Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbschaftsteuer

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.05.1999; Aktenzeichen II R 96/97)

 

Tenor

1. Der Erbschaftsteuerbescheid (Steuer-Nr. …) vom 5. März 1996 und die Einspruchsentscheidung vom 24. Juni 1996 werden aufgehoben.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der gegen den Kläger erlassene Erbschaftsteuerbescheid wegen bereits eingetretener Festsetzungsverjährung aufzuheben ist.

Der Kläger ist neben seiner Mutter und seiner Schwester zu ¼ Miterbe nach seinem im Jahre 1991 verstorbenen Vater K. Am 3. März 1993 übersandte das Finanzamt der Mutter des Klägers Erbschaftsteuererklärungsvordrucke und forderte diese auf, eine entsprechende Erbschaftsteuererklärung abzugeben. In der am 27. Mai 1993 beim Finanzamt eingereichten Steuererklärung waren als Erben neben dem Kläger seine Mutter und seine Schwester aufgeführt. Auch Vorschenkungen des Erblassers an seine beiden Kinder waren angegeben. Unterschrieben war die Steuererklärung allerdings nur von der Mutter.

Mit Steuerbescheid vom 28. Dezember 1995 setzte das Finanzamt gegen den Kläger Erbschaftsteuer in einer Gesamthöhe von … – DM fest. Entgegen den Angaben in der Steuererklärung rechnete das Finanzamt dem Kläger jedoch nicht ¼, sondern 1/3 des Nachlasses zu. Laut Vermerk des zuständigen Sachbearbeiters O. in der Finanzamtsakte wurde dieser Steuerbescheid, der an Herrn I. K-Straße 10 in 1234-L. Stadt adressiert war, am 28. Dezember 1995 zur Post aufgegeben. Ein entsprechender Bescheid wurde auch an die Schwester des Klägers aufgegeben. Nachdem die festgesetzte Steuer am Fälligkeitstage nicht beglichen war und das Finanzamt den Kläger zur Zahlung angemahnt hatte, teilte dieser ebenso wie seine Schwester mit, daß ihnen kein Steuerbescheid vom 28. Dezember 1995 zugegangen sei. Das Finanzamt verschickte daraufhin am 5. März 1996 erneut Steuerbescheide an den Kläger und seine Schwester. Mit dem hiergegen erhobenen Einspruch machte der Kläger u.a. geltend, daß mit Ablauf des 31. Dezember 1995 Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Darüber hinaus erhob der Kläger verschiedene materiell-rechtliche Einwendungen gegen die Steuerfestsetzung. Wegen der materiell-rechtlichen Einwendungen hatte der Einspruch des Klägers Erfolg, so daß in der Einspruchsentscheidung vom 24. Juni 1996 die Erbschaftsteuer auf …,– DM herabgesetzt wurde. Hinsichtlich der Verjährungsfrage wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Der Kläger ist der Ansicht, daß der Erbschaftsteuerbescheid wegen Festsetzungsverjährung aufzuheben sei. Die Verjährungsfrist sei bereits am 31. Dezember 1995 abgelaufen. Da der Bescheid vom 28. Dezember 1995 ihm nicht zugegangen sei, könne die Regelung des § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) nicht eingreifen. Darüber hinaus treffe das Finanzamt die Beweislast dafür, daß der fragliche Steuerbescheid am 28. Dezember 1995 einerseits abgesandt worden und andererseits ihm auch zugegangen sei. Der Kläger beruft sich dabei zum einen auf Tipke/Kruse, Kommentar zur AO, § 169 Anm. 12 c sowie auf das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 22. Mai 1996, II 596/95 in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1996, 1071.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Erbschaftsteuerbescheid in der Fassung der Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, daß der angefochtene Erbschaftsteuerbescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidung rechtmäßig sei. Dem Steuerbescheid könne nicht der Einwand der Festsetzungsverjährung entgegengesetzt werden. Für die Wahrung der Verjährungsfrist sei es ausreichend, daß der Steuerbescheid vor Ablauf der Frist unter der richtigen Adresse abgesandt worden sei. Ein tatsächlicher Zugang dieses Bescheides sei nicht erforderlich. Daß der Bescheid am 28. Dezember 1995 abgesandt worden sei, ergebe sich aus dem Aktenvermerk des Sachbearbeiters. Zwar werde kein Postausgangsbuch geführt, es seien aber keinerlei Anhaltspunkte dafür bekannt, daß es bei der Absendung von Steuerbescheiden Ende 1995 zu Unstimmigkeiten gekommen sei. Darüber hinaus ist das Finanzamt der Meinung, daß die Festsetzungsfrist nicht schon Ende 1995, sondern erst Ende 1997 ablaufe, da die Frist gemäß § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht bereits am 1.1.1992, sondern erst am 1.1.1994 zu laufen begonnen habe, nachdem das Finanzamt von der Mutter des Klägers die Abgabe einer Steuererklärung angefordert habe und diese von der Mutter im März 1993 abgegeben worden sei.

Der Senat hat bezüglich der Frage „Absendung des Steuerbescheides am 28. Dezember 1995” Beweis erhoben durch Vernehmung des Sachbearbeiters O. Hinsich...

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