Leitsatz

Bei Erwerb eines gegen eine GmbH gerichteten Ausschüttungsanspruchs ist für Zwecke der Erbschaftsteuer die darauf entfallene Kapitalertragsteuer keine Nachlassverbindlichkeit.

 

Sachverhalt

Der verstorbene Vater des Klägers war zu 12,50 % an einer GmbH beteiligt und hat diese Anteile dem Kläger vermacht. Die Gesellschafterversammlung der GmbH hatte kurz vor dem Tod des Vaters eine Ausschüttung beschlossen, die in Höhe von 187.500 EUR auf den Vater entfiel. Sie wurde am Fälligkeitstag, nach dem Tod des Vaters, unter Einbehalt von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag ausgezahlt. Das Finanzamt berücksichtigte im Erbschaftsteuerbescheid entgegen der Erbschaftsteuerklärung den Ausschüttungsanspruch mit dem Nennwert von 187.500 EUR. Der Kläger macht dagegen geltend, die Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag minderten den Wert der Ausschüttungsforderung; zumindest seien sie als Nachlassverbindlichkeiten in Abzug zu bringen.

 

Entscheidung

Die Klage ist unbegründet. Das Finanzamt hat den Ausschüttungsanspruch zutreffend mit dem Nennwert der Besteuerung zugrunde gelegt und die vom ausgeschütteten Betrag einbehaltene Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag zu Recht nicht als Nachlassverbindlichkeiten in Abzug gebracht. Die Ausschüttungsforderung war im Besteuerungszeitpunkt voll werthaltig. Die Kapitalertragsteuer und der Solidaritätszuschlag sind keine der Forderung immanente wertmindernde Eigenschaft, sondern stellen eine besondere Form der Erhebung von Einkommensteuer dar.

Die Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag ist erbschaftsteuerlich beim Kläger auch nicht als Nachlassverbindlichkeit geltend zu machen. Entscheidend für den Abzug der Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeit ist, dass der Erblasser in eigener Person und nicht der Rechtsnachfolger steuerrelevante Tatbestände verwirklicht hat. Die Kapitalertragsteuer entstand gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 EStG erst in dem Zeitpunkt, in dem der Kapitalertrag dem Kläger als Gläubiger zufloss. Der steuerrelevante Tatbestand wurde deshalb erst nach dem Tod des Vaters in der Person des Klägers vollendet; somit wurde die Kapitalertragsteuer nicht für den Vater, sondern für den Kläger selbst einbehalten.

 

Hinweis

Das Urteil vermag nicht zu überraschen, da es der Rechtsprechung des BFH entspricht (BFH, Urteil v. 4.7.2012, II R 15/11, BStBl 2012 II S. 790). Der Senat macht dabei (leider) auch deutlich, dass sich aus der Doppelbelastung durch Erbschaft- und Einkommensteuer nicht zwingend eine verfassungswidrige Übermaßbesteuerung ergibt.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil v. 02.11.2023, 3 K 2755/22 Erb

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