Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Kindergeldgewährung an Pflegeeltern

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Ein für das Kindergeld nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu berücksichtigendes Pflegekind muss von den Pflegeeltern zu einem nicht nur unwesentlichen Teil auf deren Kosten unterhalten werden.

2) Unterhaltsaufwendungen der (Pflege)Eltern liegen vor, wenn sie mindestens etwa 20% der gesamten Unterhaltskosten des Kindes selbst tragen. Das ist nicht der Fall, wenn den Pflegeeltern gemäß § 39 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 bis 6 SGB VIII die tatsächlichen laufenden und nach § 39 Abs. 3 SGB VIII die außergewöhnlichen Aufwendungen durch das Jugendamt erstattet werden.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 1, 1 Nr. 2; SGB VIII § 39 Abs. 2-6

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.02.2003; Aktenzeichen VIII R 54/01)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob dem Kläger für das in seine Familie aufgenommene Kind X Kindergeld zusteht, weil es sich um ein Pflegekind im Sinne des § 32 Abs. 1 Nr. 2 des EinkommensteuergesetzesEStG – handelt, oder ob dem die Zahlung von Pflege- und Erziehungsgeld entgegensteht.

Der Kläger ist Vater dreier Kinder, von denen eines bei seiner geschiedenen ersten Ehefrau lebt und die beiden anderen mit ihm und seiner zweiten Ehefrau in einem gemeinsamen Haushalt leben. Für diese Kinder erhielt der Kläger vor dem Streitzeitraum nach Maßgabe der einschlägigen Vorschriften Kindergeld.

Im Juni 1998 nahmen der Kläger und seine Ehefrau das 1990 geborene Kind X in ihre Familie auf. Der Junge hatte zuvor in dem Kinderheim Y -Stift in O gelebt.

Die M -Jugendhilfegesellschaft mbH, die Rechtsträger des Kinderheimes ist, schloß mit dem Kläger und seiner Frau unter dem 26.06.1998 einen Pflegevertrag zur Aufnahme und Betreuung eines Kindes im Rahmen einer Erziehungsstelle ab.

In dem Pflegevertrag wurde vereinbart, daß der Kläger und seine Ehefrau ein monatliches Pflegegeld in Höhe von 848,00 DM entsprechend dem Erlaß des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen gemäß § 39 Abs. 5 des Kindes- und Jugendhilfegesetzes – jetzt Sozialgesetzbuch 8. Teil, SGB VIII – erhalten sollten.

Weiterhin wurde vereinbart, daß der „Erziehungsstelle” für den besonderen pädagogischen Aufwand ein Erziehungsgeld in Höhe von 1.116,21 und 113,30 DM gezahlt werden solle. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ablichtung des Pflegevertrages Bl. 39–42 der Kindergeldakte – KiGA – Bezug genommen.

Die Ehefrau des Klägers die zuvor eine Ganztagsbeschäftigung in einem Kinderheim hatte, gab anläßlich der Annahme des Pflegekindes die Vollzeitbeschäftigung auf (Bl. 49/50 KiGA).

Mit Antrag vom 14.07.1998 beantragte der Kläger für den Zeitraum ab Juni 1998 auch für das Pflegekind Kindergeld zu gewähren.

Bereits am 30.11.1998 ging beim Beklagten ein weiterer Antrag auf Gewährung von Kindergeld für das Kind X ein. Antragsteller war die Stadt O, die sich dabei auf § 97 SGB VIII stützte und zugleich den Antrag auf Auszahlung des Kindergeldes an sie entsprechend § 104 des Sozialgesetzbuches 10. Teil – SGB X – stellte. Zur Begründung führte die Stadt O aus, daß sich das Kind auf Kosten der Stadt O in Heimerziehung oder in einer gleichartigen Einrichtung befinde. Für die Dauer dieser Unterbringung werde der Lebensunterhalt des Kindes ganz oder überwiegend aus öffentlichen Mitteln bestritten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Antrag, Bl. 36 KiGA, Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 07.12.1998 lehnte der Beklagte zunächst die Gewährung von Kindergeld ab, weil das Pflegekind keine Aufenthaltsgenehmigung besaß, sondern nur geduldet wurde (vgl. Bl. 33–35 KiGA).

Gegen den ablehnenden Bescheid wandte sich der Kläger mit fristgerecht erhobenem Einspruch, mit dem er darauf hinwies, daß eine Aufenthaltsgenehmigung für die zu berücksichtigenden Kinder in § 63 EStG nicht gefordert werde.

Auf den daraufhin gegebenen Hinweis des Beklagten, daß kein Pflegekindschaftsverhältnis vorliege, weil der Kläger und seine Ehefrau das Kind nicht zu einem nicht unwesentlichen Teil auf eigene Kosten unterhielten, wies der Kläger darauf hin, daß Pflegeeltern grundsätzlich einen Anspruch auf Kindergeld hätten, wenn sie sich zu mindestens 20 % am Unterhalt des Kindes beteiligten. Hiervon sei auszugehen, wenn ein Pflegegeld in Höhe der Sätze des Jugendamtes gezahlt werde.

Auch nach einem Erlaß der Bundesanstalt für Arbeit sei davon auszugehen, daß in hinreichendem Umfang Unterhalt gewährt werde, wenn ein Pflegeelternteil für das Kind Pflegegeld erhalte. Auf die Höhe des Pflegegeldes komme es danach nicht an. Gleichzeitig wies der Kläger auf eine Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts hin, wonach das Erziehungshonorar, das die Pflegeperson erhalte, keinen weiteren Unterhaltszuschuß für das Pflegekind darstelle. Dies gelte auch dann, wenn erhöhte Erziehungsbeiträge gezahlt würden. Diese Beträge seien als Eigenmittel, die die Pflegeperson für das Kind aufwende, anzusehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Begründungsschriftsatz vom 25.0...

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