Entscheidungsstichwort (Thema)

Anerkennung einer grenzüberschreitenden gewerbesteuerlichen Organschaft – Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Klage einer Organgesellschaft gegen den ihr gegenüber ergangenen Gewerbesteuermessbescheid ist zulässig, auch wenn dieser auf Null lautet.
  2. Die wirtschaftliche Eingliederung einer Organgesellschaft gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG i.V.m. § 14 Nr. 2 KStG setzt voraus, dass das herrschende Unternehmen (Organträger) eigene gewerbliche Zwecke verfolgt, denen sich das beherrschte Unternehmen im Sinne einer Zweckabhängigkeit unterordnet.
  3. Eine eigene gewerbliche Tätigkeit der Organträgergesellschaft kann auch darin bestehen, dass sie als sog. geschäftsleitende Holding die einheitliche Leitung über mehrere Organgesellschaften ausgeübt und diese damit zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammenfasst. Dabei muss anhand äußerer Merkmale erkennbar sein, dass die Konzernleitung durch die Obergesellschaft selbst ausgeübt wird.
  4. Bei vermögensverwaltender Tätigkeit der Holding kann die wirtschaftliche Eingliederung nicht dadurch begründet werden, dass im Rahmen einer mehrstufigen Organschaft dieser die Organträgereigenschaft durch Vermittlung der Obergesellschaft zugesprochen wird.
  5. Zum Regelungsgegenstand des Doppelbesteuerungsabkommens gehört nicht die Zurechnung der Einkünfte, so dass die Zurechnung des Gewerbeertrags zu einer inländischen Gesellschaft, die nicht Organträger ist, nicht aus der Anwendung des Doppelbesteuerungsabkommens hergeleitet werden kann.
  6. Die Nichtanerkennung einer grenzüberschreitenden gewerbesteuerlichen Organschaft verstößt nicht gegen das Diskriminierungsverbot nach dem EG-Vertrag.
 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 2 Nr. 1; EG-Vertrag Art. 43, 48; AEUV Art. 49, 54

 

Streitjahr(e)

1999

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.02.2011; Aktenzeichen I R 54/10)

 

Tatbestand

Streitig ist das Vorliegen einer gewerbesteuerlichen Organschaft zwischen der X GmbH – im Folgenden: Holding bzw. Klägerin – und der T GmbH – im Folgenden: GmbH – im Veranlagungszeitraum 1999. Die Klägerin klagt als Rechtsnachfolgerin der GmbH, die im Jahr 2003 auf die Klägerin verschmolzen wurde. Sie hat sich inzwischen umfirmiert.

Sowohl die Holding als auch die GmbH gehören zur …. Gruppe. Seit dem 01.01.1999 war die – im Folgenden: C-plc – mit Sitz und Geschäftsleitung in Großbritannien zu 100 v.H. Anteilseigner der inländischen Klägerin. Die Holding wurde 1998 gegründet und ins Handelregister eingetragen. Sie war im Streitjahr mit 96,5 v.H. der Anteile Mehrheitsgesellschafterin der im Jahre 1995 gegründeten T, 3,5 v. H. hielt die zum Konzern gehörende Z Ltd. in England. Daneben bestand eine Beteiligung der Holding mit 25,5 v.H. an der Z AG, Schweiz – im Folgenden: AG –. Die übrigen Anteile an der AG wurden von der Plc gehalten.

Gegenstand des Unternehmens der 1995 gegründeten GmbH ist der Aufbau und Betrieb von Telekommunikationsnetzen und –infrastruktur sowie die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen jeder Art.

Alleiniger Geschäftsführer der Holding für die Zeit von 1998 bis 2002 war Herr H – im Folgenden: H –, der seit Gründung der GmbH daneben auch deren Geschäftsführer war. Auf der Ebene der Konzernspitze der … Gruppe war das sogenannte Senior Management Board – im Folgenden: SMB – angesiedelt, dessen Aufgabe die strategische Führung der gesamten Gruppe war. Es umfasste 1999 …. Personen, die sich neben dem Chief Executive Officer (CEO) sowie Chief Finanzial Officer (CFO) auch aus den für die Leitung der Tochtergesellschaften Verantwortlichen zusammensetzten. Damit war im Streitjahr auch H Mitglied des SMB. Seit Mitte 2001 war H zusätzlich noch Mitglied des Verwaltungsrats der AG, der insgesamt aus … Personen bestand.

In den Vorjahren hatte die GmbH Darlehen bei der Plc aufgenommen, die zum 01.01.1999 die Holding als Darlehensgeber übernahm. Ab diesem Zeitpunkt gewährte die Holding der GmbH Darlehen mit einer Laufzeit von mehr als zwölf Monaten. Zum 31.12.1999 belief sich der Darlehensstand auf insgesamt

… DM. Im Streitjahr fielen dafür Darlehenszinsen in Höhe von … DM an.

Die GmbH gab eine Gewerbesteuererklärung für 1999 ab. Der Gewerbesteuermessbetrag wurde erklärungsgemäß mit nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid vom

. .2001 auf 0 DM festgesetzt.

Für den Prüfungszeitraum 1996 bis 2000 fanden sowohl bei der Holding als auch bei der GmbH Betriebsprüfungen statt. Auf deren in den Betriebsprüfungsberichten vom . .2003 niedergelegten Feststellungen wird hiermit Bezug genommen. Insbesondere wird auf Tz. 26 des Berichts der Holding verwiesen, der die Ablehnung der seit 1999 erklärten gewerbesteuerlichen Organschaft wegen Fehlens der wirtschaftlichen Eingliederung der GmbH in die Holding zum Inhalt hat.

Der Beklagte folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung und änderte mit Bescheid vom . .2003 den ursprünglichen Gewerbesteuermessbescheid dahingehend, dass er u. a. Dauerschuldzinsen i.H.v. DM dem Gewerbeertrag der G...

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