Leitsatz

Art. 26 der 6. EG-RL ist dahin auszulegen, dass er auf einen Wirtschaftsteilnehmer Anwendung findet, der Dienstleistungen wie die "High-School-Programme" und "College-Programme", die in der Durchführung von Sprach- und Studienreisen ins Ausland bestehen, anbietet und der seinen Kunden gegen Zahlung eines Pauschalpreises im eigenen Namen einen drei- bis zehnmonatigen Auslandsaufenthalt bietet und dabei Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger in Anspruch nimmt.

 

Normenkette

Art. 26 Abs. 1 der 6. EG-RL (vgl. § 25 UStG)

 

Sachverhalt

Die iSt-GmbH bietet "High-School-Programme" und "College-Programme" an, siebt die interessierten Teilnehmer aus, verschafft ihnen Flug, Studienplatz und – in Zusammenarbeit mit einer örtlichen Organisation – Gastfamilie, Betreuung, Reiserücktrittsversicherung sowie ggf. eine Rundreise. Beim "College-Programm" buchen die Teilnehmer ihre Flüge selbst und werden im College untergebracht.

Das FA meinte, es handle sich nicht um Reiseleistungen i.S.d. § 25 UStG.

 

Entscheidung

Der EuGH beurteilte Leistungen der beschriebenen Art als gleichartige oder zumindest vergleichbare Umsätze wie ein Reisebüro oder Reiseveranstalter. Der BFH, der wegen der EuGH-Entscheidung zur Reiserichtlinie Zweifel hatte, muss jetzt den Fall entscheiden.

 

Hinweis

Es geht um die Frage, ob Leistungen im Rahmen der Schüler- und Studentenaustauschprogramme umsatzsteuerrechtlich als Reiseleistungen zu versteuern sind. Art. 26 Abs. 1 der 6. EG-RL ist eine Sonderregelung für die Besteuerung und – ungeachtet der Regelung in dessen Abs. 3 – keine spezielle Regelung für die Befreiung bestimmter Wirtschaftsteilnehmer (RdNr. 40). Die Vorschrift setzt (nur) voraus, dass

  • "die Reisebüros gegenüber den Reisenden im eigenen Namen auftreten" und
  • "für die Durchführung der Reise Lieferungen und Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger in Anspruch nehmen".

"Die Vorschriften dieses Artikels gelten nicht für Reisebüros, die lediglich als Vermittler handeln und auf die Art. 11 Teil A Abs. 3 Buchstabe c) anzuwenden ist. I.S.d. Artikels gelten als Reisebüros auch Reiseveranstalter."

Nach Abs. 3 der Vorschrift gilt: "Werden die Umsätze, für die das Reisebüro andere Steuerpflichtige in Anspruch nimmt, von diesen außerhalb der Gemeinschaft erbracht, so wird die Dienstleistung des Reisebüros einer nach Art. 15 Nr. 14 befreiten Vermittlungstätigkeit gleichgestellt. Werden diese Umsätze sowohl innerhalb als auch außerhalb der Gemeinschaft erbracht, so ist nur der Teil der Dienstleistung des Reisebüros als steuerfrei anzusehen, der auf die Umsätze außerhalb der Gemeinschaft entfällt."

Zweifelhaft war, ob es sich bei den Sprach- und Studienreisen um Reisen handelte, weil dem möglicherweise eine Aussage des EuGH zu der Reiserichtlinie zu Pauschalreisen (RL 90/314/EWG) entgegenstand. Dies vorweg: Die Reiserichtlinie hat – so der EuGH – für die Auslegung des Art. 26 der 6. EG-RL keine Bedeutung.

1. Leistungen von Reisebüros und Reiseveranstaltern sind dadurch gekennzeichnet, dass sie sich meist aus mehreren Leistungen, insbesondere Beförderungs- und Unterbringungsleistungen, zusammensetzen, die teils im Ausland und teils in dem Mitgliedstaat erbracht werden, in dem das Reisebüro seinen Sitz oder eine feste Niederlassung hat. Die Vorschrift soll praktische Schwierigkeiten vermeiden, die sich bei Anwendung der allgemeinen Regeln zu Leistungsort, Besteuerungsgrundlage und Vorsteuerabzug ergäben.

2. Art. 26 der 6. EG-RL ist aus diesem Grund auch anwendbar auf Wirtschaftsteilnehmer, die kein Reisebüro oder Reiseveranstalter im üblichen Wortsinn sind, sondern gleichartige Umsätze im Rahmen einer anderen Tätigkeit erbringen (vgl. RdNr. 22).

3. Für die Anwendung des Art. 26 der 6. EG-RL sind folgende Sachverhaltsvarianten zu unterscheiden:

a) Der Unternehmer erbringt Dienstleistungen, die gewöhnlich mit Reisen verbunden sind, und nimmt bei Dritten bezogene Reiseleistungen in Anspruch, die einen im Vergleich zu den übrigen Leistungen dieser Wirtschaftsteilnehmer geringeren Teil des Pauschalbetrags ausmachen. Diese von Dritten bezogenen Leistungen stellen somit für die Kundschaft keinen Selbstzweck dar, sondern ein Mittel, um die Hauptdienstleistung dieses Wirtschaftsteilnehmers zu besseren Bedingungen in Anspruch zu nehmen; es handelt sich gegenüber den Eigenleistungen um reine Nebenleistungen. Art. 26 der 6. EG-RL ist nicht anwendbar (vgl. RdNrn. 26, 27).

b) Bietet ein Unternehmer seinen Kunden – hier: außer den Leistungen im Zusammenhang mit ihrer Sprachausbildung und -erziehung – gewöhnlich Reiseleistungen wie den Transfer in das Bestimmungsland und/oder den Aufenthalt in diesem Land an, deren Erbringung nicht ohne spürbare Auswirkung auf den Pauschalpreis bleiben kann, können diese Leistungen nicht mit reinen Nebenleistungen gleichgesetzt werden.

Ohne Bedeutung ist die Aufenthaltsdauer, wie. z.B. dass die Sprach- oder Studienreise auf einen halb- oder sogar ganzjährigen Zeitraum angelegt ist (RdNr. 31). Einzig relevantes Merkmal für die Einordnung unter die S...

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