Rz. 95

Während sich die Anpassung von Standardsoftware an geänderte technische oder inhaltliche Rahmenbedingungen regelmäßig in Form fertiger Updates und Upgrades vollzieht, erfordert die Umgestaltung von Individualsoftware häufig erheblichen, durch eigene Mitarbeiter oder Dritte ausgelösten Aufwand für Programmierarbeiten. Solche Maßnahmen sind jedoch auch bei angeschaffter (variabler) Standardsoftware denkbar. Hierbei stellt sich die Frage, ob es sich um Erhaltungs- oder Herstellungsaufwand handelt. Diese Frage ist – ebenso wie bei der Hardware – anhand der allgemeinen Kriterien zu beantworten. Danach liegt Herstellungsaufwand vor, wenn die Umgestaltung

  • zur Herstellung eines neuen Vermögensgegenstands führt (Wesensänderung),
  • zur Erweiterung der Substanz des bestehenden Vermögensgegenstands führt (Modifikation) oder
  • den bestehenden Vermögensgegenstand über den ursprünglichen Zustand hinaus wesentlich verbessert (Modifikation).

Sofern nicht gänzlich neue Vermögensgegenstände bzw. Wirtschaftsgüter geschaffen wurden, sondern Aufwendungen in Bezug auf einen bereits existierenden Vermögensgegenstand bzw. ein bereits existierendes Wirtschaftsgut anfallen, sind die Aufwendungen sowohl bei dem ursprünglichen Wertmaßstab "Anschaffungskosten" als auch bei dem der "Herstellungskosten" als nachträgliche Herstellungskosten zu klassifizieren. Dies gilt dann, wenn die hier in Rede stehenden Aufwendungen in künftigen Perioden einen erweiterten bzw. neuen "Nutzenvorrat" darstellen, der zum Zweck der Erfolgsabgrenzung zunächst zu aktivieren und schließlich (zukünftig) erfolgswirksam zu verrechnen ist.[1]

 

Rz. 96

Die Herstellung eines neuen Vermögensgegenstands als Folge von Modernisierungsmaßnahmen setzt allgemein voraus, dass Bestandteile des ursprünglichen Vermögensgegenstands verwendet werden. Dies kann dann der Fall sein, wenn die Software entweder nicht mehr gebrauchsfähig war oder ihren betrieblichen Zweck verloren hat. Insofern liegt eine Wesensänderung vor. Führt die Wesensänderung einer bestehenden aktivierten Software zur Entstehung einer neuen Software und trägt das bilanzierende Unternehmen das Herstellungsrisiko, besteht handelsrechtlich das Aktivierungswahlrecht gem. § 248 Abs. 2 HGB für die Aufwendungen für die neue Software.[2] Hierbei ist jedoch wiederum das Stetigkeitsprinzip zu beachten. Steuerlich besteht insgesamt ein Aktivierungsverbot gem. § 5 Abs. 2 EStG. Sofern ein Dritter das Herstellungsrisiko trägt, besteht sowohl handelsrechtlich als auch steuerlich im Rahmen des Anschaffungsvorgangs eine Aktivierungspflicht für die neue Software. Die Restbuchwerte der ursprünglichen Software sind entsprechend zu berücksichtigen, weil die ursprüngliche Software in die neue Software eingeht. Die (zukünftige) Nutzungsdauer für die neue Software ist unter Berücksichtigung des Vorsichtsprinzip festzulegen.

 

Rz. 97

Ob Software in ihrer Substanz erweitert oder lediglich erhalten wird, lässt sich nur schwer bestimmen. Von einer Substanzmehrung i. S. einer Modifikation der ursprünglichen Software ist nach allgemeinen Kriterien auszugehen, wenn die Software um zusätzliche Funktionen ergänzt wird, indem beispielsweise ein Programm zur Auftragsbearbeitung um Erfassungsmöglichkeiten für Artikelstammdatensätze erweitert wird oder ein Buchhaltungsprogramm mehr Konten als zuvor verwalten kann bzw. sich mit diesem nunmehr ein zusätzlicher Regelungskreis (z. B. IFRS) verbuchen lässt.[3]

Ein Fall der Substanzerhaltung liegt hingegen vor, wenn beispielsweise ein Lohnabrechnungsprogramm an eine geänderte Rechtslage angepasst wird.[4]

 

Rz. 98

Eine Verbesserung von Software i. S.e. Modifikation der ursprünglichen Software ist anzunehmen, wenn identische Aufgaben nach der Umgestaltung besser als zuvor bewerkstelligt werden können. Hiervon geht Beater aus, wenn Präzision und Genauigkeit, Geschwindigkeit oder Bedienungskomfort eines Programms erhöht werden.[5] Grundsätzlich müssen für diese Annahme die technischen Eigenschaften der Software deutlich weiterentwickelt worden sein.

 

Rz. 99

Aufwendungen für die Erweiterung bzw. Verbesserung einer erworbenen Software (Modifikationen) sind handelsrechtlich sowie steuerlich als nachträgliche Herstellungskosten zu aktivieren.[6] Sofern sich solche Aufwendungen auf aktivierte selbst geschaffene Software beziehen, sind diese handelsrechtlich unter Beachtung der Ansatzstetigkeit gem. § 246 Abs. 3 HGB als nachträgliche Herstellungskosten zu aktivieren. Schließlich entsteht durch die Erweiterung bzw. Verbesserung kein neuer Vermögensgegenstand. Die Aufwendungen sind zu aktivieren, wenn der zugrunde liegende immaterielle Vermögensgegenstand aktiviert wurde.[7] Nach der Durchführung der Aktivierung sollte die Nutzungsdauer unter Berücksichtigung des Vorsichtsprinzip festgelegt werden. Steuerlich liegt ein Aktivierungsverbot gem. § 5 Abs. 2 EStG vor. Wurde hingegen die selbst geschaffene Software nicht aktiviert, dürfen die identifizierten Aufwendungen für die Erweiterung oder Verbesserung nicht aktiviert werden.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge