Personalarbeit ist kein homogenes Arbeitsfeld

Der Begriff "Personalarbeit" legt nahe, dass es sich um ein homogenes Arbeitsfeld handelt, das gewissen Grundregeln folgt. Somit sollte auch das Controlling einheitlich aufzubauen und durchzuführen sein. Dies ist irreführend. In der Personalarbeit gibt es zwei sehr unterschiedliche Welten. Regeln und Methoden der einen Welt sind wenig hilfreich bis kontraproduktiv in der anderen Welt.

Die zwei Welten der Personalarbeit

Abb. 1: Die Welt der Administration und die der Wertschöpfung in der Personalarbeit

1.2.1 Verschiedene Daten in der Personalarbeit

100-%-­Abdeckung und Korrektheit bei harten Daten

Es gibt in der Personalarbeit unterschiedliche Daten und Prozesse. Ein Großteil der seit jeher von der Personalabteilung durchgeführten Arbeiten beschäftigt sich mit harten Daten wie Löhnen, Kosten, Zeiten und ähnlichen, meist finanziellen Größen. In diesem Bereich ist eine vollständige Abdeckung notwendig. So ist für 100 % der Mitarbeiter eine Lohnabrechnung durchzuführen, man kann sich nicht auf die wichtigsten 20 % konzentrieren. Es sind 100 % der Lohnbestandteile zu verarbeiten und man kann sich nicht auf die wesentlichen beschränken. Dies gilt auch für andere Personalkosten, für die Zeit- und Abwesenheitserfassung sowie ähnliche Daten. Zusätzlich müssen alle Ergebnisse zu 100 % korrekt sein – ein "gut genug" oder "ungefähr richtig" genügt nicht.

Anders verhält es sich mit den weichen Daten der Personalarbeit. Dazu gehören beispielsweise:

  • Bewerbermanagement und Onboarding[1]
  • Mitarbeitergespräche (Zielvereinbarung und Beurteilung)
  • Personalentwicklung und Kompetenzmanagement
  • Aus- und Weiterbildung
  • Laufbahn- und Nachfolgeplanung
  • Wissensmanagement und Unternehmensnetzwerke

80:20 als notwendiges Erfolgsrezept bei weichen Daten

Denken wir beispielsweise an die Gewinnung neuer Mitarbeiter. Es macht keinen Sinn, dass die Personalverantwortlichen alle vorhandenen Informationen eines jeden Bewerbers verarbeiten. Es ist viel wichtiger, sich in einem ersten Schritt möglichst früh auf die vielversprechendsten Bewerber zu konzentrieren, und auch dort nur auf die wesentlichen Kriterien für die Vorauswahl. Es gibt auch keine exakte und richtige Entscheidung für einen Bewerber. In der Entwicklung und dem Management von Kompetenzen sollte man nicht alle Kompetenzen aller Mitarbeiter wie in einem Lagerbewirtschaftungssystem erfassen und messen – sondern man sollte sich auf die zentralen und erfolgskritischen Kompetenzen fokussieren. In diesen und vielen anderen Bereichen der wertschöpfenden Personalarbeit ist ein 80:20-Ansatz nicht nur möglich, sondern sogar notwendig für den Erfolg der Arbeit.

Der 80:20-Ansatz

Abb. 2: Mit 20 % des möglichen Aufwandes erzielt man 80 % des möglichen Nutzens.

20 % des Aufwands für 80 % des Nutzens

Der Aufwand der Einrichtung und Durchführung von Prozessen nimmt zu, je genauer, vollständiger, exakter, standardisierter und objektiver man diese durchführen will. Der Nutzen jedoch verhält sich anders. Ohne einen Prozess hat man keinen Nutzen. Schon ein sehr einfacher Prozess und eine einfache Lösung erzielen einen großen Nutzengewinn. Je mehr man nun eine 100-%-Lösung anstrebt, desto weniger nimmt der Nutzen weiter zu. In den Prozessen der Lohnabrechnung oder ähnlicher "harter" Prozesse kann man nicht beliebig entscheiden, wie weit man gehen will. Hier sind 100-%-Lösungen zwingend notwendig und man muss den entsprechenden Aufwand in Kauf nehmen. In weichen, wertschöpfenden Themen ist es jedoch nicht nur möglich, sondern sogar erforderlich, sich auf die wesentlichen Aspekte zu beschränken. Das Optimum liegt dort, wo man mit einer Stunde Aufwand mehr als eine Stunde Ertrag erzielt. Dies liegt in etwa bei 20 % des möglichen Aufwandes. Natürlich ließe sich der Nutzen noch weiter erhöhen, aber nur mit überproportional viel Aufwand. Das Streben nach exakten und objektiven Ergebnissen führt häufig zu aufwendigen und komplexen Prozessen, die am Schluss dennoch nicht das gewünschte Ergebnis erzielen.

[1] Die Einführung neuer Mitarbeiter.

1.2.2 Verschiedene Beteiligte in der Personalarbeit

Effizienz für HR-Experten, Einfachheit für die Linien­organisation

Die Personalarbeit findet nicht nur in der Personalabteilung statt. Es gibt Prozesse, die vor allem in der Linie verantwortet werden, wie beispielsweise die Beurteilung von Mitarbeitern, die Entscheidung bezüglich Entwicklungsmaßnahmen oder die Nominierung von Kandidaten für Karriereschritte. Andere Prozesse werden in der Personalabteilung durchgeführt, wie beispielsweise die Lohnabrechnung oder die Führung von Urlaubskonten. Für Experten der Personalabteilung müssen Prozesse und Systeme möglichst effizient organisiert sein. Die Verwendung von Automatismen und komplexen Systemen, die eine Einarbeitung und Lernkurve voraussetzen, sind sinnvoll und notwendig, um die notwendige Effizienz zu erzielen. Mitarbeiter in der Linienorganisation andererseits führen die von ihnen verantworteten Personalprozesse nicht tagtäglich durch. Deshalb müssen diese möglichst einfach organisiert und durch einfache Systeme unterstützt werden.

 
Praxis-...

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