Leitsatz

1. Ein Betroffener hat regelmäßig gegenüber dem Bundesamt für Finanzen keinen Anspruch auf die Erteilung einer Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten, wenn diese zu dem Zweck gesammelt und ausgewertet werden, Informationen über Domizilgesellschaften zu erhalten. § 19 Abs. 4 Nr. 1 BDSG erfordert insoweit eine dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragende Güterabwägung zwischen dem Geheimhaltungsinteresse der speichernden Stelle und dem Auskunftsinteresse des Betroffenen.

2. Die Aufgabennorm des § 5 Abs. 1 Nr. 6 FVG und die Befugnisnorm des § 88a AO 1977 sind verfassungsgemäß.

 

Normenkette

§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG , § 19 Abs. 4 Nr. 1 BDSG , § 5 Abs. 1 Nr. 6 FVG , § 88a AO

 

Sachverhalt

Das Bundesamt für Finanzen (BfF) sammelt in seiner Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen Daten über ausländische natürliche Personen und Gesellschaften. Das BfF leitete Daten über den Kläger an Finanzämter weiter, welcher deshalb Auskunft über die ihn betreffenden Daten erhalten wollte. Dies lehnte das BfF ab.

 

Entscheidung

Der BFH hat diese Entscheidung für rechtmäßig erklärt. Die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung des BfF sei durch die Auskunftserteilung gefährdet. Denn eine Auskunftserteilung würde dem Betroffenen offenbaren, über welche seiner unterschiedlichen Funktionen im Ausland das BfF bereits informiert ist und über welche nicht. Der Betroffene könnte sein Verhalten dementsprechend auf diesen Kenntnisstand des BfF einstellen.

Die Auskunftsverweigerung sei mit dem Rechtsstaatsprinzip und der Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vereinbar. Ein Auskunftsanspruch ergebe sich auch nicht unmittelbar aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG oder aus Art. 19 Abs. 4 GG, weil die in § 19 BDSG getroffene Regelung zur Auskunftserteilung über personenbezogene Daten nicht hinter den verfassungsrechtlichen Anforderungen zurückbleibe und diese hier die Auskunftsverweigerung rechtfertige.

 

Hinweis

Das BfF hat nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 FVG die Aufgabe, Unterlagen über steuerliche Auslandsbeziehungen, insbesondere über Domizilgesellschaften, zu sammeln und auszuwerten.

§ 19 Abs. 4 Nr. 1 BDSG erfordert eine Güterabwägung zwischen dem Geheimhaltungsinteresse der speichernden Stelle und dem Auskunftsinteresse des Betroffenen, die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung trägt (vgl. BVerwG, Urteil in BVerwGE 89, 14, 20). Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung unterliegt im Allgemeininteresse der gesetzlichen Einschränkung des § 19 Abs. 4 Nr. 1 BDSG.

Die Unrichtigkeit von Daten des BfF kann damit im Ergebnis nur in einem Einspruchsverfahren bzw. finanzgerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden, indem Daten gegen einen Steuerpflichtigen verwendet werden.

Im Schrifttum sind Bedenken daran geäußert worden, dass § 5 Abs. 1 Nr. 6 FVG als ausreichende Rechtsgrundlage für das Sammeln von Daten außerhalb eines konkreten Besteuerungsverfahrens dienen kann. Mit der Einfügung des § 88a AO durch Art. 26 des Gesetzes vom 21.12.1993 (BGBl I, 2310, 2345) sind diese indes ausgeräumt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 30.7.2003, VII R 45/02

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