Rz. 62

Die allgemeinen Vorschriften über die Verrechnung außerplanmäßiger Abschreibungen in der Handelsbilanz gelten auch für die Gegenstände des immateriellen Vermögens; genauso wie bei der Bemessung der Nutzungsdauer sind die handelsrechtlichen Vorgaben auch in der Steuerbilanz nachzuvollziehen, sofern steuerliche Vorschriften dem nicht ausdrücklich widersprechen.[1] Nach § 253 Abs. 4 Sätze 1 und 2 HGB müssen – auch immaterielle – Gegenstände des Umlaufvermögens mit dem im Vergleich zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten niedrigeren, sich aus einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergebenden Wert bzw. bei dessen nicht möglicher Feststellbarkeit mit dem niedrigeren beizulegenden Wert angesetzt werden. Im Anlagevermögen ist der niedrigere beizulegende Wert nach § 253 Abs. 3 Satz 5 HGB nur bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung in Ansatz zu bringen. Lediglich bei Finanzanlagen des Anlagevermögens kann gemäß § 253 Abs. 3 Satz 6 HGB auch eine außerplanmäßige Abschreibung bei einer voraussichtlich nicht dauernden Wertminderung vorgenommen werden.

 

Rz. 63

Steuerlich treten an die Stelle der Abschreibung auf den niedrigeren beizulegenden Wert die Absetzungen für außergewöhnliche technische (durch besonderen Verschleiß, wie z. B. durch Unfall oder Materialmängel) oder wirtschaftliche (durch Sinken der wirtschaftlichen Nutzbarkeit, wie z. B. durch Änderungen des Absatzmarktes oder der Fertigungsverfahren) Abnutzung und die Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert gemäß § 6 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EStG.[2] Gründe für außerplanmäßige Abschreibungen immaterieller Gegenstände stellen z. B. das Veraltern einer "Idee" – z. B. wegen einer neuen Erfindung – oder die Feststellung einer Fehlmaßnahme dar.

 

Rz. 64

Während der niedrigere Wert im Anlagevermögen auf der Grundlage der Wiederbeschaffungskosten – im Sinne des Wiederbeschaffungszeitwerts bzw. des korrigierten Wiederbeschaffungsneuwerts – und gerade bei immateriellen Anlagewerten wie Patenten, Lizenzen u. Ä. des Ertragswerts sowie in Ausnahmefällen – vor allem bei nicht nur vorübergehend ungenutzten Gegenständen – des Einzelveräußerungspreises ermittelt wird, ist bei immateriellen Gegenständen des Umlaufvermögens entweder ein Wiederbeschaffungswert – bei unfertigen und fertigen Immaterialgütern, für die auch ein Fremdbezug möglich wäre – oder ein vorsichtig geschätzter und korrigierter Absatzpreis bei Heranziehung der verlustfreien Bewertung – bei den eben nicht genannten unfertigen und fertigen Immaterialgütererzeugnissen – in Ansatz zu bringen.[3]

Durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 hat sich die Teilwertdefinition nicht verändert. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ist der Teilwert der Betrag, den ein Erwerber im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt. Zukünftig kommt steuerrechtlich eine Teilwertabschreibung jedoch nur noch dann in Betracht, wenn es sich um eine voraussichtlich dauernde Wertminderung handelt, wobei der Begriff der dauernden Wertminderung dem Handelsrecht entliehen ist.[4] Wird eine Teilwertabschreibung aufgrund einer dauernden Wertminderung vorgenommen, liegt die Beweislast, dass diese Wertminderung auch tatsächlich vorliegt, nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG beim Steuerpflichtigen.

[1] Vgl. dazu Brösel/Olbrich, in Dusemond/Küting/Weber/Wirth, Handbuch der Rechnungslegung, § 253 HGB Rz. 571 ff. (aktuell nicht mehr enthalten), Stand: Mai 2019.
[3] Vgl. ausführlich Pfirmann/Lorson/Hell/Metz, in Dusemond/Küting/Weber/Wirth, Handbuch der Rechnungslegung, § 253 HGB Rz. 221 und 285 ff., Stand: Mai 2020 und "Abschreibungen, AfA und Wertminderungen"
[4] Vgl. Cattelaens, DB 1999, S. 1185.

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