Leitsatz

1. Nach § 6a UStG 1999 i.V.m. § 17a Abs. 2 UStDV 1999 "soll" die innergemeinschaftliche Lieferung (kumulativ) durch die in Nrn. 1 bis 4 der Bestimmung bezeichneten Voraussetzungen nachgewiesen werden.

2. § 17a Abs. 2 UStDV 1999 ist eine Sollvorschrift; dies bedeutet jedoch nur, dass das Fehlen einer der in Abs. 2 aufgeführten Voraussetzungen nicht zwangsläufig zur Versagung der Steuerbefreiung führt und der bezeichnete Nachweis auch durch andere Belege – z.B. durch die auf den Rechnungen ausgewiesene Anschrift des Leistungsempfängers – erbracht werden kann.

3. Die Frage des Nachweises des Bestimmungsorts (§ 17a Abs. 2 Nr. 2 UStDV 1999) ist Gegenstand der Tatsachenwürdigung durch das FG.

 

Normenkette

§ 6a UStG, § 17a UStDV

 

Sachverhalt

Die Klägerin verkaufte Altpapier an einen in Österreich ansässigen Papierhändler (H), der das Papier im Dezember 2000 – so das FG – selbst bei der Klägerin abholte und – unstreitig – nach Österreich brachte. In den Rechnungen war die zutreffende USt-IdNr. des H genannt, keine USt ausgewiesen, aber nicht auf die Steuerfreiheit hingewiesen. Die Klägerin erklärte diese Umsätze in ihrer USt-Voranmeldung für Januar 2001 in ihrer zusammenfassenden Meldung nach § 18a Abs. 4 UStG 1999 als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Das FA vermisste bei einer Außenprüfung die Ausfuhrbestätigung und die Angabe des Endbestimmungsorts der Ware, der in den an H adressierten Lieferscheinen nicht angegeben war. H bestätigte per Fax im Juli 2001, "dass wir die nebenstehend aufgeführten ...-Ladungen bei der ... (Klägerin) übernommen haben, aus Deutschland ausgeführt und nach Österreich verbracht haben".

Das FA I hielt diese Bestätigung für unzureichend, weil der "Endbestimmungsort" nicht genannt sei; es fehle deshalb auch der Buchnachweis. Dieser sei nicht mehr nachholbar; die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit als innergemeinschaftliche Lieferung seien nicht erfüllt.

Das FG gab der Klage statt. In Abholfällen genüge die – nachgereichte – Absichtserklärung des Abholers über das Verbringen des Gegenstands ins übrige Gemeinschaftsgebiet (§ 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV 1999) und das Doppel der entsprechenden Rechnungen (§ 17a Abs. 2 Nr. 1 UStDV 1999); weder die fehlende Angabe des Bestimmungsorts noch der fehlende Hinweis auf die Steuerfreiheit der Lieferung in den Rechnungen stehe der Steuerbefreiung entgegen.

 

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil auf und verwies an das FG zurück; die Zurückverweisung war erforderlich, weil die Bestätigung des Empfängers versehentlich auf Lieferscheine von Januar 2001 Bezug genommen hatte; die im Revisionsverfahren vorgelegten Lieferscheine vom Dezember konnten im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden. Der Zeitpunkt der Lieferung war jedoch entscheidungserheblich. Die Steuer entsteht mit der Lieferung; ein Eigentumsvorbehalt steht der Annahme einer Lieferung nicht entgegen. Unerheblich für den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer ist, wann die Rechnung ausgestellt worden ist.

Vom Zeitpunkt der Lieferung ist die Frage zu unterscheiden, wann die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung als innergemeinschaftliche Lieferung erfüllt sind; dies setzt voraus, dass die Ware den Herkunftsstaat tatsächlich verlassen hat und in einen anderen Mitgliedstaat gelangt ist (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin vom 11.1.2007 in der Rs. C-409/04, Teleos plc u.a., Rz. 45 und 50).

Was die streitigen Rechtsfragen betraf, hatte die Klägerin Erfolg. Weshalb, ergibt sich aus den Praxis-Hinweisen.

 

Hinweis

1. Die Voraussetzungen für eine innergemeinschaftliche Lieferung müssen nachgewiesen werden. Der sog. Belegnachweis (§ 17a Abs. 2 UStDV) erfordert in Abholfällen:

1. das Doppel der Rechnung (§§ 14, 14a des Gesetzes),

2. einen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt, insbesondere Lieferschein,

3. eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten

sowie

4. in den Fällen der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern.

Gemeinschaftsrechtlich (Art. 28c Teil A erster Satz der 6. EG-RL) können die Mitgliedstaaten die Bedingungen"..., die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch festlegen".

§ 17a Abs. 2 UStDV ist eine Sollvorschrift; dies bedeutet: 1. das Fehlen einer der in Abs. 2 aufgeführten Voraussetzungen führt nicht zwangsläufig zur Versagung der Steuerbefreiung und 2. der bezeichnete Nachweis kann auch durch andere Belege erbracht werden. Für die Annahme des FG, in Beförderungsfällen sei der Nachweis nur durch die in Nr. 1 und Nr. 4 bezeichneten Belege zu erfüllen, gibt es jedoch keinen Anhaltspunkt.

2. Solange der Belegnachweis nicht geführt ist, kann eine innergemeinschaftliche Lieferung grundsätzlich nicht als steuerfrei behandelt werden.

3. Auch wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Gegensta...

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