Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebung der Grunderwerbsteuerfestsetzung bei Löschung einer Auflassungsvormerkung nach Rückzahlung des Kaufpreises

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Kann die Löschung einer Auflassungsvormerkung, deren Löschung bei Vertragsaufhebung bewilligt wurde, erst nach Rückzahlung des Kaufpreises beim Grundbuchamt beantragt werden, besteht weiterhin eine verwertbare Rechtsposition des Erwerbers aus dem ursprünglichen Kaufvertrag.
  2. Eine tatsächliche und vollständige Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs im Sinne des § 16 Abs. 1 GrEStG setzt voraus, dass die Vertragsparteien sämtliche Wirkungen aus dem Erwerbsvorgang aufheben und sich so stellen, als wäre dieser nicht zustande gekommen. Dies erfordert grundsätzlich auch die Löschung einer zu Gunsten des Ersterwerbers eingetragenen Auflassungsvormerkung.
  3. Die Beeinträchtigung der Verkehrsfähigkeit entfällt bereits dann, wenn der Erwerber des Grundstücks dem Veräußerer eine Löschungsbewilligung im Grundbuch in rechtlich gebotener Form erteilt hat und der Veräußerer über diese frei und ohne Einflussnahme seitens des Erwerbers verfügen kann.
 

Normenkette

GrEStG § 16 Abs. 1 Nr. 1

 

Streitjahr(e)

2016

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.04.2023; Aktenzeichen II R 38/20)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das Finanzamt zur Aufhebung einer Grunderwerbsteuerfestsetzung verpflichtet ist.

Die Klägerin – eine GmbH – erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 05.07.2016 (UR-Nr. … der Notarin A mit Amtssitz in B) – seinerzeit noch als GmbH in Gründung – den im Grundbuch von C (Amtsgericht D) unter Blatt …, lfd.Nr…. (Flur …Flurstück Nr. …), lfd.Nr…. (Flur … Flurstück …), lfd.Nr….(Flur … Flurstück Nr….), lfd.Nr…. zu …(1/13 Miteigentumsanteil am Grundstück Flur . Flurstück Nr. …) sowie zu 45/61tel Miteigentumsanteil den auf Blatt … lfd.Nr…. Flur …Flurstück … eingetragenen Grundbesitz, wobei für letzteren zugunsten der Verkäuferin eine Vormerkung bestellt war. Der Kaufpreis betrug … € und war zum 05.10.2016 zahlbar. Zugunsten der Klägerin wurde eine Auflassungsvormerkung bewilligt und im Grundbuch am 15.07.2016 eingetragen. Ein Antrag auf Eigentumsumschreibung wurde hernach nicht mehr gestellt.

Die Klägerin selbst war durch notarielle Urkunde der o.g. Notarin vom 05.07.2016 (UR-Nr. …) mit dem Gegenstand der Entwicklung und Planung von Wohnbauprojekten in D der Errichtung und Veräußerung von Wohnungen in D sowie deren Verwaltung und Vermietung gegründet worden. Die beiden zu gleichen Teilen beteiligten Gesellschafter waren die Firma E (nachfolgend E) und die Firma F (nachfolgend F). Zu alleinvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen GesetzbuchesBGB – befreiten Geschäftsführern waren Herr G und Herr H bestellt worden. Letzterer vertrat die Klägerin beim Vertragsschluss vom 05.07.2016. Die Eintragung der Klägerin im Handelsregister wurde am 05.07.2016 beantragt.

Die Gesellschafter der F waren zu gleichen Teilen Herr H und Herr I. Gesellschafter der E war Herr G, und zwar ab Januar 2017 lediglich mittelbar über die J, deren alleiniger Kommanditist und Gesellschafter der Komplementär-GmbH (K) er war.

Mit Bescheid vom 25.08.2016 setzte das Finanzamt gegen die Klägerin, die nach dem Kaufvertrag die Grunderwerbsteuer zu tragen hatte, wegen des Erwerbs der vorgenannten Grundstücke mit Kaufvertrag vom 05.07.2016 nach einer Bemessungsgrundlage von … Mio. € in Höhe von … € unter dem Vorbehalt der Nachprüfung Grunderwerbsteuer fest.

Mit notariellem Vertrag vom 09.05.2017 (UR-Nr. … der o.g. Notarin schlossen die Klägerin – vertreten durch ihre einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer G und H – mit der Verkäuferin auf Kosten der Käuferin einen Vertrag über die Aufhebung des Grundstückskaufvertrages vom 05.07.2016. Unter § 2 des Aufhebungsvertrags wird die erklärte Auflassung aufgehoben. Zudem wurden Bedingungen vereinbart, u.a. dass die Verkäuferin verpflichtet ist, den Kaufpreis an den Käufer zurückzuzahlen. Nach § 3 bewilligte die Klägerin und die Vertragsparteien beantragten die Löschung der Auflassungsvormerkung. Nach § 6 des Vertrages wurde die Notarin beauftragt, den Aufhebungsvertrag dem Grundbuchamt und dem Finanzamt vorzulegen, sobald ihr die Rückzahlung des Kaufpreises vom Käufer bzw. der Kreissparkasse L nachgewiesen ist.

Eine Rückzahlung des Kaufpreises erfolgte trotz Anmahnungen der Klägerin nicht, da der Verkäuferin hierfür die Mittel fehlten. Sie hatte den erlangten Kaufpreis zur Tilgung eigener Bankverbindlichkeiten bereits verausgabt. Durch notarielle Nachtragsurkunde vom 08.06.2017 (UR-Nr… der o.g. Notarin) wurde § 6 des Aufhebungsvertrags vom 09.05.2017 dahingehend abgeändert, dass die Notarin beauftragt wird, den Aufhebungsvertrag sofort beim Finanzamt D– Grunderwerbsteuerstelle – einzureichen. Am 09.06.2017 – nach Zahlung des Kaufpreises aber vor Eintragung eines Eigentumsübergangs auf die Klägerin im Grundbuch – wurde beim seinerzeit zuständigen Finanzamt D die Aufhebung der Grunderwerbsteuerfestsetzung vom 25.08.2016 beantragt.

Erst mit Sch...

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