im Leitsatz veröffentlicht, obwohl es sich um die ersten Urteile zum Kindergeld nach europäischem Gemeinschaftsrecht handelt. Weitere Hinweise entnehmen Sie bitte den Praxis-Hinweisen zum Urteil VIII R 97/01 auf Seite XXX in diesem Heft.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 13.8.2002, VIII R 54/00

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