Rz. 89

Auch die Bewertung der aufgenommenen Mengen gehört zur Inventur, denn nach § 240 Abs. 1 HGB hat der Kaufmann den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden im Inventar anzugeben. Trotzdem wird aus technischen Gründen häufig zwischen der Ermittlung des Mengengerüstes (einschließlich Qualität) und der eigentlichen Bewertung getrennt. Zu letzterer sind oft zusätzliche Informationen erforderlich, z. B. Preisnachlässe, Tagespreise, Gängigkeitsrisiken, Wechselkurse, Ausübung von Bewertungswahlrechten, die bei der Inventur vor Ort nicht vorhanden sind.

 

Rz. 90

Bei der Bewertung ist prinzipiell der Grundsatz der Einzelbewertung für jeden Vermögensgegenstand und für jede einzelne Schuld anzuwenden (GoI gem. § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB). In der Regel werden die Vermögensgegenstände mit den (ggf. fortgeführten) Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten oder dem niedrigeren beizulegenden Wert (Teilwert) und die Schulden mit ihrem Wegschaffungsbetrag bzw. abgezinsten Erfüllungsbetrag bewertet, wobei die Wertansätze meist aus der laufenden Bestandsführung übernommen werden, so dass ein wertmäßiger Vergleich zwischen Inventar und Sollbestand vorgenommen werden kann. Minderqualitäten oder Marktpreissenkungen der Vermögensgegenstände sind abzuwerten, unbrauchbar gewordene Bestände sind mit Null oder mit dem Restwert anzusetzen.

 

Rz. 91

Aus Vereinfachungsgründen sind hiervon abweichend folgende Inventur- und Bewertungsvereinfachungsverfahren im Rahmen der Inventur zugelassen:

  • Gruppenbewertung, wobei gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens sowie andere gleichartige oder annähernd gleichwertige bewegliche Vermögensgegenstände zu einer Bewertungsgruppe zusammengefasst und mit dem gewogenen Durchschnittswert (gewogenes arithmetisches Mittel) aus allen Zugängen und dem Anfangsbestand bewertet werden,[1]
  • Festbewertung, wobei regelmäßig ersetzte Vermögensgegenstände des Sachanlagevermögens sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, deren Bestand in Größe, Wert und Zusammensetzung nur geringfügig schwankt, mit einer gleichbleibenden Menge und einem gleichbleibenden Wert angesetzt werden dürfen, sofern ihr Gesamtwert für das Unternehmen von nachrangiger Bedeutung ist; außerdem ist mindestens alle 3 (handelsrechtlich) bzw. 5 (steuerrechtlich) Jahre eine körperliche Bestandsaufnahme vorzunehmen,[2]
  • Verbrauchs-/Veräußerungsfolgeverfahren, wobei für den Wertansatz gleichartiger Gegenstände des Vorratsvermögens unterstellt werden kann, dass die zuerst oder dass die zuletzt zugegangenen Vermögensgegenstände zuerst oder zuletzt abgegangen sind (§ 256 HGB, steuerlich nur Lifo[3]). Danach sind folgende Bewertungsvereinfachungsverfahren üblich, aber z. T. steuerlich nicht zulässig:

    • Lifo-Verfahren (last in – first out; Altbestände am Lager),
    • Fifo-Verfahren (first in – first out; Neuzugänge am Lager; steuerlich unzulässig).
 

Rz. 92

Die Bewertung wird im sog. Anhängeverfahren vorgenommen. Dabei erfolgt eine – insbesondere unter Berücksichtigung des Niederstwertprinzips und etwaiger Bewertungswahlrechte – Überleitung der Inventurwerte (Anschaffungs-/Herstellungskosten, Verrechnungspreise, Verkaufspreise etc.) auf die Bilanzwerte (beizulegende Werte, Teilwerte etc.). Die Unterlagen über das Anhängeverfahren gehören zu den Inventurunterlagen, die der 10-jährigen Aufbewahrungspflicht des § 257 HGB unterliegen.

 

Rz. 93

Die Überleitung des Inventars auf die Bilanz im Anhängeverfahren gilt für die Stichprobeninventur entsprechend. Der durch die Stichprobeninventur gefundene Inventurwert, der i. d. R. unter Zugrundelegung von Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten ermittelt wurde, ist unter Berücksichtigung der bestandszuverlässigen Lagerbuchführung in einem besonderen Bearbeitungsgang an die bilanzielle Bewertung anzupassen.[4]

[4] Vgl. IDW HFA 1/1981 i. d. F. 1990, WPg 1990, S. 656.

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