Rz. 19

Die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln ist in §§ 207 f. AktG geregelt. Nach § 207 Abs. 1 AktG fällt die Umwandlung von Kapital- und/oder Gewinnrücklagen in Grundkapital in die Beschlusskompetenz der Hauptversammlung. Eine derartige Kapitalerhöhung kommt bilanziell betrachtet durch einen Passivtausch zustande, sodass der Gesellschaft von außen keine neuen Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden. Über § 208 AktG wird der Umfang der umwandlungsfähigen Rücklagen auf die Kapitalrücklage und die Gewinnrücklage beschränkt. Handelt es sich um Zuführungen zur Kapital- oder Gewinnrücklage, so sind auch der Jahresüberschuss oder der Bilanzgewinn umwandlungsfähig. So stellt § 208 Abs. 1 Satz 1 AktG diesbezüglich heraus: "Die Kapitalrücklage und die Gewinnrücklagen, die in Grundkapital umgewandelt werden sollen, müssen in der letzten Jahresbilanz und, wenn dem Beschluss eine andere Bilanz zugrunde gelegt wird, auch in dieser Bilanz unter "Kapitalrücklage" oder "Gewinnrücklagen" oder im letzten Beschluss über die Verwendung des Jahresüberschusses oder des Bilanzgewinns als Zuführung zu diesen Rücklagen ausgewiesen sein." Eine weitere Beschränkung ergibt sich aus § 208 Abs. 1 Satz 2 AktG. Danach sind die umwandlungsfähigen Rücklagen auf den Teil der gesetzlichen Rücklagen und der Kapitalrücklagen nach § 272 Abs. 2 Nrn. 1-3 HGB beschränkt, der den zehnten oder einen in der Satzung festgelegten höheren Betrag übersteigt.[1] Diese Einschränkung gilt nicht für andere Gewinnrücklagen. Diese können gem. § 208 Abs. 1 Satz 2 AktG grundsätzlich in voller Höhe umgewandelt werden, soweit in der Bilanz kein Verlust oder Verlustvortrag ausgewiesen wird, der die vorhandene Kapitalrücklage oder die Gewinnrücklagen übersteigt. Hingegen kann ein den Verlust bzw. Verlustvortrag übersteigender Betrag natürlich zur Umwandlung genutzt werden, § 208 Abs. 2 Satz 1 HGB.

 

Rz. 20

Formale Voraussetzung für eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln ist ferner, dass ein Mehrheitsbeschluss der Aktionäre vorliegt, der gleichzeitig mindestens 75 % des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals umfasst (vgl. § 207 Abs. 2 Satz 1 AktG i. V. m. §§ 182 Abs. 1, 184 Abs. 1 AktG). § 207 Abs. 3 AktG bestimmt, dass dem Beschluss eine Bilanz zugrunde zu legen ist, vgl. § 209 AktG. Daraus folgt aus Gründen des Gläubigerschutzes, dass der Beschluss erst dann gefasst werden darf, wenn der Jahresabschluss für das letzte vor der Kapitalerhöhung abgeschlossene Geschäftsjahr festgestellt worden ist, § 209 Abs. 1 AktG.[2]

 

Rz. 21

Die Rechtswirksamkeit der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln entsteht mit Eintragung in das Handelsregister, § 211 AktG. Dies ist auch der Zeitpunkt, ab dem das gezeichnete Kapital, um den Nennwert der im Rahmen der Kapitalerhöhung ausgegebenen neuen Aktien erhöht, in der Bilanz ausgewiesen werden muss.[3] Die Umwandlung der Rücklagen ist begrifflich wie eine Entnahme zu sehen. Daher ergibt sich auch eine Angabepflicht in der Bilanz oder im Anhang gem. § 152 Abs. 2 Nr. 2 AktG.[4]

[1] Vgl. Koch, AktG, 17. Aufl. 2023, § 208 Rz. 6.
[2] Vgl. Koch, AktG, 17. Aufl. 2023, § 209 Rz. 4.
[4] Vgl. Koch, AktG, 17. Aufl. 2023, § 152 Rz. 6.

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