OFD Frankfurt, 24.06.1998, InvZ 1010 A - 5 - St II 24

Ein Wirtschaftsgut ist in dem Zeitpunkt geliefert bzw. angeschafft (die beiden Begriffe Lieferung und Anschaffung haben gem. § 9 a EStDV ertragsteuerlich die gleiche Bedeutung), in dem der Erwerber nach dem Willen der Vertragsparteien darüber wirtschaftlich verfügen kann (vgl. Rdn. 15 Sätze 1 bis 3 des BMF-Schreibens vom 28.8.1991 (BStBl 1991 I S. 768). Investitionszulagenrechtlich ist jedoch hinsichtlich des Zeitpunkts der Anschaffung zusätzlich auf die Einsatzmöglichkeit des Wirtschaftsguts in dem Betrieb des Anspruchsberechtigten, mithin auf den Zeitpunkt der Betriebsbereitschaft abzustellen (vgl. Rdn. 15 Sätze 4 und 5 des BMF-Schreibens vom 28.8.1991, a.a.O.). Wirtschaftsgüter, deren Einsatz einer behördlichen Genehmigung bedürfen, sind erst mit Erteilung der Genehmigung angeschafft (vgl. Rdn. 15 Satz 7 des BMF-Schreibens vom 28.8.1991, a.a.O.).

Der BFH hat inzwischen in seinen Urteilen vom 25.9.1996, III R 112/95 (BStBl 1998 II S. 70) und vom 19.6.1997, III R 111/95 (BStBl 1998 II S. 72) abweichend von der vorstehend dargestellten Verwaltungsauffassung entschieden, ein Wirtschaftsgut sei betriebsbereit und somit bereits angeschafft, wenn es zwar noch nicht in jeder Hinsicht unmittelbar einsatzbereit sei, aber am Stichtag nur noch unwesentliche Maßnahmen zur Herstellung der vollständigen Einsatzbereitschaft ausständen, die innerhalb kurzer Zeit nachgeholt werden könnten. Dies gelte jedoch nur unter der Voraussetzung, daß von dem Wirtschaftsgut zu diesem Zeitpunkt bereits – die vom Gesetzgeber mit dem InvZulG bezweckten – Umsatz- oder Beschäftigungsimpulse für den Betrieb des Investors ausgehen könnten, d.h. das Wirtschaftsgut in die betrieblichen Abläufe eingeplant werden könne (z.B. Berücksichtigung eines Lkw bei der Annahme von Fuhraufträgen und dem Aufstellen der Einsatzpläne der Fahrer). Ein Wirtschaftsgut, dessen tatsächliche Inbetriebnahme eine öffentlich-rechtliche Erlaubnis oder Genehmigung voraussetze, sei daher bereits vor Erteilung der Erlaubnis oder Genehmigung betriebsbereit, wenn diese bei entsprechender Antragstellung von der zuständigen Behörde sofort (innerhalb eines kurzfristigen, angemessenen Zeitraums) erlangt werden könne. Bei Kfz sei daher das Fehlen der behördlichen Zulassung gem. § 18 Abs. 1 StVZO am Stichtag für die Frage der Betriebsbereitschaft ohne Bedeutung, wenn zumindest eine Allgemeine Betriebserlaubnis gem. § 20 StVZO oder ein dieser Allgemeinen Betriebserlaubnis rechtlich gleichgestelltes Gutachten des amtlichen Sachverständigen gem. § 21 StVZO existiere und die Zulassung vom Investor unverzüglich – ohne schuldhafte Verzögerung – bei der zuständigen Behörde (amtliche Zulassungsstelle) beantragt worden sei. Liege jedoch weder die behördliche Zulassung nach § 18 Abs. 1 StVZO noch eine Allgemeine Betriebserlaubnis nach § 20 StVZO oder ein Gutachten durch den amtlichen Sachverständigen nach § 21 StVZO vor, sei ein Kfz noch nicht betriebsbereit.

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der anderen Länder gilt für die Anwendung der o.a. Urteile vom 25.9.1996 und 19.6.1997 folgendes: Die Entscheidungen des BFH vom 25.9.1996 und 19.6.1997 betreffen nur Sachverhalte, bei denen die Erteilung der behördlichen Erlaubnis oder Genehmigung keinen Ermessensakt, sondern gebundenes Verwaltungshandeln darstellt und somit im wesentlichen als eine Formsache anzusehen ist. Die zuständige Behörde hat insoweit keinen eigenen sachlichen Prüfungsspielraum. Sie hat die behördliche Erlaubnis oder Genehmigung zu erteilen, wenn deren gesetzliche Voraussetzungen erfüllt sind. Insbesondere die Zulassung eines Kfz stellt gebundenes Verwaltungshandeln der Zulassungsbehörde dar. Die in den beiden BFH-Urteilen vom 25.9.1996 und 19.6.1997 aufgestellten Grundsätze über den Begriff der Betriebsbereitschaft im InvZul-Recht sind deshalb für die Beurteilung der Einsatzbereitschaft bei anderen Wirtschaftsgütern als Kfz, deren Einsatz einer behördlichen Genehmigung bedarf, nicht ohne weiteres heranzuziehen. Stellt die Erteilung der behördlichen Erlaubnis oder Genehmigung damit gebundenes Verwaltungshandeln dar, ist Rdn. 15 des BMF-Schreibens vom 28.8.1991 (; a.a.O.) nicht mehr anzuwenden. In allen anderen Steuerfällen sind die Grundsätze der Rdn. 15 des BMF-Schreibens vom 28.8.1991 (; a.a.O.) weiterhin zu beachten, so daß ein Wirtschaftsgut, dessen Einsatz einer behördlichen Genehmigung bedarf, erst mit Erteilung der Genehmigung angeschafft ist.

Auf die BFH-Urteile vom 25.9.1996 und 19.6.1997 wird im Einkommensteuerhandbuch in einer Fußnote zu Rdn. 15 des BMF-Schreibens vom 28.8.1991 (; a.a.O.) verwiesen werden.

 

Normenkette

InvZulG Vor § 1

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