Leitsatz

Einkünfte aus der Beteiligung eines Schifffahrtsunternehmens an einer inländischen Mitunternehmerschaft, die nationale Anschlusstransporte insbesondere per Bahn organisiert und abwickelt, sind nach dem Schifffahrts-DBA mit der Sonderverwaltungsregion Hongkong nicht von der inländischen Besteuerung freigestellt.

 

Normenkette

§ 12 Satz 2 Nr. 2 AO, § 2 Nr. 1 KStG, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. A EStG, Art. 3 Abs. 1, 4 und 5 DBA-Hongkong

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Kapitalgesellschaft nach dem Recht der Sonderverwaltungsregion Hongkong der Volksrepublik China, betreibt eine Reederei. Für ihre Kunden erbringt sie regelmäßig ein Gesamtleistungspaket, das aus dem Container-Seetransport und dem sich daran anschließenden Anschlusstransport zum Empfänger des Containers besteht. Im Jahr 2011 (Streitjahr) unterhielt die Klägerin eine im Handelsregister eingetragene Zweigniederlassung in Z (Inland).

Die Klägerin beteiligte sich im Streitjahr als Kommanditistin an der Beigeladenen, einer in Z ansässigen GmbH & Co. KG (Beigeladene). Die Höhe der Beteiligung lag unter 1 %. Eine Vielzahl weiterer Kommanditisten hielt Beteiligungen in ähnlicher Höhe.

Gegenstand des Unternehmens der Beigeladenen war insbesondere die Organisation und Abwicklung von intermodalen Container-Transporten per Bahn, Binnenschiff und per Short-Sea-Verkehr. Die Klägerin erteilte der Beigeladenen regelmäßig Aufträge, den o.g. Anschlusstransport im Inland per Bahn oder einem anderen Beförderungsmittel für sie durchzuführen. Internationalen Seetransport führte die Beigeladene selbst nicht durch.

Das FA erließ gegenüber der Beigeladenen einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Feststellungsbescheid für das Streitjahr, mit dem der Klägerin ein Gewinnanteil zugerechnet wurde. Später beantragte die Klägerin die Änderung des Bescheids gemäß § 164 Abs. 2 AO. Sie machte hierbei geltend, dass die ihr zuzurechnenden Einkünfte aus der Beteiligung an der Beigeladenen 0 EUR betrügen. Zur Begründung berief sie sich auf Art. 3 DBA-Hongkong, wonach Gewinne eines Unternehmens einer Vertragspartei (hier: Sonderverwaltungsregion Hongkong) aus dem Betrieb von Seeschiffen im internationalen Verkehr nur im Gebiet dieser Vertragspartei (hier: Sonderverwaltungsregion Hongkong) besteuert werden können. Der – häufig per Bahn durchgeführte – inländische Anschlusstransport sei Teil dieses internationalen Seetransports.

Das FA folgte dieser Argumentation nicht und lehnte es ab, den Feststellungsbescheid zu ändern.

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg (FG Bremen, Urteil vom 5.12.2018, 1 K 73/16 (3), EFG 2019, 593).

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Die Begründung ist den Praxis-Hinweisen zu entnehmen.

 

Hinweis

1. Mit der Sonderverwaltungsregion Hongkong der Volksrepublik China besteht ein separates DBA, das zudem gegenständlich auf die Schifffahrt begrenzt ist. Ungeachtet dieser Besonderheiten enthält das Besprechungsurteil zwei wichtige Aussagen mit allgemeiner Bedeutung.

2. Zum einen geht es um die Reichweite der Steuerfreistellung von Gewinnen, die eine Reederei mit ihren internationalen Seetransporten erzielt. Es ist in diesem Zusammenhang weit verbreitete Praxis, dass die Reederei nicht allein den eigentlichen Seetransport mit einem Seeschiff übernimmt, sondern dass sie eine "All-inclusive-Leistung" anbietet, durch die der Frachtcontainer z.B. vom chinesischen Produzenten an den Firmensitz des deutschen Kunden verbracht wird. Neben dem eigentlichen Seetransport besteht die vertraglich geschuldete Leistung u.a. im inländischen Anschlusstransport, der typischerweise mit landgebundenen Beförderungsmitteln durchgeführt wird. So lag der Fall auch in der Besprechungsentscheidung.

  1. Der BFH hat dem Wortlaut und der Systematik des einschlägigen Art. 3 DBA-Hongkong die klare Aussage entnommen, dass Gewinne im Zusammenhang mit der Durchführung inländischer Anschluss­transporte nicht unter den Ausdruck "Gewinne eines Unternehmens einer Vertragspartei aus dem Betrieb von Seeschiffen im internationalen Verkehr" subsumiert werden können.
  2. Eine solche Subsumtion wäre nur bei einem erweiterten Wortlaut denkbar gewesen, etwa dann, wenn auch die mit dem Betrieb von Seeschiffen zusammenhängenden Neben- und Hilfsgeschäfte tatbestandlich einbezogen worden wären. Zudem enthielt die streitentscheidende Norm des Art. 3 DBA-Hongkong in Abs. 5 Erweiterungen des Begriffs "Gewinne aus dem Betrieb eines Seeschiffes" (z.B. die reine Container-Vermietung), hinsichtlich der Anschlusstransporte fehlte eine solche Erweiterung aber gerade.

3. Zum anderen geht es um die Bedeutung der OECD-Musterkommentierung für die Auslegung eines DBA, insbesondere die Frage, wie mit einem Vorbehalt Deutschlands gegen eine im Musterkommentar vertretene Rechtsmeinung umzugehen ist.

  1. Die im Streitfall einschlägige Musterkommentierung 2000 bezieht inländische Anschlusstransporte in den Begriff "Gewinne aus dem Betrieb eines Seeschiffs" ausdrücklich ein. D...

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