Zusammenfassung
Für Lieferungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten existieren keine physischen Grenzkontrollen. Die Besteuerung des Warenbezugs hat daher im gewerblichen Handel im Wege der Selbstberechnung durch den Unternehmer zu erfolgen. Der innergemeinschaftliche Erwerb ist strikt an die körperliche Warenbewegung von einem Mitgliedstaat in einen anderen gebunden. Die Bemessungsgrundlage des Erwerbs und der Steuerbetrag sind in der Buchführung festzuhalten. Die ordnungsgemäße Berechnung der Erwerbsteuer ist Grundlage für ein Kontrollverfahren, das den Mitgliedstaaten einen Abgleich zwischen den innergemeinschaftlichen Lieferungen und Erwerben erlaubt.
Die für innergemeinschaftliche Erwerbe relevanten Vorschriften sind § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG, §§ 1a, 1b und 1c UStG, § 3d UStG, § 4b UStG, § 13 Nr. 6 und 7 UStG und § 13a Abs. 1 Nr. 2 UStG. Die wichtigsten Verwaltungsregelungen finden sich in den Abschn. 1a.1, 1a.2, 1b.1und 1c.1 UStAE.
1 Tatbestandsvoraussetzungen
1.1 Körperliches Gelangen in einen anderen EU-Mitgliedstaat
Gem. § 1a Abs. 1 Nr. 1 UStG ist der Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs erfüllt, wenn ein Gegenstand bei einer Lieferung an den Abnehmer (Erwerber) aus dem Gebiet eines Mitgliedstaats in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats oder aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in einen deutschen Freihafen gelangt. Allein das Gelangen in einen anderen Mitgliedstaat setzt einen Liefergegenstand voraus, der beweglich ist. Es muss sich demnach immer um einen Liefervertrag handeln, der im Wege einer Versendungs- oder Beförderungslieferung zu erfüllen ist.
Innergemeinschaftliche Grenze muss überschritten werden
Ein steuerlicher Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs kann nur vorliegen, wenn bei einer Warenlieferung der Gegenstand über eine innergemeinschaftliche Grenze gelangt ist. Ist diese Voraussetzung nicht gegeben, kann der Abnehmer für die Versteuerung des Umsatzes, z. B. bei der Lieferung innerhalb eines EU-Mitgliedstaats, nicht haftbar gemacht werden.
Kein innergemeinschaftlicher Erwerb
- Der inländische Abnehmer DE bestellt bei einem in Spanien ansässigen Lieferanten einen Gegenstand und lässt diesen an seinen in Spanien ansässigen Kunden direkt ausliefern. Es handelt sich um eine steuerpflichtige Inlandslieferung in Spanien, für die der Lieferant als Steuerschuldner haftet. Dies gilt selbst dann, wenn DE seine deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) bei der Auftragsvergabe angab und irrtümlich steuerfrei abgerechnet wurde.
- Das in Trier ansässige Maschinenbauunternehmen DE beauftragt den in Luxemburg ansässigen Büroeinrichter LU mit der Lieferung und dem Einbau von Büroschränken. Der Auftrag ist mit Abnahme der Möbel in Trier erfüllt. Beide Unternehmen verwenden die USt-IdNrn. ihrer Mitgliedstaaten. Es liegt kein Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs für DE vor. Die Werklieferung ist wegen ihres Erfüllungsorts in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig. LU als ausländischer Unternehmer darf die deutsche Umsatzsteuer nicht ausweisen. Sie wird gem. § 13b UStG von DE als Auftraggeber geschuldet.[1]
Körperliche Warenbewegung ist Voraussetzung
Häufig ist zu beobachten, dass Eingangsrechnungen ausländischer Unternehmer wegen der Verwendung der deutschen USt-IdNr. des Rechnungsempfängers auch bei Dienstleistungen oder im EU-Ausland steuerbaren Werklieferungen und Werkleistungen[2] irrtümlich als (steuerfreie) innergemeinschaftliche Lieferungen[3] aufgemacht sind. Trotz Störung des innergemeinschaftlichen Kontrollverfahrens[4] liegt hier kein Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs vor. Der innergemeinschaftliche Erwerb setzt immer eine körperliche Warenbewegung ins Inland voraus.
Der Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs ist ebenfalls gegeben, wenn der Lieferer den Gegenstand in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt hat. Folgerichtig zieht jegliche zum freien Verkehr in der Gemeinschaft abgefertigte Ware beim Gelangen in das Inland im Zusammenhang mit einer Lieferung oder einem unternehmensinternen innergemeinschaftlichen Verbringen[5] einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb nach sich.
Drittlandsgebiet
- Lieferungen, bei denen die Versendung oder Beförderung im Drittlandsgebiet beginnt und die an in EU-Mitgliedstaaten ansässige Abnehmer ausgeführt werden, schließen die Erwerbsteuerpflicht aus, auch wenn die Territorien verschiedener Mitgliedstaaten im Weg der Durchfuhr der Gegenstände berührt werden. Hier verbleibt es bei der Besteuerung der Einfuhr im Inland.
- Dagegen liegt bei einem in einem anderen EU-Mitgliedstaat aus dem Drittlandsgebiet eingeführten und zum freien Verkehr abgefertigten Gegenstand beim Verbringen in das Inland sehr wohl ein innergemeinschaftlicher Erwerb vor.
Lieferung aus den USA
Ein in den USA ansässiger Unternehmer liefert eine Ware an einen in Köln ansässigen Unternehmer.
Variante 1
Die Gegenstände gelangen "unter Zollverschluss" im externen Versandverfahren (T 1) nach Deutschland. Die deutsche Einfuhrumsatzsteuer entsteht mit...
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