Leitsatz

1. Die Ausschüttung von Rücklagen aus dem Alt-EK 02 führt im Übergangszeitraum nach § 38 Abs. 2 KStG 2002 zu einer KSt-Erhöhung. Ob eine Ausschüttung aus dem Alt-EK 02 erfolgt, richtet sich gem. § 38 Abs. 1 S. 4 KStG 2002 danach, ob der Ausschüttungsbetrag den um den Bestand des Alt-EK 02 verminderten ausschüttbaren Gewinn übersteigt.

2. Der ausschüttbare Gewinn ist nach § 38 Abs. 1 S. 4 KStG 2002 nur insoweit um den Bestand des Alt-EK 02 zu vermindern, als das Alt-EK 02 nicht bereits aufgrund einer vorangegangenen Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln als Abzugsposten bei der Ermittlung des ausschüttbaren Gewinns (§ 27 Abs. 1 S. 4 KStG 2002) berücksichtigt worden ist.

 

Normenkette

§ 38 Abs. 1 S. 1 und S. 4, § 27 Abs. 1 S. 4, § 28 Abs. 1 KStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine von der KSt befreite GmbH, deren Anteile zu 30 % von der D gehalten werden, die ebenfalls von der KSt befreit ist. Ausweislich der Handelsbilanz setzte sich das Eigenkapital der Klägerin zum 31.12.2000 wie folgt zusammen:

gezeichnetes Kapital 190 200 580 EUR
Gewinnrücklagen 32 429 834 EUR
Bilanzgewinn 2000 5 317 628 EUR

Im Wirtschaftsjahr 2001 nahm die Klägerin eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln auf 200 Mio. Euro vor. Diese wurde handelsrechtlich durch eine Umwandlung der aus dem Alt-EK 02 stammenden Gewinnrücklagen i.H.v. 9 799 420 Euro finanziert. Der diesem Betrag entsprechende Teil des Nennkapitals wurde nach § 28 Abs. 1 S. 3 KStG 2002 getrennt ausgewiesen und auf den 31.12.2001 gesondert festgestellt. Gleichzeitig wurde der Endbestand des Alt-EK 02 auf den 31.12.2001 i.H.v. 32 429 834 Euro gesondert festgestellt.

Zum 31.12.2001 setzte sich das Eigenkapital der Klägerin wie folgt zusammen:

gezeichnetes Kapital 190 200 580 EUR
Sonderausweis von Nennkapital (§ 28 Abs. 1 S. 3 KStG 2002) 9 799 420 EUR
Gewinnrücklagen 22 890 719 EUR
Bilanzgewinn 2001 7 987 533 EUR

Im Streitjahr 2002 schüttete die Klägerin den Bilanzgewinn 2001 i.H.v. 7 987 533 Euro an die Gesellschafter aus.

Das FA sah darin eine Verwendung des Alt-EK 02 nach § 38 Abs. 1 S. 4 KStG 2002 und setzte gem. § 38 Abs. 2 und 3 KStG 2002 die KSt für das Streitjahr i.H.v. 2 394 657 Euro fest. Der Festsetzung der KSt lag folgende Berechnung des FA zugrunde:

Eigenkapital laut Steuerbilanz 230 878 252 EUR
./. gezeichnetes Kapital 200 000 000 EUR
./. steuerliches Einlagekonto 0 EUR
ausschüttbarer Gewinn 30 878 252 EUR
./. Bestand Alt-EK 02 32 429 834 EUR
Betrag gem. § 38 Abs. 1 S. 4 KStG 2002 ./. 1 551 825 EUR
   
Summe der Leistungen im Wirtschaftsjahr 7 987 533 EUR
./. Ausschüttung an D 2 400 000 EUR
Bemessungsgrundlage für KSt-Erhöhung 5 587 533 EUR

Das Alt-EK 02 wurde mit Bescheid zum 31.12.2002 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gem. § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 S. 3, § 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG 2002 i.H.v. 22 047 644 Euro festgestellt. Das durch Umwandlung von Rücklagen entstandene Nennkapital nach § 28 Abs. 1 S. 3 KStG 2002 wurde zugleich unverändert mit 9 799 420 Euro festgestellt.

Der dagegen erhobenen Klage gab das FG statt (Hessisches FG, Urteil vom 12.07.2007, 4 K 3540/04, Haufe-Index 1855275, EFG 2008, 484).

 

Entscheidung

Das wurde vom BFH bestätigt. Im Einzelnen ergibt sich das alles aus den Praxis-Hinweisen.

 

Hinweis

Es geht einmal mehr (siehe zuletzt BFH, Urteil vom 26.11.2008, I R 56/05, BFH/NV 2009, 847, BFH/PR 2009, 228) um die vielfach "vertrackten" Fragen in Zusammenhang mit den Verwendungsfiktionen, die das Gesetz für die Ausschüttungsverwendung der unterschiedlich mit KSt belasteten "Eigenkapitaltöpfe" vorsieht. Streitig war dieses Mal, ob der nach § 38 Abs. 1 S. 1 KStG 2002 fortgeschriebene Teilbetrag i.S.d. § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG 1999 – Alt-EK 02 – gem. § 38 Abs. 1 S. 4 KStG 2002 auch dann als für eine Ausschüttung verwendet gilt, wenn zuvor Gewinnrücklagen, die aus dem Alt-EK 02 stammen, in Nennkapital umgewandelt wurden.

1. Das Alt-EK 02 gilt gem. § 38 Abs. 1 S. 4 KStG 2002 als für Leistungen verwendet, soweit die Summe der Leistungen, die die Gesellschaft im Wirtschaftsjahr erbracht hat, den um den Bestand des S. 1 verminderten ausschüttbaren Gewinn übersteigt. Nach § 38 Abs. 1 S. 1 KStG 2002 ist ein positiver Endbetrag i.S.d. § 36 Abs. 7 KStG 2002 aus dem Alt-EK 02 zum Schluss der folgenden Wirtschaftsjahre fortzuschreiben und gesondert festzustellen. Zu den Leistungen der Gesellschaft i.S.d. § 38 Abs. 1 S. 4 KStG 2002 gehören auch offene Gewinnausschüttungen.

2. Ob das Alt-EK 02 für eine Gewinnausschüttung als verwendet gilt, ist nach § 38 Abs. 1 S. 4 KStG 2002 also im Rahmen einer Differenzrechnung zu ermitteln. Hierzu ist der Ausschüttungsbetrag mit dem "um den Bestand des S. 1 verminderten" ausschüttbaren Gewinn zu vergleichen (verminderter ausschüttbarer Gewinn). Ist der verminderte ausschüttbare Gewinn null oder negativ, gilt für die gesamte Gewinnausschüttung das Alt-EK 02 als verwendet.

3. Der ausschüttbare Gewinn ist nach § 27 Abs. 1 S. 4 KStG 2002 zu bestimmen. Nach dieser Vorschrift gilt als ausschüttbarer Gewi...

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