Leitsatz

Schuldzinsen sind bei kreditfinanziertem Aktienkauf nur dann als Werbungskosten abziehbar, wenn über einen Zeitraum von 10 Jahren ein Totalüberschuss der Kapitaleinnahmen über die Werbungskosten erzielt wird.

 

Sachverhalt

Im Streitfall ging es um die Frage, ob Schuldzinsen für den Erwerb von Aktien als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen anzuerkennen waren. Der Steuerpflichtige erwarb in der Zeit von 1997 bis 2002 Vorzugsaktien sowie Stammaktien verschiedener Aktiengesellschaften. Die Erwerbe finanzierte er zu 100 % durch Aufnahme von Darlehen. Nachdem in den Jahren 1999 bis 2002 eine Dividendenausschüttung je Stammaktie erfolgte, wurden im Streitjahr 2003 keine Einnahmen aus Kapitalvermögen erklärt, jedoch Schuldzinsen in Höhe von über 26.000 EUR als Werbungskosten geltend gemacht. Das Finanzamt versagte die steuerliche Anerkennung, weil die bislang angefallenen Finanzierungskosten die Dividenden bei weitem überstiegen und ein Totalüberschuss bei der Dividendenentwicklung in absehbarer Zeit nicht zu erwarten sei.

 

Entscheidung

Das FG wies die nach erfolglosem Einspruch eingelegte Klage ab und entschied, dass bei der erforderlichen Gesamtbeurteilung eines Aktiendepots unter Berücksichtigung eines bereits über 10 Jahre oder mehr andauernden Überschusses der Ausgaben über die Einnahmen das Vorliegen einer Überschusserzielungsabsicht zu verneinen ist, wenn keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass sich in Zukunft noch ein Totalüberschuss ergeben könnte. Denn das Entstehen eines Totalüberschusses muss zeitlich absehbar sein. Im Streitfall waren die vom Steuerpflichtigen angestellten Prognoseberechnungen angesichts nicht hinreichend voraussehbarer wirtschaftlicher Entwicklung im Allgemeinen und des Aktienmarkts im Besonderen nach Auffassung des Gerichts nicht realistisch. Die bloße Erwartung künftiger Renditeerhöhungen stellt jedoch keinen konkreten wirtschaftlich nachvollziehbaren Anhaltspunkt dar, der auf Dauer gesehen einen Gesamtüberschuss erwarten lässt.

 

Hinweis

Die Entscheidung ist zu einem Streitjahr vor Einführung der ab 2009 geltenden Abgeltungssteuer ergangen. Da ab 2009 ein Werbungskostenabzug von Schuldzinsen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen grundsätzlich nicht mehr möglich ist, wird die Einkunftserzielungsabsicht nunmehr regelmäßig unterstellt[1].

 

Link zur Entscheidung

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.07.2010, 4 K 289/06

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