3.1 Sachverhalt

Bürogerätehersteller B aus Bochum hat im März 2022 eine Bestellung des F aus Frankreich erhalten. Bestellt wurden 100 Kopierer für einen Gesamtbetrag von 100.000 EUR (netto). Bei der Bestellung verwendete F seine auch zum Zeitpunkt der Lieferung gültige französische USt-IdNr. B ließ am 20.4.2022 die Ware durch einen von ihm beauftragten Frachtführer zu F nach Frankreich transportieren; eine ordnungsgemäße und vollständige Rechnung erteilte B dem F am 21.4.2022. Noch im April 2022 erhielt B wunschgemäß von F eine Gelangensbestätigung, in der alle notwendigen Informationen enthalten waren. Aufgrund eines manuellen Erfassungsfehlers wurde in der Buchhaltung aber nur ein Umsatz i. H. v. 10.000 EUR in der Voranmeldung und Zusammenfassenden Meldung für April 2022 erfasst.

Am 25.5.2022 ging der Zahlungsbetrag von F auf einem Bankkonto des B ein. Bei Buchung des Zahlungseingangs Anfang Juni 2022 wurde bei der Abstimmung der Erfassungsfehler festgestellt und die Differenz von 90.000 EUR nachgebucht. Die Differenz von 90.000 EUR wurde in der Voranmeldung und der Zusammenfassenden Meldung für Juni 2022 erfasst und ordnungsgemäß dem Finanzamt bzw. dem BZSt übermittelt.

3.2 Fragestellung

B möchte wissen, ob sich für ihn Konsequenzen aus dem Buchungsfehler ergeben oder ob eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung vorliegt.

3.3 Lösung

B ist Unternehmer[1] und handelt im Rahmen seines Unternehmens. Er führt eine Lieferung[2] gegen Entgelt aus. Der Ort der Lieferung bestimmt sich nach § 3 Abs. 5a i. V. m. Abs. 6 UStG als Versendungslieferung mit dem Ort, wo die Ware dem beauftragten Dritten übergeben wird. Da die Ware offensichtlich in Bochum dem Frachtführer übergeben wird, ist die Lieferung im Inland ausgeführt und damit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar.

Die Lieferung kann als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei sein. Es liegen die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 UStG vor (Gegenstand gelangt in einen anderen Mitgliedstaat, der Leistungsempfänger ist in einem anderen Mitgliedstaat – Frankreich – als Unternehmer für die Umsatzsteuer registriert und erwirbt die Kopierer für Zwecke seines Unternehmens, der Vorgang unterliegt in Frankreich der Umsatzsteuer und F hat auch eine gültige USt-IdNr. aus einem anderen Mitgliedstaat verwendet). Die Lieferung ist aber nur dann steuerfrei, wenn sie richtig und vollständig in der Zusammenfassenden Meldung angegeben wurde.[3]

Im vorliegenden Fall wurde die Lieferung zwar in der zutreffenden Zusammenfassenden Meldung aufgenommen, es wurde aber eine zu geringe Bemessungsgrundlage angegeben (10.000 EUR anstelle von 100.000 EUR). Grundsätzlich kann ein festgestellter Fehler berichtigt werden – soweit die Berichtigung ordnungsgemäß erfolgt, lebt die Steuerfreiheit wieder auf. Die Finanzverwaltung[4] geht jedoch davon aus, dass eine Berichtigung von Fehlern in einer anderen Zusammenfassenden Meldung als der ursprünglichen nicht zu einem Aufleben der Steuerfreiheit der betreffenden Lieferung führt. Damit hätte – soweit der Auffassung der Finanzverwaltung gefolgt wird – die Korrektur des Fehlers durch die Abgabe einer berichtigten Zusammenfassenden Meldung für den April 2022 erfolgen müssen. Da die Korrektur (durch Aufnahme der Buchungsdifferenz) erst durch die Zusammenfassende Meldung im Juni 2022 erfolgte, liegt keine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG vor.

Fraglich kann in diesem Sachverhalt sein, in welchem Umfang die Steuerbefreiung zu versagen ist. Die Finanzverwaltung[5] geht davon aus, dass die Steuerbefreiung insgesamt zu versagen ist. Da aber insoweit durch die Angabe von 10.000 EUR in der Zusammenfassenden Meldung April 2022 (unter der zutreffenden USt-IdNr. des Leistungsempfängers) die Kontrolle der Besteuerung eines innergemeinschaftlichen Erwerbs zumindest in dieser Höhe in Frankreich möglich ist, könnte nach dem Sinn der Regelung auch eine andere Auffassung vertreten werden.

 
Wichtig

Rechtsauffassung der Finanzverwaltung noch nicht gerichtlich bestätigt

Die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung ist noch nicht gerichtlich bestätigt. Insoweit bleibt abzuwarten, ob Gerichte sich dieser – engen – Sichtweise im Zweifelsfall anschließen werden. Allerdings hat die Finanzverwaltung eine zu Beginn sehr enge Sichtweise mittlerweile aufgegeben. Während noch in einem Schreiben aus dem Oktober 2020[6] eine Berichtigung einer unzutreffenden Zusammenfassenden Meldung mit Rückwirkung für die Steuerbefreiung nur angenommen wurde, wenn die Berichtigung innerhalb eines Monats nach Feststellung des Fehlers erfolgte, kann mittlerweile[7] die rückwirkende Berichtigung innerhalb der Festsetzungsfrist für den betreffenden Meldezeitraum erfolgen. Darüber hinaus hat die Finanzverwaltung auch die – eindeutig gegen den Wortlaut der Gesetzesbegründung verstoßende – Rechtsauffassung aufgegeben, dass die verspätete Abgabe einer vollständigen und zutreffenden Zusammenfassenden Meldung keine Rückwirkung für die Steuerbefreiung entfalten kann.

Wenn der Auffassung der Finanzverw...

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