4.1 Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht

4.1.1 Gesellschafter

 

Rz. 462

Jedem Gesellschafter[1] steht das Recht auf Teilnahme an der Gesellschafterversammlung zu. Das Teilnahmerecht umfasst das Recht auf Anwesenheit und auf Mitberatung, insb. das Recht, Fragen und Anträge zu stellen und sich zu den Gegenständen der Tagesordnung zu äußern. Das Recht auf Teilnahme geht weiter als das Stimmrecht. Auch ein Gesellschafter ohne Stimmrecht[2] ist berechtigt, an der Gesellschafterversammlung teilzunehmen. Die Satzung darf das Teilnahmerecht nicht einschränken. Überspannte Sicherheitskontrollen (Durchsuchungen, Taschenkontrollen) stellen eine unzulässige Beeinträchtigung des Teilnahmerechts dar.[3]

 

Rz. 463

Steht ein Geschäftsanteil mehreren Personen gemeinschaftlich zu (insb. im Fall einer Erbengemeinschaft), können die Mitberechtigten gem. § 18 Abs. 1 GmbHG ihre Rechte nur gemeinschaftlich d. h. alle zusammen, ausüben. Haben die Mitberechtigten einen gemeinschaftlichen Vertreter bestimmt, so steht nur diesem ein Teilnahmerecht zu.[4] Zulässig ist auch eine Regelung im Gesellschaftsvertrag, die bestimmt, dass mehrere Mitberechtigte eines Geschäftsanteils zur Ausübung ihrer Rechte einen Vertreter zu bestimmen haben; in diesen Fällen kann den restlichen Mitberechtigten die Teilnahme versagt werden. Ansonsten sind alle Mitberechtigten zur Teilnahme an der Gesellschafterversammlung berechtigt.

 

Rz. 464

Einem Gesellschafter, der die Rechte aus seinem Geschäftsanteil gar nicht ausüben darf, steht kein Teilnahmerecht zu, beispielsweise dann, wenn es sich um eigene Geschäftsanteile der GmbH (§ 33 GmbHG) handelt.

[1] Bei einem Treuhandverhältnis ist der Treuhänder (nicht der Treugeber) teilnahmeberechtigt, beim Nießbrauch kommt es darauf an, ob sich der Nießbrauch nur auf die Vermögensrechte oder auch auf die Mitwirkungsrechte erstreckt.
[2] Z. B. Inhaber stimmrechtsloser Geschäftsanteile oder Inhaber nicht voll eingezahlter Geschäftsanteile oder Gesellschafter mit Stimmverbot.
[4] Römermann, in Römermann, MünchAnwHdb, GmbH-Recht, § 15 Rn. 87.

4.1.2 Organe der Gesellschaft

 

Rz. 465

Geschäftsführer haben kein eigenes Recht auf Teilnahme an Gesellschafterversammlungen; sie können aber durch Gesellschafterbeschluss oder entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag zugelassen werden.

 

Rz. 466

Das Gleiche gilt für Mitglieder eines fakultativen Aufsichtsrates. Anders liegt es indes bei einer GmbH, die den Regelungen der Arbeitnehmermitbestimmung unterliegt. Alle Mitglieder des obligatorischen Aufsichtsrats sind zur Teilnahme an der Gesellschafterversammlung berechtigt und verpflichtet (§ 1 Abs. 1 Nr. DrittelbG und § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG i. V. m. § 118 Abs. 3 Satz 1 AktG).[1] Sanktionen werden an die Nichtteilnahme allerdings kaum geknüpft: Beschlüsse sind uneingeschränkt wirksam, auch wenn – an sich dazu verpflichtete – Organmitglieder unentschuldigt nicht an der Versammlung teilgenommen haben. Eher theoretischer Natur sind auch Schadensersatzpflichten gem. § 52 Abs. 1 GmbHG i. V. m. § 116 AktG oder die vorzeitige Abberufung durch die Gesellschafterversammlung. In Betracht kommt hingegen die Verweigerung der Entlastung, wenn ein Organmitglied mehrfach unentschuldigt nicht an Gesellschafterversammlungen teilnimmt.

 

Rz. 467

Ehemalige Geschäftsführer, Ersatzmitglieder des Aufsichtsrats und zur Wahl vorgeschlagene Kandidaten für ein Aufsichtsratsamt können als Gäste zugelassen werden. Die Entscheidung darüber trifft die Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit. Im Gesellschaftsvertrag kann die Entscheidungsbefugnis auch dem Versammlungsleiter übertragen werden. Ausgeschiedene Mitglieder von Geschäftsführung und ggf. Aufsichtsrat können zur Teilnahme an einer Gesellschafterversammlung verpflichtet werden, wenn sich die Gesellschafterversammlung mit Ereignissen aus der früheren Amtszeit beschäftigt und die früheren Organmitglieder zur Aufklärung beitragen können.[2]

[1] Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, § 48 Rn. 11.
[2] Nachwirkung des Organ- bzw. Anstellungsverhältnisses, s. dazu Spindler, in Schmidt/Lutter, AktG, § 118 Rn. 39 [zur AG].

4.1.3 Bevollmächtigte und Beistände

 

Rz. 468

Die Gesellschafter können sich in der Gesellschafterversammlung vertreten lassen, ihr Teilnahmerecht also Dritten überlassen.[1] Hält ein Gesellschafter mehrere Geschäftsanteile, kann ihm – auch ohne entsprechende Regelung in der Satzung – untersagt werden, mehr als einen Stimmrechtsvertreter in die Gesellschafterversammlung zu entsenden. Denn anderenfalls bestünde die Gefahr, dass sich die Zahl der Teilnehmer an einer Gesellschafterversammlung ohne Grund vervielfältigt.[2] Streitig ist, ob juristische Personen als Gesellschafter nur einen Vertreter in die Gesellschafterversammlung entsenden dürfen, selbst wenn mehrere gesetzliche Vertreter nur gesamtvertretungsberechtigt sind; folgt man dieser Auffassung, müsste sich der (gesamtvertretungsberechtigte) Vertreter entsprechend ermächtigen lassen.[3] Vorsorglich sollte in der Einberufung darauf hingewiesen oder ein weiterer gesetzlicher Vertreter zugelasse...

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