Im 2. und im 3. dargestellten Transformationsschritt der Servitization werden zudem neue Geschäftsmodelle realisierbar (s. Abb. 18). Die 2. Stufe der Transformation basiert bereits auf unterschiedlichen Varianten von Dienstleistungsverträgen. Vertragsbasierte Formen reichen von Inspektionsverträgen, bei denen sich der Hersteller lediglich verpflichtet, die Funktions-fähigkeit des Investitionsobjekts zu überprüfen, bis hin zu Full-Service-Verträgen; bei Letzteren garantiert der Hersteller eine umfassende Verfügbarkeit von Servicetechnikern bis hin zu Mindestverfügbarkeiten[1]. Auf derartigen Verfügbarkeitsgarantien basieren schließlich auch die industriellen Betreibermodelle der 3. Stufe integrierter Lösungen. Hier verschwimmt nun die Grenze zwischen physischem Produkt und Dienstleistungen komplett.

Abb. 18: Neue Geschäftsmodelle im Rahmen der Service-Transformation Erweiterung[2]

In diesen Betreibermodellen kann der Investitionsgüterhersteller dann das gesamte operative Geschäft einschließlich der Assets nach den Prinzipien "pay per use" bzw. "pay per performance" übernehmen (s. auch Praxisbeispiel TRUMPF/Munich RE). Derartige Geschäftsmodelle weichen daher z. T. stark von traditionellen Ein- und Auszahlungsströmen im Investitionsgütergeschäft ab. Vier grundlegende Servitization-Geschäftsmodelle lassen sich hier unterscheiden[3]:

  1. Das funktionsorientierte Geschäftsmodell Dem Kunden wird die Funktionsfähigkeit durch die Integration von produktbegleitenden Dienstleistungen garantiert. Zu Beginn der Betriebsphase findet jedoch nach wie vor ein Eigentumsübergang statt. Dienstleistungen werden i. d. R. einzeln über einen Wartungsvertrag o. ä. abgerechnet. Ein- und Auszahlungsströme unterscheiden sich somit wenig vom traditionellen Investitionsgütergeschäft mit produktbegleitenden Dienstleistungen.
  2. Das verfügbarkeitsorientierte Geschäftsmodell Der Anbieter garantiert neben der Funktionsfähigkeit zudem die Einsatzfähigkeit. Hierzu übernimmt er weitergehend Geschäftsprozesse des Kunden. Anlagen können im Eigentum des Anbieters verbleiben oder auf den Kunden übergehen. In Abhängig-keit hiervon ist das Erlösmodell zu wählen, das nach Zeit- oder Produktions¬menge gestaltet werden kann. Die Leistungsabrechnung basiert meist auf Kennzahlen zur Anlageneffektivität (z. B. OEE) bzw. Produktionsmenge. Damit unterscheiden sich dessen Zahlungsströme bereits deutlich vom traditionellen Investitionsgütergeschäft.
  3. Das ergebnisorientierte Geschäftsmodell Das ergebnisorientiere Geschäftsmodell wendet sich mit der Orientierung an der Produktionsmenge dann komplett von traditionellen Zahlungsströmen ab. Dessen Einzahlungsströme orientieren sich nicht mehr am Eigentumsübergang, da die Anlage im Eigentum des Anbieters verbleibt, sondern an der hergestellten Produktionsmenge. Die Produktionsverantwortung und die Produktqualität gehen komplett auf den Anbieter über, der die Produktionsleistung mit dem Kunden abrechnet.
  4. Das Subskriptionsmodell Bei diesem Geschäftsmodell, auch unter dem Begriff Abonnement bekannt, bezieht der Kunde in regelmäßigen Abständen eine Produktionsleistung gegen kontinuierliche Zahlungen. Nicht nur der Zugang zur Leistung wird gewährleistet, sondern der Kunde partizipiert von Leistungssteigerungen durch den Hersteller während der Subskription. Die Zahlungsströme sind vergleichbar mit denen des ergebnisorientierten Geschäftsmodells mit zusätzlichen Ausgaben für Anstrengungen zur Leistungssteigerung des Investitionsguts.

Das gewählte Geschäftsmodell der integrierten Lösung der Servitization hat somit einerseits wesentlichen Einfluss auf die Zahlungsströme des Investitionsgüterherstellers bei andererseits gleichzeitiger Notwendigkeit der Ausdehnung auf alle Betrachtungsperioden der Betriebsphase, was wiederum einer dynamischen Betrachtung bzw. Investitionsrechnung bedarf.

[1] Koch, 2010.
[2] Nach Kress, 2019.
[3] Meier/Uhlmann, 2012; Schuh et al., 2020; Steven/Grandjean, 2017.

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