Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Abzugsfähigkeit von Ausgleichszahlungen im Zusammenhang mit der Scheidung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Abfindungszahlungen im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs sind nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit oder bei den sonstigen Einkünften zu berücksichtigen.
  2. 2.Versorgungsausgleichszahlungen stellen Aufwendungen zum Erwerb eines wirtschaftlich dem anderen Ehegatten gehörenden Vermögensgegenstandes (Anteil an der Versorgungsanwartschaft) und damit Anschaffungskosten für die zum Ausgleich verpflichtende verbleibende Versorgungsanwartschaft dar, die nach den Grundsätzen über die Anschaffung (auch dringender) Vermögenswerte steuerlich nicht – auch nicht im Wege der AfA – abzugsfähig sind.
  3. Beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich gemäß § 1587g BGB kann der Ausgleichsverpflichtete die an den ausgleichsberechtigten Ehegatten geleisteten Zahlungen – soweit die Einkünfte steuerbar sind – als dauernde Last abziehen, weil insoweit im Ergebnis ein Transfer steuerbare Einkünfte aus den ausgleichsberechtigten angenommen wird.
  4. Demgegenüber muss ein Steuerpflichtige seine Betriebsrente und die Einkünfte aus den Pensionskassen versteuern, ohne eine entsprechende steuerliche Abzugsmöglichkeit zu haben, obwohl die Ausgleichszahlungen an die frühere Ehefrau ihn in gleicher Weise wirtschaftlich belasten wie eine Reduzierung seiner späteren Renteneinkünfte.
  5. Zahlt ein Ehegatte dem anderen Ehegatten einen Ausgleichsbetrag dafür, dass er mehr von dem gemeinschaftlichen Vermögenswerten behält als ihm zu steht, sind diese Zahlungen steuerrechtlich kein Aufwand im Sinne des § 33 Abs. 1 EStG.
 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 10 Abs. 1 Nr. 1a, § 19 Abs. 1, § 33 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

1998, 1999, 2000, 2001, 2005

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.06.2010; Aktenzeichen X R 23/08)

BFH (Urteil vom 15.06.2010; Aktenzeichen X R 23/08)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die steuerliche Berücksichtigung von Ausgleichszahlungen im Zusammenhang mit einem Scheidungsfolgenvergleich.

Der im Jahre 1942 geborene Kläger war bis 1998 angestellter Ingenieur im Bereich Anlagenbau der damaligen X. AG. Im Zuge der Fusion mit anderen Chemiefirmen wurde die Sparte Anlagenbau bzw. Anlagenplanung nach mehreren Umbenennungen und eigenständiger Firmierung schließlich von der Y. AG erworben, mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers auf der Arbeitgeberseite auf die Y. AG überging. In diesem Zusammenhang übernahm die Y. AG auch die Firmenrentenverpflichtungen der früheren X. AG.

Der Kläger ist seit dem 1.10.1997 geschieden.

Zu diesem Zeitpunkt hatte er eine Versorgungsanwartschaft bei der BfA von monatlich 2.492,89 DM. Hinsichtlich dieser gesetzlichen Altersversorgung wurde der gesetzliche Versorgungsausgleich durchgeführt.

Als Mitarbeiter der früheren X. AG hatte der Kläger darüber hinaus noch zwei betriebliche Versorgungsanwartschaften und zwar zum einen die Zusage einer Betriebsrente im Arbeitsvertrag (welche sich zum Ende der Ehezeit auf 31.931,64 DM p.a. belief) und zum anderen die Ansprüche gegen die Pensionskasse der Mitarbeiter der X. AG (welche sich zum Ende der Ehezeit auf 30.536,76 DM p.a. belief). Am 29.10.1997 schloss er diesbezüglich mit seiner früheren Ehefrau einen Scheidungsfolgenvergleich. Danach wurde der schuldrechtliche Versorgungsausgleich betreffend die betriebliche Altersversorgung ausgeschlossen, wofür sich der Kläger verpflichtete, der früheren Ehefrau einen Abfindungsbetrag in Höhe von 80.000 DM zu zahlen. Dieser Betrag war in acht Jahresraten zu je 10.000 DM, beginnend ab dem 30.6.1998, zu zahlen. Die Zahlungen erfolgten in den Jahren1998 bis 2005 unstreitig vereinbarungsgemäß und wurden vom Kläger zunächst nicht in den Einkommensteuererklärungen 1998 bis 2005 angesetzt.

Seit dem 1.6.2002 erhält der Kläger eine Altersversorgung der BfA (im Jahre 2005 i.H.v. 14.465 Euro; sonstige Einkünfte), eine – von der Y. AG bediente – Betriebsrente (im Jahre 2005 i.H.v. 13.336 Euro aus einem Bruttoarbeitslohn i.H.v. 20.005 Euro; Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) und Zahlungen der nach wie vor bestehenden Pensionskasse der Mitarbeiter der X.-Gruppe VVaG (im Jahre 2005 i.H.v. 14.358 Euro und i.H.v. 108 Euro). Die Leistungen der BfA und der Pensionskasse unterliegen gemäß § 22 Einkommensteuergesetz (EStG) als sonstige Einkünfte und die Betriebsrente gemäß § 19 EStG der Besteuerung.

Gegen die Einkommensteuerbescheide 1998 vom 18.12 2000, 1999 vom 14.1.2002, 2000 vom 14.1.2002 und 2001 vom 20.11.2002 legte der Kläger aus anderen Gründen Einspruch ein und beantragte im Einspruchsverfahren erstmals, die o.g. Ausgleichszahlungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften zu berücksichtigen. Für 1998 bis 2001 ergingen aus anderen Gründen Änderungsbescheide am 11.4.2002, 24.4.2002, 11.10.2002 und 29.4.2003. Das Einspruchsverfahren wegen der streitigen Ausgleichszahlungen ruhte gem. § 363 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) bis zur Entscheidun...

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