Rz. 46

Der Anhang stellt neben Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung die dritte Komponente des Jahresabschlusses von Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkten Personengesellschaften dar.[1] Wesentliche Aufgabe des Anhangs ist es, weitergehende Informationen über solche Sachverhalte zu vermitteln, die aus der Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung nicht unmittelbar erkennbar sind, wohl aber zur Beurteilung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage bedeutsam sind. Diese Zusatzinformationen sind notwendig, wenn

  • Bilanz- und Erfolgsrechnung sowie weitere Rechenwerke bestimmte Informationen aufgrund der Gliederungsnormierung des § 266 bzw. § 275 HGB nicht vermitteln können,
  • bestimmte Informationen aus Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung wie auch aus weiteren Rechenwerken in Übereinstimmung mit gesetzlich gebotenen Ausweiswahlrechten in den Anhang verlagert werden,
  • Bilanz- und Erfolgsrechnung sowie die weiteren Rechenwerke trotz Beachtung der gesetzlichen Vorschriften kein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild liefern.[2]

Zusätzlich zu den Pflicht- und Wahlpflichtangaben können im Anhang weitere freiwillige Informationen geboten werden. Dem Anhang kommen eine Erläuterungs-, Entlastungs-, Ergänzungs- und Korrekturfunktionen zu.[3]

§ 288 HGB gewährt größenabhängige Befreiungen von einzelnen Pflichtangaben für kleine und mittelgroße Gesellschaften i. S. d. § 267 Abs. 1 und 2 HGB. Das Wahlrecht umfasst sowohl teilweise Befreiungen von der Berichterstattung als auch einen teilweise eingeschränkten Berichtumfang. Darüber hinaus können nach § 286 HGB Angaben im Anhang auch unterlassen werden.

 

Rz. 46a

Zusätzlich zu den bestehenden Erleichterungen gem. § 288 HGB brauchen Kleinstgesellschaften i. S. d. § 267a HGB keine Anhangangaben zu machen, sofern die in § 264 Abs. 1 Satz 5 HGB genannten Angaben unter der Bilanz gemacht werden:[4]

  • Gesamtbetrag der Haftungsverhältnisse gem. § 251 HGB und § 268 Abs. 7 HGB. Dazu zählen:

    • Verbindlichkeiten aus der Begebung und Übertragung von Wechseln, aus Bürgschaften einschl. Wechsel- und Scheckbürgschaften und aus Gewährleistungsverträgen;
    • Bestellung von Sicherheiten für fremde Verbindlichkeiten;
  • Angaben zu Vorschüssen, Krediten etc. an Organmitglieder, betreffend Zinssätze, wesentliche Bedingungen und ggf. Tilgungsbeträge des Geschäftsjahres, getrennt für jede Personengruppe (Mitglieder im Verwaltungs-, Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgan) gem. § 285 Nr. 9 Buchst. c HGB;
  • Im Falle einer AG oder KGaA die Angaben des § 160 Abs. 3 Satz 2 AktG.

Darüber hinaus sind zur Erfüllung der Generalnorm (true and fair view) gem. § 264 Abs. 2 Satz 2 HGB zusätzliche Angaben unter der Bilanz notwendig, wenn die o. g. Erleichterungen gem. § 264 Abs. 1 Satz 5 HGB in Anspruch genommen werden.[5] Allerdings gilt die Vermutung, dass ein unter Berücksichtigung der Erleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften aufgestellter Jahresabschluss der unter Beachtung der GoB geforderten tatsachengemäßen Darstellung entspricht.[6] Die Vermutungsäußerung wird kritisiert, weil der sog. Generalnorm durch den fast vollständigen Wegfall aller Anhangangaben nicht mehr entsprochen werden kann.[7] Dennoch sind nur zusätzliche Angaben zu machen, wenn diese Vermutungsklausel in äußerst seltenen Ausnahmefällen nicht greift, z. B. Angaben zu sog. Altzusagen nach Art. 28 EGHGB.[8]

[3] Vgl. z. B. Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, 2019, S. 697 f.
[7] Vgl. Haller/Groß, DB 2012, S. 2413.
[8] Vgl. Zwirner, StuB 2012, S. 780.

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