6.1 Zweck des Anhangs

 

Rz. 106

Kapitalgesellschaften haben – mit Ausnahme von Kleinstkapitalgesellschaften (vgl. Rz. 38) – den Jahresabschluss um einen Anhang zu erweitern, der integrierter Teil des Jahresabschlusses ist.[1] Kapitalgesellschaften haben daher in gewissem Umfange das Wahlrecht, erforderliche Angaben entweder in der Bilanz, in der Gewinn- und Verlustrechnung oder im Anhang zu machen. Nach § 284 Abs. 1 HGB sind die Positionen der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung zu erläutern und außerdem die Ausübung von Wahlrechten anzugeben.

Diese Regelungen gelten auch für offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften i. S. d. § 264a HGB und für Unternehmen, die unter das Publizitätsgesetz fallen.

 

Rz. 107

Zweck des Anhangs ist es, Erläuterungen und zusätzliche Angaben zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft zu machen und damit die Aussagekraft des Jahresabschlusses über Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung hinaus zu erhöhen. Insbesondere dann, wenn wegen besonderer Umstände die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung kein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermitteln kann (§ 264 Abs. 2 HGB), ist es Aufgabe des Anhangs, die erforderlichen Ergänzungen und Korrekturen zu liefern, damit ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild entsteht.[2] Der Anhang hat daher in besonderem Maße die Aufgabe, einen "true and fair view" zu vermitteln.

Durch die Möglichkeit, Angaben aus der Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung in den Anhang zu verlagern, wird die Übersichtlichkeit von Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung gesteigert. Außerdem ermöglicht der Anhang, über die bloßen Zahlenangaben hinaus verbale Erläuterungen und Begründungen zu liefern.

 

Rz. 108

Da der Anhang ein Teil des Jahresabschlusses ist, gelten für ihn die allgemeinen Regeln des Jahresabschlusses (§§ 246 ff. HGB). Insbesondere muss der Anhang, zusammen mit Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung, ein vollständiges und den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermitteln (§ 264 Abs. 2 HGB).

 

Rz. 109

Für die Form des Anhangs bestehen keine gesetzlichen Regelungen. Da aber auch für den Anhang der Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit gilt, muss der Anhang eine Struktur aufweisen, die dem Benutzer des Anhangs die erforderlichen Informationen in klarer und übersichtlicher Weise vermittelt. Daraus folgt das Gebot der Gliederung nach sachlichen Gesichtspunkten.

§ 265 Abs. 1 HGB, der den Grundsatz der Stetigkeit der Darstellung aufstellt, gilt auch für den Anhang; im Interesse der Vergleichbarkeit ist also die einmal gewählte Struktur des Anhangs soweit wie möglich in der Folgezeit beizubehalten.[3]

[1]

Einzelheiten zum Anhang s. "Anhang nach HGB".

[2] Vgl. Budde/Förschle, DB 1988, S. 1457.
[3] Vgl. Budde/Förschle, DB 1988, S. 1457.

6.2 Pflichtangaben

 

Rz. 110

Die Pflichtangaben, die im Anhang gemacht werden müssen, sind primär in den §§ 284 und 285 HGB aufgezählt. Daneben enthält eine Vielzahl von Einzelvorschriften des HGB Verpflichtungen, bestimmte Angaben in den Anhang aufzunehmen.

Zu den Einzelheiten des Inhalts eines Anhangs s. "Anhang nach HGB".

6.3 Unterlassen von Angaben

 

Rz. 111

§ 286 HGB ermöglicht es, aus zwingenden Gründen bestimmte Angaben im Anhang zu unterlassen.

Die Berichterstattung im Anhang muss nach § 286 Abs. 1 HGB zwingend unterbleiben, soweit dies für das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder erforderlich ist. In Betracht kommen Angaben, die hoheitliche Interessen berühren können, insbesondere bei öffentlichen Aufträgen im Bereich der Rüstungstechnik. Im Anhang darf auch nicht angegeben werden, dass Angaben nach § 286 Abs. 1 HGB unterblieben sind.

 

Rz. 112

Nach § 285 Nr. 4 HGB müssen große Kapitalgesellschaften die Umsatzerlöse nach Tätigkeitsbereichen und nach geografisch bestimmten Märkten aufgliedern, soweit die Tätigkeitsbereiche und geografisch bestimmten Märkte erhebliche Unterschiede voneinander aufweisen. Nach § 286 Abs. 2 HGB kann diese Aufgliederung unterbleiben, soweit sie nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geeignet ist, der Kapitalgesellschaft einen erheblichen Nachteil zuzufügen. Die Anwendung der Ausnahmeregelung ist anzugeben(§ 286 Abs. 2 HGB). Die Nachteilszufügung muss nicht feststehen, es genügt, dass die Angaben hierzu geeignet sind, doch müssen die Nachteile mit großer Wahrscheinlichkeit eintreten.

 

Rz. 113

Nach § 285 Nr. 11 HGB muss die Kapitalgesellschaft im Anhang Angaben über ihren Anteilsbesitz (Beteiligungen von mindestens 20 %) machen. Nach § 286 Abs. 3 HGB können diese Angaben unterbleiben, wenn sie für die Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft von untergeordneter Bedeutung sind oder die Angaben nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geeignet sind, der Kapitalgesellschaft oder dem abhängigen Unternehmen einen erheblichen Nachteil zuzufügen. Die Anwendung der Ausnahmeregelung wegen der Zufügung eines erheblichen Nachteils ist im Anhang anzugeben, das Unterlassen der Angaben über den Anteilsbes...

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