Einführung

Bei Gründung eines Unternehmens fällt die Entscheidung, mit welcher Methode das Produkt oder die Leistung kalkuliert werden soll. Dies hängt von der Marktsituation ab, in der sich das "junge Pflänzchen" entwickeln soll, von der Branche und natürlich von den Kosten und den Prozessen im Unternehmen selbst ab. Entwickelt sich das "Pflänzchen" zu einer veritablen Pflanze, die sich in ihrem Umfeld behauptet, kann es notwendig werden, auch das Kalkulationsverfahren auf den Prüfstand zu stellen. Alte Äste müssen gegebenenfalls gekappt werden und Platz für neue schaffen. Dies kann verschiedene Ursachen haben:

Das Marktumfeld verändert sich. Kam das Unternehmen bei seiner Gründung mit einem neuen Produkt mit Alleinstellungsmerkmalen auf den Markt, haben sich Konkurrenten etabliert, die gleiche oder ähnliche Leistungen oder Produkte anbieten.

Die Produktionsbedingungen haben sich geändert. Verbesserte und andere Verfahren machen ein Umdenken nötig.

Der Kunde bestimmt die Preisobergrenze.

Die Gemeinkostenanteile sind gewachsen.

Die Unternehmensstrategie hat sich verändert.

Die vorhandene EDV-Infrastruktur hat sich verändert.

Dies sind nur einige Beispiele, die letztlich zu veränderten Kalkulationsverfahren führen können.

Zunächst erhalten Sie eine kurzen Überblick über die gängigen Kalkulationsverfahren und anschließend Beispiele, wann das Kalkulationsverfahren an veränderte Bedingungen angepasst werden sollte.

1 Kalkulation – Wie kommt sie zustande?

Jedes Unternehmen muss grundsätzlich drei Ziele verfolgen, um langfristig im Markt bestehen zu können (vgl. Abb. 1):

  1. Wachstum
  2. Entwicklung
  3. Gewinn

    Abb. 1: Die drei Unternehmensziele

    Diese drei Generalziele bestimmen letztlich das Handeln jedes Unternehmens. Es kann zwar sein, dass je nach Markt- und Unternehmenssituation eines der Ziele mehr im Vordergrund steht als das andere, letztlich muss aber eine Balance zwischen den Zielen gefunden werden.

     
    Praxis-Beispiel

    Verfolgt ein Unternehmen beispielsweise die Strategie, aktuell neue Marktanteile zu gewinnen, muss es dafür vielleicht kurzfristig auf zukünftigen Gewinn verzichten, um das Marktwachstum zu finanzieren; befinden sich seine Produkte in der Hochphase ihres Produktlebenszyklus, steht das Gewinnziel im Vordergrund, um kurzfristig finanzielle Mittel für weiteres Marktwachstum oder die Entwicklung von Neuprodukten zu generieren.

1.1 Operative Ziele bestimmen die Kalkulation

Neben diesen generellen, für alle Unternehmen gültigen strategischen Unternehmenszielen verfolgt ein Unternehmen eine Reihe operativer Ziele, die sich letztlich in der Kalkulation niederschlagen. Sein Handeln wird bestimmt von:

  • Kostenorientierung: Es wird versuchen, einen Preis zu realisieren, der die Selbstkosten zuzüglich eines aus seiner Sicht angemessenen Gewinnaufschlags abdeckt.
  • Wettbewerbsorientierung: Die Preise orientieren sich an der Preisgestaltung der wichtigsten Wettbewerber, in der Regel der Marktführer.
  • Nutzenorientierung: Die Preisfestsetzung erfolgt nach dem möglichen Nutzwert für den Kunden (durch Marktuntersuchungen ermittelt).
  • Attraktivität: Der Preis wird durch die Attraktivität des Produktes für die Kundenzielgruppe ermittelt.
  • Kundenorientierung: Der Preis wird beeinflusst durch die Bedeutung, die der Lieferant dem Kunden für seine künftige Strategie beimisst.

Der Kundennutzen bestimmt den Preis

Entsprechend ergeben sich die Anforderungen an eine Kalkulation. Der Preis wird bei der heutigen Struktur der Märkte nicht nur von den Kosten des eigenen Unternehmens bestimmt, sondern vielfach von Kunden und anderen Markteilnehmern. Der Kunde ist in der Regel nur bereit, die Produktfunktionen zu bezahlen, die ihm aus seiner Sicht einen Nutzen bringen. Es kommt darauf an, diesen Kundennutzen herauszufinden und das Produkt entsprechend zu kalkulieren. Für Funktionen, die zwar technisch möglich sind, denen der Kunde für sich jedoch keinen Nutzen zubilligt, ist der Kunde auch nicht bereit zu bezahlen.

 
Achtung

Vergegenwärtigen wir uns, dass etwa 75 % der späteren Kosten eines Produktes in der Konstruktions- und Entwicklungsphase festgelegt werden. Etwa 20 % können in der Fertigung noch gesteuert werden und die restlich 5 % im Vertrieb (vgl. Abb. 2). Wir sehen dann, wie wichtig es ist, gerade in dieser frühen Phase der Kalkulation den Kundennutzen, – das, was der Kunde wünscht – herauszufinden und entsprechende Produkte zu entwickeln, um uns nicht selbst aus dem Markt zu kalkulieren.

Dazu dienen neben den klassischen Kalkulationsmethoden wie der Zuschlags- oder der Verrechnungssatzkalkulation weiterentwickelte Verfahren wie das Target Costing oder das Life Cycle Costing. Die Prozesskostenrechnung nimmt eine Zwischenstellung ein, da sie sowohl in Verbindung mit den klassischen Methoden als auch mit den neueren Verfahren kombiniert werden kann. Sie versucht, das Problem der zunehmenden Gemeinkostenanteile in Unternehmen für die Kalkulation lösbar zu machen.

Abb. 2: Kostenfestlegung

1.2 Kalkulation ermöglicht Preisdifferenzierungen

Ein weiterer Aspekt ist die Preisdifferenzierung. Oft werden gleiche Produkte vom selben Unternehmen zu verschiedenen Standardpreisen angeboten. Die Differenzierung erfo...

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