Für den Fall, dass ein Steuerpflichtiger, der Anteilseigner an in- oder ausländischen Anteilen i. S. d. § 17 EStG ist, aus dem Ausland zuzieht und er mit dem Zuzug eine unbeschränkte Steuerpflicht und Ansässigkeit i. S. d. Art. 4 OECD-MA begründet, enthält § 17 Abs. 2 Satz 3 und 4 EStG eine besondere Regelung der Steuerverstrickung. Anstelle der Anschaffungskosten ist für eine spätere Veräußerung bei der Gewinnermittlung der Wert zu berücksichtigen, den der Wegzugsstaat bei der Berechnung der Wegzugsteuer zugrunde gelegt hat, höchstens jedoch der gemeine Wert (sog. eingeschränkte Wertansatzverknüpfung). Voraussetzung dafür ist gem. § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG, dass dem Steuerpflichtigen die Anteile bereits im Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht i. S. d. § 1 Abs. 1 EStG zuzurechnen waren und dass der bis zu diesem Zeitpunkt entstandene Vermögenszuwachs aufgrund gesetzlicher Bestimmungen des Wegzugsstaates im Wegzugsstaat einer nach § 6 AStG vergleichbaren Steuer unterlegen hat.

Mit der Regelung soll eine doppelte Besteuerung vermieden werden, die durch die Wegzugsbesteuerung im bisherigen Wohnsitzstaat und eine Besteuerung nach § 17 EStG bei Veräußerung der Anteile nach Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht eintreten kann. Soweit stille Reserven bereits im Ausland der Besteuerung unterworfen wurden, sollen diese nicht noch einmal von § 17 EStG erfasst werden. Es erfolgt eine Aufteilung des Besteuerungsrechts, indem nur die im Inland nach dem Zuzug entstandenen stillen Reserven durch § 17 EStG erfasst werden, wenn im Ausland eine Besteuerung erfolgt ist.

Der BFH musste sich mit der Frage beschäftigen, ob der Step-Up auch möglich ist, wenn im Ausland zwar eine Steuer festzusetzen wäre, aber nicht erhoben wurde.

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Praxis-Beispiel

Kläger war ein niederländischer Staatsbürger, der im Jahr 2006 nach Deutschland zog und aufgrund dessen unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (und ansässig) wurde. Im Privatvermögen hielt er bereits zu diesem Zeitpunkt eine 100 %-ige Beteiligung an einer niederländischen BV.

Im Zeitpunkt des Wegzugs hätten die niederländischen Steuerbehörden den Besteuerungswert in einem Steuerbescheid (sog. Konservierungsbescheid) feststellen und die darauf entfallende Wegzugsteuer festsetzen müssen. Es wäre dann jedoch nicht zu einer sofortigen Besteuerung, sondern zu einer Stundung der Steuer gekommen. Nach Ablauf von 10 Jahren hätte diese Steuer erlassen werden können. Durch ein Versehen versäumten die niederländischen Finanzbehörden jedoch, eine solche Feststellung durch Konservierungsbescheid durchzuführen. Behelfsweise wurde daher in einem Schreiben der Wert bescheinigt, welcher der Besteuerung zugrunde zu legen gewesen wäre.

Nach der Veräußerung seiner Beteiligung im Jahr 2016 vertrat der Kläger die Auffassung, dass der von den niederländischen Finanzbehörden bescheinigte Wert in der Ermittlung der deutschen Einkünfte gem. § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG zu berücksichtigen sei. Das Finanzamt hingegen berücksichtigte lediglich das Stammkapital als historische Anschaffungskosten mit der Begründung, dass Voraussetzung für die Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG die tatsächliche Steuerzahlung sei.

Kernaussagen der Entscheidung des BFH sind:

[2]

  • Eine der deutschen Wegzugsteuer i. S. d. § 6 AStG vergleichbare Steuer liegt dann vor, wenn wesentliche Kernbestandteile zumindest ähnlich sind. Auf die konkrete Ausgestaltung von Tatbestandsmerkmalen für die Entstehung der ausländischen Steuer kommt es dabei jedoch nicht an.
  • Da im Rahmen der Rechtsfolge des § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG an den Entstrickungswert angeknüpft wird, ist Voraussetzung eine "Berechnung" der § 6 AStG vergleichbaren Steuer. Insoweit wird das Tatbestandsmerkmal "einer [...] Steuer unterlegen hat" in dem Sinne konkretisiert, dass zumindest ein Steuerbescheid des Wegzugsstaates mit Berechnung und Festsetzung der Steuer ergangen sein muss.
  • Die abkommensrechtliche Vorschrift des Art. 13 Abs. 6 Satz 2 DBA Niederlande 2012 steht im Einklang mit der nationalen Vorschrift § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG und erlaubt eine vollumfängliche Besteuerung durch den Ansässigkeitsstaat dann, wenn keine Besteuerung im Wegzugsstaat durchgeführt wurde.

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