Infolge der Abschaffung des § 2a Abs. 3 und 4 EStG 1999 erstreckt sich nach Auffassung der Finanzverwaltung die Freistellungsmethode auch auf negative Einkünfte, d. h. symmetrisch zur Behandlung positiver Einkünfte. Somit ist in den Fällen des § 2a Abs. 2 EStG[1] eine Verlustberücksichtigung nur im Rahmen des negativen ESt-Progressionsvorbehalts möglich.

Seit 2004 ist allerdings unter dem Gesichtspunkt der "Europatauglichkeit" die Ungleichbehandlung von In- und Auslandsverlusten strittig. Die Rechtsprechung sowohl des EuGH als auch des BFH "schwankte" hierbei mehrmals "hin- und her" und brachte eine Vielzahl von Grundsatzentscheidungen wie "Marks & Spencer", "Lidl", "Bevola" (vgl. den Teil Rechtsgrundlagen) hervor, die allerdings alle nicht mehr maßgebend sind und daher nicht mehr erörtert werden sollen.

Von der "finalen Phase der Rechtsprechung" sollen folgende Urteile besonders hervorgehoben werden:

  1. Die EuGH-Vorlage des BFH

    [2]

  2. Die finale EUGH-Entscheidung

    [3]

    Der EuGH hat in diesem Grundsatzverfahren "W" entschieden, dass die Art. 49 und 54 AEUV einer Steuerregelung eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, nach der eine dort gebietsansässige Gesellschaft die endgültigen ("finalen") Verluste ihrer in einem anderen Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte von ihrem steuerpflichtigen Gewinn nicht abziehen kann, wenn der Ansässigkeitsmitgliedstaat aufgrund eines DBA auf seine Befugnis zur Besteuerung der Einkünfte dieser Betriebsstätte verzichtet habe. Nach Auffassung des EuGH ist im Fall der auf einem DBA beruhenden Freistellung der ausländischen Einkünfte im Sitzstaat wegen der fehlenden Besteuerungsbefugnis bei der Prüfung eines Verstoßes gegen die Niederlassungsfreiheit schon tatbestandlich eine Vergleichbarkeit mit der Behandlung reiner Inlandsfälle nicht gegeben. Der EuGH sieht bereits bei der Vorfrage der Vergleichbarkeit der Verhältnisse einen maßgeblichen Unterschied darin, ob der "symmetrische" Ausschluss der Berücksichtigung der gebietsfremden Betriebsstättengewinne und -verluste auf einer bilateralen Vereinbarung (DBA) mit dem Betriebsstättenstaat beruht oder ob der Ausschluss eine Grundlage – wie im Fall "Bevola und Jens W. Trock" – in einer (unilateralen) Entscheidung des nationalen Steuerrechts hat.

    Hinsichtlich der ergänzenden Vorlagefrage zur GewSt hat der EuGH zudem die Auffassung vertreten, dass auch der Ausschluss des Verlustabzugs bei der Ermittlung des Gewerbeertrags auf dem DBA beruht und nicht auf der Kürzungsnorm des § 9 Nr. 3 GewStG.

  3. Die Folgerechtsprechung des BFH

    [4]

    Der BFH übernimmt mit seiner Entscheidung, dass der Ausschluss der Berücksichtigung "finaler" Verluste einer in einem Mitgliedstaat gelegenen Betriebsstätte nicht gegen die Niederlassungsfreiheit verstößt, die vorgenannte ergangene EuGH-Entscheidung "W". Mit dieser hatte der EuGH die Entscheidung in der Rechtssache "Timac Agro Deutschland"[5]

    bestätigt. Die in der Literatur und FG-Rechtsprechung erhobenen Zweifel, ob aus der Entscheidung "Bevola"

    [6]

    etwas anderes abzuleiten wäre, sind damit endgültig bereinigt.

    Dies zeigt auch das zweite "Folgeurteil" des BFH:

    [7]

    Es besteht damit endgültig Rechtsklarheit und Rechtssicherheit, dass in DBA-Freistellungsfällen eine Berücksichtigung sogenannter finaler Verluste ausgeschlossen ist.

[3] EuGH, Urteil v. 22.9.2022, C-538/20, Rs. W, ABl EU 2022, Nr.C-424, S06.
[5] EuGH, Urteil v. 17.12.2015, C-388/14, Rs. Timac Agro Deutschland, ABl EU 2014, Nr. C-372, S. 5.
[6] EuGH, Urteil v. 12.6.2018, C-650/16, Rs. Bevola und Jens W. Trock, ABl EU 2018, Nr. C-276, S. 3.

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