Rz. 1599

Ist eine Mehrheitsklausel in der Satzung vorhanden und wird kein einstimmiger Zustimmungsbeschluss gefasst, gilt außerdem: Gem. § 305 Abs. 1 AktG analog muss der Beherrschungsvertrag die Verpflichtung des Vertragspartners enthalten, auf Verlangen des außenstehenden Gesellschafters dessen Geschäftsanteile gegen eine im Vertrag bestimmte angemessene Abfindung zu erwerben. Hintergrund dieses Rechts, aus der Gesellschaft gegen Abfindung auszusteigen, ist, dass die Ausgleichszahlung gem. § 304 AktG nur die Vermögensnachteile, nicht jedoch die Beeinträchtigung der Verwaltungsrechte kompensieren kann.[1]

 

Rz. 1600

Als Abfindung ist im GmbH-Konzern gem. § 305 Abs. 2 Nr. 3 AktG analog im Regelfall eine Barabfindung vorgesehen. Gemäß § 305 Abs. 3 Satz 2 AktG analog ist bei der Bewertung des Unternehmens, welche der Berechnung der Höhe der Barabfindung zugrunde gelegt wird, auf den Zeitpunkt des Zustimmungsbeschlusses der Untergesellschaft abzustellen. Die Bewertung des Unternehmens der Untergesellschaft erfolgt nach den gleichen Grundsätzen wie bei der Abfindung in Geschäftsanteilen und somit in der Regel nach dem Ertragswertverfahren.[2] Danach wird errechnet, welche Überschüsse dem Unternehmen zukünftig zufließen werden, wobei der Liquidationswert des Unternehmens die Untergrenze darstellt; die finanziellen Überschüsse werden mit dem Kapitalisierungszinssatz auf den Bewertungsstichtag abgezinst.[3] Die der Berechnung zugrundeliegende Unternehmensplanung ist dabei nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar.[4]

 

Rz. 1601

Umstritten ist, ob und in welchen Fällen den Gesellschaftern – statt einer Barabfindung oder zusätzlich zur Barabfindung – eine Abfindung in Anteilen der Obergesellschaft (im Fall des § 305 Abs. 2 Nr. 1 AktG analog) oder in Anteilen derjenigen Gesellschaft, die die Obergesellschaft beherrscht (im Fall des § 305 Abs. 2 Nr. 2 AktG analog), zu gewähren ist. Ist die Obergesellschaft eine unabhängige AG, ist nach herrschender Meinung ausschließlich eine Abfindung in Aktien dieser AG zu gewähren (§ 305 Abs. 2 Nr. 1 AktG analog);[5] ist die Obergesellschaft hingegen eine abhängige AG oder hat die Obergesellschaft eine andere Rechtsform, wird die Auffassung vertreten, dem außenstehenden Gesellschafter sollte ein Wahlrecht zwischen Barabfindung und Abfindung in Anteilen der Obergesellschaft gewährt werden.[6] Angesichts dieses Meinungsstandes ist es in der Praxis der sicherste Weg, den Gesellschaftern immer ein solches Wahlrecht zu gewähren.

 

Rz. 1602

Die Anteile sind analog § 305 Abs. 3 Satz 1 AktG in dem Verhältnis anzubieten, in dem bei einer Verschmelzung auf einen Anteil der Gesellschaft Anteile der anderen Gesellschaft zu gewähren wären. In der Praxis scheitert ein reiner Anteilsumtausch regelmäßig daran, dass sich aus den Unternehmensbewertungen kein "glattes" Umtauschverhältnis ergibt. Gemäß § 305 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. AktG dürfen daher Spitzenbeträge durch bare Zuzahlung der Obergesellschaft (nicht jedoch durch eine Verpflichtung der Aktionäre) ausgeglichen werden. Ist – wie zumeist in der Praxis üblich – eine bedingte Kapitalerhöhung beabsichtigt, um die Abfindung gewähren zu können, so ist die Obergesellschaft im Falle der AG verpflichtet, die auszugebenden Aktien so zu stückeln, dass eine bare Zuzahlung möglichst vermieden wird.[7] Diese Anforderung gilt entsprechend, wenn die Obergesellschaft eine GmbH oder eine andere Rechtsform ist.

 

Kapitalerhöhung zur Durchführung der Abfindung

Ergibt eine Bewertung von zwei beteiligten GmbHs ein Umtauschverhältnis von 5:3, wonach den Gesellschaftern der Untergesellschaft jeweils für fünf Geschäftsanteile drei Geschäftsanteile (Nennwert: 50 EUR; Gesamtnennwert: 150 EUR) der Obergesellschaft zu gewähren sind, so müsste den Gesellschaftern, deren gehaltene Geschäftsanteile im gesamten Nennwert nicht durch drei teilbar sind, ein Spitzenausgleich gezahlt werden. Stattdessen ist die Obergesellschaft im Falle einer Kapitalerhöhung verpflichtet, neue Anteile z. B. zum Nennwert von 30 EUR auszugeben, um auf diese Weise die Anteile 1:1 tauschen zu können.

 

Rz. 1603

Unabhängig davon, ob der Vertrag keine oder (nur) eine zu niedrige Abfindung vorsieht, ist er gem. § 305 Abs. 5 Satz 2 AktG analog nicht nichtig,[8] sondern das Gericht bestimmt gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 SpruchG nach zutreffender, aber noch umstrittener Ansicht[9] auf Antrag des Gesellschafters die Höhe der vertraglich zu gewährenden Abfindung (sog. "Spruchverfahren").

[1] Koppensteiner, in KK-AktG, § 305 Rn. 5.
[2] OLG München, Beschluss v. 17.7.2007, 31 Wx 060/06, AG 2008 S. 28, 29 m. w. N.; Koch, in Hüffer/Koch, AktG, § 305 Rn. 24 ff.
[3] Näher geregelt ist das Ertragswertverfahren im IDW-Standard S 1 "Grundzüge zur Durchführung von Unternehmensbewertungen" des Hauptfachausschusses des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V., Stand: 2.4.2008, abgedruckt in WPg Supplement 3/2008, S. 68 ff.; vgl. auch www.idw.de; s. dazu Wagner/Saur/Willershausen, WPg 2008, S. 73 ff. und Wagner/Jonas/Ballwieser/Tschöp...

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