Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von Pflegekindern bei erhöhten Pflegegeldzahlungen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Kinder, die im Haushalt der Pflegeeltern aufgenommen und von ihnen erzogen werden, werden, wenn sie ein Pflegegeld erhalten, das die auf gesetzlicher Grundlage festgelegten Entgelte nicht übersteigt, grundsätzlich zu einem nicht unwesentlichen Teilauf Kosten der Pflegeeltern unterhalten,.
  2. Die Pflegegeldbeträge beinhalten nur die Kosten der Pflegschaft eines Kindes, dessen Pflege keinen pädagogischen Mehrbedarf erfordert.
  3. Soweit ein aufgrund pädagogischen Mehrbedarfs gezahltes höheres Pflegegeld dem Betrag entspricht, der nach landesrechtlichen Regelungen in vergleichbaren Fällen allgemein gezahlt wird, ist davon auszugehen, daß die Zahlungen den durch die Pflegschaft ausgelösten notwendigen Bedarf abdecken.
  4. In solchen Fällen kann unterstellt werden, daß die Pflegeeltern durch ihr eigenes erzieherisches Engagement zusätzlich geldwerte Leistungen in nicht unwesentlichem Umfang erbringen.
 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 1 Nr. 2, § 64 Abs. 2; SGB VIII § 39 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

1997

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.02.2003; Aktenzeichen VIII R 72/00)

BFH (Urteil vom 25.02.2003; Aktenzeichen VIII R 72/00)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger ab dem 1.8.1997 einen Anspruch auf Kindergeld für ein zur Pflege in den Familienhaushalt aufgenommenes minderjähriges Kind hat. Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger ist Arbeitnehmer mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von x.xxx,-- DM im Jahr 1998. Seine Frau ist selbständig als xxxx tätig. Sie hat aus dieser Tätigkeit 1997 einen Überschuß von xx.xxx,-- DM und 1998 von xx.xxx,-- DM erzielt. Aus der Ehe ist der am 19.12.1995 geborene Sohn T hervorgegangen.

Ab dem 1.8.1997 haben der Kläger und seine Ehefrau den 1985 geborenen U gemäß § 33 Kinder- und Jugendhilfegesetz, jetzt: § 33 Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII) in Vollzeitpflege in ihren Haushalt aufgenommen. Die Unterbringung des Pflegekindes ist durch den Landeswohlfahrtsverband (LWV) Hessen nach den von ihm aufgestellten Grundsätzen über die Auswahl und Organisation der Erziehungsstellen erfolgt. Danach bilden die Eheleute C eine Erziehungsstelle für das Pflegekind U. Seine Unterbringung bei ihnen ist als ein familienähnliches, auf längere Dauer angelegtes Betreuungsverhältnis ausgestaltet. Die Unterbringung soll nicht nur der Versorgung des Pflegekindes, sondern in erster Linie dazu dienen, dessen massive Verhaltensstörungen abzubauen und für sein leibliches, geistiges und seelisches Wohl zu sorgen. Im Fall einer positiven Verhaltensänderung des Pflegekindes ist dessen Rückkehr in sein Elternhaus vorgesehen.

Der LWV Hessen hat an den Kläger und seine Ehefrau nach der Übernahme der Pflegschaft ein monatliches Pflegegeld in Höhe von 1.054,-- DM sowie ein monatliches Erziehungsgeld (als pädagogische Aufwandsentschädigung) in Höhe von 1.185,-- DM gezahlt, außerdem ein monatliches Taschengeld für U in Höhe von 48,-- DM und eine monatliche Kleidungspauschale von 70,-- DM. Im Jahr 1997 haben die Eheleute einen Zuschuß von 1.000,-- DM für die Erstausstattung mit Möbeln und einen Zuschuß von 469,-- DM für eine Urlaubsfahrt erhalten, im Jahr 1998 einen Zuschuß von 460,-- DM für eine Ferienfreizeit und einen weiteren Zuschuß über 99,60 DM für eine Klassenfahrt von U. Außerdem erhalten sie einen monatlichen Zuschuß zu ihrer Rentenversicherung von 110,-- DM.

Im September 1997 hat der Kläger die Zahlung von Kindergeld auch für das Pflegekind beantragt. Den Antrag hat der Beklagte (die Familienkasse) mit Bescheid vom 11.2.1998 abgelehnt. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg. Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Zur Begründung trägt er vor, die Einnahmen aus der Pflege des Kindes U bildeten keinen erheblichen Beitrag zum Familieneinkommen. Die Zahlungen erfolgten nicht nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten als Entgelt für die an U erbrachten Erziehungsleistungen. Diese würden, da er und seine Frau nur ein Kind in Pflege genommen hätten, auch nicht gewerbsmäßig mit dem Ziel der Sicherung des Lebensunterhalts erbracht. Eine solche Zielrichtung sei schon durch die entsprechenden Richtlinien des LWV Hessen untersagt, wonach das Erziehungsgeld nicht die Grundlage des Erwerbseinkommens der Erziehungsstelle bilden dürfe. Der Kläger hat den monatlichen materiellen Unterhaltsbedarf für U auf 1.475,-- DM beziffert. Dazu komme noch weiterer Aufwand der Eheleute C, wobei besonders auch die von der Ehefrau erbrachten, zeitlich unbegrenzten Betreuungsleistungen zu berücksichtigen seien, die wegen ihres überdurchschnittlich hohen zeitlichen Aufwands zu einem Verdienstausfall bei ihr führten.

Der Kläger beantragt,

das Arbeitsamt xxxx- Familienkasse - unter Aufhebung des Bescheids vom 11.2.1998 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 15.7.1998 zu verpflichten, ab August 1997 auch für das Pflegekind U Kindergeld an ihn zu zahlen.

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