Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Berechnung und Schätzung des eigenen Unterhaltskostenbeitrags der Eltern bei einem Pflegekind, für das materieller Aufwendungsersatz sowie Erziehungsgeld gezahlt wird

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei Beurteilung des eigenen Unterhaltskostenbeitrags ist zu differenzieren zwischen dem Barunterhalt und dem Betreuungsunterhalt.
  2. Trägt der Anspruchsteller nichts zur Höhe des von ihm erbrachten Bar- und Betreuungsunterhalts vor, so ist anhand einer abstrakten Unterhaltsprüfung zu klären, ob der Unterhalt des Kindes wahrscheinlich tatsächlich durch die öffentlichen Mittel (hier: materieller Aufwendungsersatz und Erziehungsgeld) abgedeckt ist.
  3. Sowohl hinsichtlich des Bar- als auch des Betreuungsunterhalts kommen als Bezugsgröße als Pflegesätze des zuständigen Jugendamtes oder die Unterhaltsbeiträge nach der Düsseldorfer Tabelle in Betracht.
 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 1 Nr. 2; BGB §§ 1606, 1610

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.02.2003; Aktenzeichen VIII R 68/02)

BFH (Urteil vom 25.02.2003; Aktenzeichen VIII R 68/02)

 

Tatbestand

Streitig ist die Kindergeldberechtigung für das Pflegekind ...

Der Kläger ist Sonderschullehrer im Dienste des Landes Rheinland-Pfalz und erhält seine Dienstbezüge sowie das Kindergeld von dem Beklagten. Das Pflegekind ... geboren am 5. Mai 1986, lebt auf Grund des am 5. Juli 1996 geschlossenen Pflegevertrages mit dem Kinderdorf ... seit diesem Zeitpunkt in der Familie des Klägers. In dem Pflegevertrag heißt es unter Ziffer 17:

  • „Zwischen den Vertragspartnern besteht Übereinstimmung, dass im Interesse der / des Betreuten dieser Vertrag nur endet

    1. wenn die Hilfe zur Erziehung endet,
    2. wenn in der Hilfeplanung eine andere Maßnahme beschlossen wird,
    3. wenn der Träger in Abstimmung mit der Erziehungsstelle aus pädagogischen Gründen eine Entscheidung über eine anderweitige Unterbringung der / des Betreuten trifft,
    4. durch schriftliche Kündigung gegenüber dem jeweils anderen Vertragspartner zum Ende des nachfolgenden Monats,
    5. im gegenseitigen Einvernehmen durch Auflösungsvertrag,
    6. bei einem groben Verstoß gegen diesen Vertrag.“

Unter dem 20. November 1996 beantragte der Kläger unter Vorlage des Pflegevertrages u. a. die Kindergeldzahlung für das Pflegekind ...

Auf Anfrage des Beklagten beim Amt für Kinder, Jugend und Familie ..., ob die vom Kinderdorf gezahlten Mittel insgesamt den in Betracht kommenden Pflegesatz des Jugendamtes nicht übersteigen, wurde von dort am 7. Januar 1997 mitgeteilt, dass das Amt Erziehungshilfe nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz in Form einer Unterbringung in eine Erziehungsstätte, hier bei der Familie des Klägers, leiste. Der Lebensunterhalt des Kindes werde in vollem Umfang aus Mitteln der Jugendhilfe sichergestellt. Die Abrechnung erfolgte mit dem Kinderdorf ... einem Tagessatz von z. Zt. 119,16 DM. Die Pflegefamilie erhalte einen materiellen Aufwendungsersatz in Höhe von 815,-- DM sowie ein Erziehungsgeld in Höhe von 1.152,90 DM, was einem Gesamtaufwand von 1.967,90 DM entspreche, wobei sich die örtlichen Pflegesätze für eine Vollzeitpflege 1996 auf 1.179,-- DM (materielle Aufwendungen 832,-- DM, Erziehungsgeld 347,-- DM) und 1997 auf 1.190,-- DM (materielle Aufwendungen 840,-- DM, Erziehungsgeld 350,-- DM) belaufen würden. Da der Lebensunterhalt des Kindes in vollem Umfang aus Mitteln der Jugendhilfe sichergestellt werde, vereinnahme das Amt auch das Kindergeld.

Auf der Grundlage dieser Mitteilung lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 28. Januar 1997, dem Kläger zugestellt am 1. Februar 1997, den Antrag auf Zahlung eines Kindergeldes für den Zeitraum ab 1. September 1996 ab. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass der Kläger das Kind nicht mindestens zu einem nicht unwesentlichen Teil auf seine Kosten unterhalte. Diese Voraussetzungen seien nur erfüllt, wenn Pflegegeld und andere Mittel, die der Betreuungsperson für den Unterhalt und die Erziehung des Kindes zuflössen, insgesamt den in Betracht kommenden Pflegesatz des zuständigen Jugendamtes nicht übersteige. Erhalte die Betreuungsperson insoweit ein höheres Entgelt als der in Betracht kommende Pflegesatz des zuständigen Jugendamtes, so sei diese Voraussetzung nicht erfüllt, wenn durch das Entgelt die Unterhaltskosten des Kindes abgedeckt würden und die Pflegeperson für die Unterbringung und ihre Betreuungsdienste auch marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten entlohnt werde. Da die gezahlten Leistungen von insgesamt 1.967,90 DM die örtlichen Pflegesätze um einen wesentlichen Betrag übersteigen würden, sei das Unterhaltserfordernis nicht gegeben.

Mit dem hiergegen form- und fristgerecht eingelegten Einspruch brachte der Kläger vor, dass es sich wegen der besonderen Qualifikation seiner selbst als auch seiner Ehefrau im erzieherischen Bereich nicht um ein normales Pflegeverhältnis handele, sondern um ein besonderes Pflege- und Erziehungsverhältnis, das wegen des besonderen erzieherischen Aufwandes ein erhöhtes Erziehungsgeld rechtfertige. In der Einspruchsbegründung regte der Kläger an, die maßgeblichen...

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