Rz. 548

Das GmbH-Recht erfordert eine förmliche Beschlussfeststellung nur, wenn dies im Gesellschaftsvertrag gefordert ist.[1] Der Versammlungsleiter hat in diesen Fällen die Aufgabe, das zahlenmäßige Abstimmungsergebnis wiederzugeben, das sich daraus ergebende Beschlussergebnis festzustellen und zu verkünden. Die Beschlussfeststellung beinhaltet die rechtliche Würdigung des zahlenmäßigen Ergebnisses, also die Aussage, ob ein Beschlussantrag angenommen oder abgelehnt ist. Dabei beurteilt der Versammlungsleiter

  • die Einhaltung der jeweils erforderlichen Beschlussmehrheiten;
  • das Vorliegen von Stimmverboten nach § 47 Abs. 4 GmbHG und
  • die Rechtmäßigkeit der Stimmausübungen, insb. in Fällen treuwidriger Stimmausübung.[2]
 

Rz. 549

Die Beschlussfeststellung muss, sofern sie überhaupt vorgesehen ist, ausdrücklich[3] erfolgen, etwa in der Weise, dass ein Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit zustande gekommen ist (oder nicht) bzw. dass der Beschlussvorschlag angenommen wurde (oder nicht). Die Mitteilung des rechnerischen Abstimmungsergebnisses genügt nicht. Die Feststellung hat zweierlei Wirkungen:

  • Mit der Beschlussfeststellung kommt der Beschluss im Rechtssinne zustande.
  • Die Feststellung bestimmt den Inhalt des Beschlusses und damit die Grundlage für etwaige Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklagen.
 

Rz. 550

Stellt der Versammlungsleiter nach der Beschlussfeststellung – aber noch in der Gesellschafterversammlung – fest, dass die Feststellung falsch war, etwa weil er sich verzählt, versehentlich Stimmverbote nicht berücksichtigt oder Mehrheitserfordernisse falsch beurteilt hat, kann und muss er den betreffenden Antrag erneut zur Abstimmung stellen.[4] Nach dem Ende der Gesellschafterversammlung kann der – falsch – festgestellte Beschluss nur durch Anfechtung aus der Welt geschafft werden.[5]

 

Rz. 551

Sofern der Gesellschaftsvertrag keine förmliche Beschlussfeststellung vorsieht, ist eine solche bei Einverständnis aller Anwesenden dennoch wirksam. Dasselbe gilt auch ohne Grundlage in der Satzung, wenn der Versammlungsleiter mit allseitigem Einverständnis tätig wird und die Feststellung ohne Widerspruch bleibt.[6] Sofern ausnahmsweise niemand die Versammlung leitet, kann auch die Unterzeichnung eines den Beschlussinhalt wiedergebenden Protokolls durch den Geschäftsführer und die anschließende widerspruchslose Kenntnisnahme durch alle Gesellschafter als förmliche Beschlussfeststellung aufzufassen sein.[7]

[1] Drescher, in MüKo GmbHG, § 47 Rn. 54.
[2] S. zur Treuepflicht bei der Stimmabgabe auch Rn. 351, 528.
[3] Eine konkludente Beschlussfeststellung ist generell abzulehnen, vgl. Römermann in Michalski, § 47 Rn. 591 f.; Konkludente Beschlussfeststellung kommt nur bei Ein-Personen-GmbH oder Einstimmigkeit in Betracht, wenn eine ausdrückliche Feststellung bloße Förmelei wäre, s. BayObLG, Beschluss v. 16.11.1972, BReg 2 Z 74/72, NJW 1973 S. 250 [zur AG].
[4] Ebenso Koch, in Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rn. 49 m. w. N. [zur AG].
[5] Ist danach eine erneute Gesellschafterversammlung erforderlich, kommen (bezüglich der damit verbundenen Kosten) Schadensersatzansprüche gegen den Versammlungsleiter in Betracht: Spindler, in K. Schmidt/Lutter, AktG, § 136 Rn. 34 [zur AG]. Ergänzend, auch zur D&O-Versicherung, vgl. von der Linden, NZG 2013, S. 208, 212, mit teilw. abl. Anm. Mutter, AG-Report 2013, R161 [zur AG].
[6] Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, Anh. § 47 Rn. 120.
[7] BGH, Urteil v. 11.2.2008, II ZR 187/06, GmbHR 2008, S. 426, 427; Seibt, in Scholz, § 48 Rn. 53.

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