Leitsatz

1. Über ein rechtsmissbräuchliches und damit offensichtlich unzulässiges Gesuch auf Ablehnung der Richter eines Senats kann, ohne dass es einer dienstlichen Äußerung der betroffenen Richter bedarf, zusammen mit der Sachentscheidung entschieden werden.

2. Ein Steuerberater, dessen Bestellung bestandskräftig widerrufen worden ist, ist nicht zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt und ist daher als Prozessbevollmächtigter zurückzuweisen.

3. Ein Belastingadviseur bzw. Belastingconsulent, der in den Niederlanden bzw. Belgien ein Büro hat, aber in Deutschland dauerhaft ansässig ist, ist in Deutschland nicht zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt und darf deshalb nicht im finanzgerichtlichen Verfahren als Prozessbevollmächtigter tätig werden.

 

Normenkette

Art. 34 MRK , Art. 43 EG , Art. 49 EG , Art. 50 EG , § 51 FGO , § 62 Abs. 2 Satz 2 FGO , § 62a FGO , § 134 FGO , § 3 Nrn. 1 und 4 StBerG , § 42 ZPO , § 44 Abs. 3 ZPO , § 51 Abs. 1 ZPO , § 580 Nr. 5 ZPO

 

Sachverhalt

Das FG wies einen Prozessbevollmächtigten durch Beschluss zurück, weil ihm mit dem wirksamen Widerruf seiner Bestellung als Steuerberater die Zulassung zur Steuerberatung entzogen worden sei; ob er als Belastingadviseur bzw. Belastingconsulent in den Niederlanden und Belgien zugelassen sei, könne dahinstehen, weil die Zulassung nach dortigem Recht ihn nicht zur Hilfeleistung in Steuersachen im Inland berechtige.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Beschwerde hiergegen zurückgewiesen. Der Beschwerdeführer habe zwar möglicherweise in den Niederlanden und Belgien ein Büro, sei aber in Deutschland und nicht in den Niederlanden oder Belgien "niedergelassen" und in Deutschland nicht nur vorübergehend berufstätig.

Die unterschiedliche rechtliche Behandlung ausländischer Berufsangehöriger auf dem Gebiet der Steuerberatung einerseits und der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte andererseits sei weder gleichheitswidrig noch verletze sie den EG-Vertrag.

 

Hinweis

1. Nach § 62 Abs. 2 Satz 2 FGO ist als Bevollmächtigter zurückzuweisen, wer nach den Vorschriften des StBerG nicht zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist.

2.§ 3 Nr. 4 StBerG befugt hierzu Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU "beruflich niedergelassen" sind und dort befugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen nach dem Recht des Niederlassungsstaats leisten dürfen, soweit sie damit eine Dienstleistung nach Art. 50 EG erbringen. Sie dürfen dabei allerdings nur unter der Berufsbezeichnung in den Amtssprachen des Niederlassungsstaats tätig werden, unter der sie im Niederlassungsstaat tätig werden (nicht als "Steuerberater").

3.§ 3 Nr. 4 StBerG ist durch das 7. StBÄndG 2000 in das StBerG eingefügt worden. Damit sollte den Anforderungen des EG-Vertrags im Bereich der Dienstleistungsfreiheit (Art. 49, 50 EG) bei grenzüberschreitender Hilfeleistung in Steuersachen Rechnung getragen werden. Die Regelung gestattet folglich nur die grenzüberschreitende Hilfeleistung in Steuersachen, d.h. die Hilfeleistung durch einen in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Empfängers ansässigen Dienstleister. Beachten Sie aber in diesem Zusammenhang die unterschiedliche rechtliche Behandlung der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte auf der Grundlage der Richtlinie 98/5/EG.

4. "Dienstleistungen" i.S.d. Art. 50 EG sind zeitlich beschränkte Leistungen, die ohne dauerhafte Niederlassung ("vorübergehend") in dem betreffenden Mitgliedstaat erbracht werden (EuGH, Urteil vom 4.12.1986, Rs. 205/84, EuGHE 1986, 3755). Sind Dienstleistungserbringer und Dienstleistungsempfänger in demselben Mitgliedstaat ansässig, liegt keine grenzüberschreitende Dienstleistung i.S.d. Art. 49, 50 EG vor, sondern allenfalls ist der Leistende nach den Regeln der Niederlassungsfreiheit gegen die berufsrechtlichen Anforderungen des anderen Staates geschützt (siehe hierzu die berufsrechtlichen Erleichterungen, die § 37a Abs. 2 StBerG für solche ausländischen Berufsbewerber regelt).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 11.2.2003, VII B 330/02, VII S 41/02

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