Die Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2023[1] enthalten auch für die Praxis wichtige Hinweise für nachfolgende Sonderfälle.

Verlustfälle

In Verlustfällen wird die Untergrenze des Einigungsbereichs des verlagernden Unternehmens durch die zu erwartenden Verluste und durch die Schließungskosten bestimmt. Auch ein unabhängiges Unternehmen stünde vor der Alternative, die Funktion entweder mit laufenden Verlusten fortzuführen oder sie einzustellen und die Schließungskosten hinzunehmen.[2]

 
Praxis-Beispiel

Einigungsbereich in Verlustfällen

Beispiel 1:

Der Barwert der Ergebnisse aus der verlagerten Funktion beträgt -0,5 Mio. EUR, die Schließungskosten betragen 1,5 Mio. EUR. Sofern die Schließungskosten (-1,5 Mio. EUR) die zu erwartenden Verluste (-0,5 Mio. EUR) übersteigen, wird ein unabhängiges Unternehmen als Entgelt für die Übertragung der Funktion mind. den übersteigenden Betrag (1 Mio. EUR) verlangen, da ihm insoweit durch die Funktionsverlagerung zusätzliche Kosten entstehen. Als Mindestpreis sind 1 Mio. Euro anzusetzen.

Beispiel 2:

Der Barwert der Ergebnisse aus der verlagerten Funktion beträgt -2,5 Mio. EUR, die Schließungskosten betragen 1,5 Mio. EUR. Sind die Schließungskosten (-1,5 Mio. EUR) niedriger als die zu erwartenden Verluste (-2,5 Mio. EUR), kann es für ein unabhängiges Unternehmen betriebswirtschaftlich sinnvoll sein, diese Funktion einzustellen. Durch die Verlagerung der Funktion entstehen daher keine wirtschaftlichen Nachteile für das verlagernde Unternehmen. Der Mindestpreis ist mit 0 EUR anzusetzen. Ein unabhängiges Unternehmen würde gleichwohl versuchen, seine Kosten mit Hilfe der erzielbaren Erlöse für die Funktion zu mindern. Ein fremder Übernehmer kann durchaus bereit sein, ein Entgelt für das Transferpaket zu zahlen, sofern er aus der Übernahme der Funktion Gewinne erzielen kann.

Beispiel 3:

Der Barwert der Ergebnisse aus der verlagerten Funktion beträgt -2,5 Mio. EUR, die Schließungskosten aufgrund der Verlagerung betragen 1,25 Mio. EUR. Ohne Verlagerung der Funktion wären Schließungskosten von 1,75 Mio. EUR angefallen. Soweit durch die Funktionsverlagerung Schließungskosten oder zu erwartende laufende Verluste aus dieser Funktion für das verlagernde Unternehmen vermieden werden (hier: geringere Schließungskosten i. H. v. 0,5 Mio. EUR), ist dies bei der Ermittlung des Mindestpreises zu berücksichtigen. Der Mindestpreis beträgt deshalb -0,5 Mio. EUR.

Beispiel 4:

Der Barwert der Ergebnisse aus der verlagerten Funktion beträgt -1,5 Mio. EUR, die Schließungskosten aufgrund der Verlagerung 1,25 Mio. EUR. Ohne Verlagerung hätten die Schließungskosten 3 Mio. EUR betragen. Die Verlagerung (-1,25 Mio. EUR) ist die günstigere Handlungsalternative gegenüber der Weiterführung der verlustträchtigen Funktion (- 1,5 Mio. EUR). Die Schließung ohne Verlagerung (-3 Mio EUR) wäre keine ernstliche Handlungsoption. Der Mindestpreis ist in Höhe der Ersparnis mit -0,25 Mio. EUR anzusetzen.

Substitution eines technisch oder wirtschaftlich veralteten Produkts

Die Verwaltung akzeptiert einen Mindestpreis von Null EUR wenn kumulativ folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Das Produkt wird wegen eines Nachfolgeprodukts auf den bisher hauptsächlich belieferten Märkten nicht mehr abgesetzt.
  • Die Verlagerung war erforderlich, um die Produktion eines direkten Nachfolgeprodukts mit höherer Gewinnerwartung im Inland aufnehmen zu können.
  • Die für die verlagerte Produktion notwendigen immateriellen Werte, einschließlich des Prozess-Know-hows, werden nicht veräußert, sondern lizenziert.[3]

Ansatz des Liquidationswerts in Fällen des äußeren Zwangs

Wenn das verlagernde Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, die Funktion mit eigenen Mitteln auszuüben, kann nach § 6 Abs. 2 FVerlV 22 auch der Liquidationswert angesetzt werden. Dies kann nach Auffassung des BMF beispielsweise dann vorliegen, wenn ein Kunde die Verlagerung zwingend verlangt oder wenn wegen der räumlichen Entfernung zum Markt eine direkte Belieferung durch das verlagernde Unternehmen zukünftig nicht mehr sinnvoll ist. Der Liquidationswert i. S. d. § 6 Abs. 2 FVerlV ist die Differenz aus dem Liquidationserlös der übertragenen Wirtschaftsgüter und immateriellen Werte abzüglich der damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden zu tilgenden Schulden und der Schließungskosten. Der Liquidationswert kann auch negativ sein.[4]

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge